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EDITORIAL
Foto: zVg
Die neuen Impfempfehlungen nicht zu kennen, kann sich niemand von uns leisten
Im November fand in Basel der XII. Schweizer Impfkongress statt – die nun schon traditionelle nationale Plattform für die Diskussion moderner Erkenntnisse auf dem Gebiet der Vakzinologie. Als Ko-Leiter des Kongresses (Nestor: Prof. Dr. Urs B. Schaad, Basel) von Beginn an bin ich sehr glücklich über das anhaltende Interesse daran. In dieser Ausgabe können Sie wesentliche Informationen in 5 Beiträgen, basierend auf Präsentationen am Kongress, nachlesen. In einem mit Spannung erwarteten Übersichtsreferat fasste der 2023 noch amtierende Präsident der EKIF, Prof. Christoph Berger, Zürich, die für 2024 anstehenden Neuerungen im Schweizerischen Impfplan zusammen. Selten gab es so viele relevante Neuerungen wie in den letzten beiden Jahren. Und, egal in welchem Fachgebiet Sie praktizieren, mindestens 1 der neuen Empfehlungen ist auch für Ihren Praxisalltag relevant – und für Ihre Patienten gesundheitserhaltend! Sie nicht zu kennen, kann sich wirklich niemand von uns leisten. Im Workshop «Varizellen- und Herpes-zoster-Impfungen – Umsetzung im Praxisalltag!» von Dres. med. Daniel Desgrandchamps, Zug, und Pierre-Alex Crisinel,
Lausanne, wurde die Umsetzung der beiden neuen
Impfempfehlungen gegen die vom gleichen VZ-Virus
ausgelösten, aber letztendlich sehr unterschiedlichen
Krankheiten diskutiert und detailliert erläutert. Beide
Impfungen können sehr viel Leid in den Zielgruppen
verhindern. Während die Varizellenimpfung bei den
Säuglingen meiner Erfahrung nach nahezu ein Selbst-
läufer ist, muss bei der Impfung gegen Herpes zoster
– Hausärzte aufgepasst! – noch viel Aufklärungsarbeit
geleistet werden. Tragen Sie durch Ihr nach der Lektüre
aktualisiertes Fachwissen bitte dazu bei.
Wo Licht ist, ist oftmals auch Schatten. Im Workshop
zu Impfnebenwirkungen erläuterten Profs. Christoph
T. Berger, Basel, und Yannik Müller, Lausanne, wie Koin-
zidenz und Kausalität zu unterscheiden sind und wel-
che Konsequenzen die richtige Beurteilung für die Be-
troffenen hat. Lesen Sie, worauf es ankommt, und
beherzigen die von den Experten empfohlenen 4
Schritte in der Praxis.
Der Influenzaimpfschutz ist bekanntlich suboptimal.
Bei älteren Personen kann dies nun optimiert werden,
wie PD Dr. Christiane Eberhardt, Genf, berichtete. Für
Personen ≥ 75 Jahre oder ≥ 65 Jahre mit mindestens 1
Risikofaktor kann neuerdings mit einer 4-fach höher
dosierten Influenzavakzine effizienter als mit den kon-
ventionellen Influenzaimpfstoffen geimpft werden,
und die EKIF empfiehlt das. Der Beitrag fasst die Gründe
und die Evidenz dafür prägnant zusammen.
«Wer viel misst, misst viel Mist», so titelte ich vor
einigen Jahren in einer Ausgabe der «Pädiatrie» zum
Thema Impfen. Das gilt auch heute noch. Nichtsdesto-
weniger gibt es rühmliche Ausnahmen, welche in ei-
nem von Profs. Werner C. Albrich, St. Gallen, und
Christoph T. Berger, Basel, geleiteten Symposium dis-
kutiert wurden. Die Tabelle im Beitrag mit den bekann-
ten serologischen Korrelaten für Impfschutz verdient
einen prominenten Platz in Ihrem Praxisalltag!
Ich wünsche Ihnen im Namen aller Mitglieder des wis-
senschaftlichen Komitees des Impfkongresses eine
kurzweilige und gewinnbringende Lektüre.
s
Prof. Dr. med. Ulrich Heininger Infektiologie und Vakzinologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB)
ARS MEDICI 5+6 | 2024
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