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BERICHT
Infliximab subkutan oder intravenös geben?
Subkutane Therapie zeigt höhere Wirkspiegel
Bei einer subkutanen Injektion können sich die Patienten das Medikament selber zu Hause verabreichen: eine Option, die auch für immer mehr Biologika interessant ist. Am ECCO in Kopenhagen wurde in 2 Studien gezeigt, dass die Akzeptanz für eine solche Applikation von Infliximab unter den Patienten sehr hoch ist. Bemerkenswerterweise sind auch die Wirkspiegel deutlich höher als bei intravenöser Gabe.
Bereits 2020 wurde anlässlich einer Indikationserweiterung für den TNF-alpha-Inhibitor Infliximab (IFX; Remsima®) seitens der European Medicines Agency (EMA) empfohlen, neben der intravenösen Therapie auch die subkutane (s.c.) Applikation für mehrere Indikationen (darunter chronisch entzündliche Darmerkrankungen [CED]) zuzulassen. In der Schweiz steht seit Mitte 2022 eine subkutane Formulierung von Infliximab zur Behandlung von Patienten mit aktiver mittelschwerer bis schwerer Colitis ulzerosa oder aktivem mässigen bis schweren Morbus Crohn nach Misserfolg konventioneller Therapien zur Verfügung (Veblocema®). Die subkutane Injektion bietet eine individuelle Therapie, da sich die Patienten das Medikament zu Hause selber verabreichen können.
Hohe Zufriedenheit mit Umstellung auf subkutan
Am ECCO in Kopenhagen wurden nun 2 Studien vorgestellt, in der die Wirksamkeit, die Sicherheit, die Pharmakokinetik und vor allem die Akzeptanz der Patienten untersucht wurde, nachdem ein Wechsel von intravenöser nach subkutaner Applikation erfolgt war. Eingeschlossen in eine Studie aus Spanien wurden Patienten mit Morbus Crohn (63%) oder Colitis ulzerosa (64%), die im Mittel seit 11 Jahren erkrankt waren und sich seit mindestens einem halben Jahr unter IFX i.v. in anhaltender klinischer Remission befanden (1). Bei 75 Prozent der Teilnehmer war IFX die Erstlinientherapie. Nach dem Wechsel auf 120 mg IFX s.c. jede zweite Woche wurden zum Zeitpunkt 0 sowie in den Wochen 16 und 52 unterschiedliche klinische und Laborparameter sowie die Zufriedenheit der Patienten evaluiert. Bei keinem der Patienten war im Jahr nach der Umstellung ein klinischer Rückfall zu verzeichnen. Die medianen IFX-Wirkspiegel lagen unter i.v. Therapie bei 4,3 µg/dl (Woche 0), während sie unter der subkutanen Gabe signifikant anstiegen (Woche 16: 17,05 µg/ dl; p < 0,005; Woche 52: 16,75 µg/dl; p = 0,007). Derzeit wird untersucht, ob ein höherer Wirkspiegel auch mit einer verbesserten Wirksamkeit einhergeht. Die Umstellung war insgesamt gut verträglich. Es wurden eine allergische Reaktion und bei 2 Patienten milde Reaktionen an der Einstichstelle festgestellt. Auch die Therapieadhärenz sei gut, so die Autoren: 16 Wochen nach der Umstellung befanden sich noch 97 Prozent (58/60) auf dieser Therapie, nach 52 Wo-
chen noch 83 Prozent (10/12). Warum jedoch nach einem halben Jahr s.c. Therapie nur 12 von ursprünglich 60 Teilnehmern die Studie beendeten, wurde nicht begründet. Allerdings waren die dann noch teilnehmenden Patienten zufrieden mit dem Wechsel zur s.c. Applikation und wollten nicht zur i.v. Applikation zurückkehren. Die spanischen Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass bei stabilen CED-Patienten eine Umstellung von intravenöser auf subkutane Applikation von IFX sicher, effektiv und gut akzeptiert sei.
Signifikante Vorteile gegenüber Plazebo
In einer randomisierten, plazebokontrollierten Phase-III-Stu-
die wollten Wissenschaftler um den renommierten Gastro-
enterologen Prof. Dr. Jean-Frederic Colombel von der School
of Medicine at Mount Sinai in New York überdies die Über-
legenheit einer subkutanen IFX-Erhaltungstherapie gegen-
über Plazebo nachweisen. Eingeschlossen in die Studie wur-
den 343 Patienten mit moderatem bis schwerem Morbus
Crohn. Nach einer Induktionstherapie mit dem IFX-Biosimi-
lar CT-P13 IV (5 mg/kg zum Zeitpunkt Woche 0, 2 und 6)
wurden ab Woche 10 die Responder auf CT-P13 IV oder
Plazebo umgestellt und im Verhältnis 2:1 randomisiert. Nach
54 Wochen befanden sich signifikant mehr Patienten im s.c.
IFX-Arm in klinischer Remission als in der Plazebogruppe
(62,3 vs. 32,1%, p < 0,0001). Auch die endoskopische Res-
ponse (51,1 vs. 17,9%; p < 0,0001), die endoskopische Re-
mission (34,6 vs. 10,7%; p < 0,0001) und die kortikosteroid-
freie Remission (39,8% vs. 22,7%; p = 0,043) waren deutlich
höher im Verum-Arm. Die Sicherheitsprofile beider Thera-
pien waren vergleichbar. Die Anzahl der Patienten mit min-
destens einer Infektion erwies sich unter IFX s.c. als leicht
erhöht. Bei manchen Teilnehmern traten an der Injektions-
stelle leichte Hautrötungen auf. Gemäss Colombel zeige die
Therapie mit CT-P13 SC für Patienten mit moderatem bis
schwerem Morbus Crohn einen klaren klinischen Nutzen
und zugleich einen hohen Komfort.
s
Klaus Duffner
Quelle: Jahrestagung der European Crohn̕s and Colitis Organisation (ECCO), 1. bis 4. März 2023 in Kopenhagen.
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Referenzen 1. Caballol Oliva B et al.: Switch from intravenous to subcutaneous inflixi-
mab in patients with Inflammatory Bowel Disease: efficacy, safety and patients’ acceptance. ECCO 2023; P488. 2. Colombel JF et al.: Subcutaneous infliximab (CT-P13 SC) as maintenance therapy for Crohn’s disease: A phase 3, randomised, placebo-controlled study (LIBERTY-CD). ECCO 2023; DOP86.
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