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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Sozioökonomischer Status
Können Bildung und Beruf die Herz-Kreislauf-Gesundheit und die Sterblichkeit beeinflussen?
Die Ursachen für kardiovaskuläre Erkrankungen sind vielfältig und komplex. Internationale Studien deuten darauf hin, dass unter anderem der sozioökonomische Status (SES) einen Einfluss auf die kardiovaskuläre Gesundheit haben könnte. Allerdings wurden ältere Studien dazu meist in Ländern durchgeführt, in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung vom Einkommen und Beruf abhängt, wie beispielsweise in den USA. Die neue Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) hingegen basiert auf Daten von Teilnehmern aus Deutschland. Hier ist eine flächendeckende Gesundheitsversorgung gegeben, sodass es diesbezüglich keine soziale Benachteiligung geben sollte. Im Rahmen der GHS haben Forscher den Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit über einen Zeitraum von zehn Jahren untersucht. An der Studie nahmen rund 15 000 Frauen und Männer im Alter
von 35 bis 74 Jahren aus dem RheinMain-Gebiet teil. Der SES der Teilnehmer wurde mithilfe eines Fragebogens im Rahmen eines computergestützten Interviews ermittelt. Bei der Erstuntersuchung lag bei rund 4000 Personen eine Herz-KreislaufErkrankung vor. Bei niedrigem SES war die Wahrscheinlichkeit, an einer bereits bestehenden kardiovaskulären Erkrankung zu leiden, rund 19 Prozent höher als bei Teilnehmern mit einem hohen SES. «Bei der Folgeuntersuchung nach 10 Jahren beobachteten wir, dass Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status ein um 68 Prozent höheresRisikohatten,einekardiovaskuläre Erkrankung neu zu entwickeln als Personen mit hohem SES. Und die Sterblichkeit war in der Gruppe mit niedrigem SES um 86 Prozent höher als bei Studienteilnehmern mit einem hohen SES. Wir konnten interessanterweise
feststellen, dass vor allem die Bildung und der Beschäftigungsumfang entscheidend waren und weniger das Einkommen», erläutert Dr. Omar Hahad, Erstautor der Publikation. Der Einfluss des SES auf die kardiovaskuläre Gesundheit zeigte sich auch unabhängig von lebensstilassoziierten Risikofaktoren wie Alkoholkonsum oder Rauchen und von körperlicher Aktivität.
«Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass dem sozioökonomischen Status mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss – sowohl bei der Betreuung einzelner Patienten als auch in klinischen Studien», so Prof. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. Universität Mainz/PS s
Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mainz vom 02.10.2023
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ARS MEDICI 21 | 2023