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FORTBILDUNG
Häufige intraartikuläre und periartikuläre Infiltrationen in der Praxis
Indikationen, Kontraindikationen und Punktionstechniken für die Anwendung an Schulter, Knie und Hand
Gezielte Infiltrationen in Gelenke, periartikuläre Strukturen, Sehnenscheiden oder Schleimbeutel gehören zu den wesentlichen lokalen Behandlungen bei entzündlich rheumatischen oder entzündlich aktivierten degenerativen Krankheiten des Bewegungsapparates. Der Schwerpunkt dieser Übersicht liegt in der klinisch orientierten Injektionstechnik.
Andreas W. Krebs
Insbesondere bei mono- beziehungsweise oligoartikulärer Entzündung, bei vielen periartikulären Entzündungen oder auch gewissen posttraumatischen Reizzuständen ermöglicht die lokale Infiltration eine rasche, sehr gezielte und meist nebenwirkungsarme Entzündungshemmung, die durch die Verwendung von kristallinen Steroidpräparaten oft lang anhält. Gelegentlich kann eine gezielte Infiltration (bzw. die anschliessende Wirkung) auch diagnostisch hilfreich sein. Wenn ein Erguss vorliegt, ist es sinnvoll, vor der Infiltration des Medikaments eine diagnostische und/oder therapeutische Punktion vorzunehmen. Bei degenerativen Sehnenproblemen, entweder überlastungsbedingt oder posttraumatisch, sowie bei Arthrosen ohne entzündliche Aktivierung sollen die Steroidpräparate dagegen zurückhaltend injiziert und gegebenenfalls alternativ Hyaluronsäurepräparate oder sogenannte Eigenblutpräparate, also thrombozyten- beziehungsweise plättchenreiches Plasma (PRP), erwogen werden (allerdings ohne Kostenübernahme durch die Grundversicherung).
MERKSÄTZE
� Bei mono-, oligo- oder periartikulären Entzündungen sowie bei gewissen posttraumatischen Reizzuständen ermöglicht die lokale Infiltration mit kristallinen Steroidpräparaten eine rasche, sehr gezielte und meist nebenwirkungsarme Entzündungshemmung.
� Bei überlastungsbedingten oder posttraumatischen degenerativen Sehnenproblemen sowie bei Arthrosen ohne entzündliche Aktivierung werden Steroidpräparate zurückhaltend injiziert und ggf. alternativ Hyaluronsäurepräparate oder sogenannte Eigenblutpräparate eingesetzt.
� Eine lokale Steroidtherapie soll nur bei klarer Indikation (Entzündung bzw. Reizzustand) vorgenommen werden. Die Dosierung hängt von der Grösse des Gelenks ab.
� Gefürchtete Nebenwirkung ist die Infektion.
Unerlässliche Voraussetzungen für eine korrekte Infiltrationstechnik ohne Nebenwirkungen sind eine klare Diagnose (insbesondere auch ein Infektausschluss), die adäquate Information (und das Einverständnis) des Patienten, korrekte anatomische Kenntnisse, die richtige Medikamentendosierung und vor allem genügende Fertigkeiten in der Durchführung solcher Infiltrationen. Für Infiltrationen in anatomisch schwierigeren Regionen oder in tief liegende Gelenke (oder auch zur diagnostischen Punktion nur kleiner Ergussmengen) ist heute oft die Orientierung durch Ultraschall hilfreich – sei es zur vorgängigen exakten Lokalisation der Punktionsstelle oder auch zur Durchführung der Infiltration unter direkter Ultraschallsicht.
Punktionstechnik
Eine Punktion oder Infiltration sollte schmerzarm beziehungsweise im besten Fall praktisch schmerzlos erfolgen. Der Patient soll in einem sauberen Raum ohne Zugluft angenehm und entspannt positioniert sein. Die Punktionsstelle wird nach Palpation der ossären Landmarken durch sanften Druck mit einem Kugelschreiber markiert. Die Punktionsstelle sollte dabei nicht im Bereich einer Hautläsion/Effloreszenz oder eines Gefässes liegen. Eine Rasur einer behaarten Stelle ist nicht nötig. Daraufhin wird die Punktionsstelle entsprechend den Anweisungen (Einwirkzeit beachten!) des benutzten Produkts desinfiziert. Eine vorgängige Infiltrationsanästhesie mit einem Lokalanästhetikum ist nicht nötig (ausser bei speziellen Interventionen wie KalkNeedling). Das Tragen eines Mundschutzes wird empfohlen, hingegen ist die Verwendung von sterilen Handschuhen nicht notwendig, sofern eine No-touch-Technik eingehalten wird (vgl. entsprechende Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie: www.rheuma-schweiz.ch). Je nachdem kann es aber zum Schutz des Punktierenden sinnvoll sein, (nicht sterile) Handschuhe zu tragen. Bei der Punktion eines Gelenks nach klinischer Orientierung erfolgt der Einstich meist senkrecht zur Hautoberfläche («kürzester Weg ins Ziel»); bei paratendinösen Infiltrationen (oder direkt ultraschallkontrollierten Infiltrationen) wird ein flacherer Ein-
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stichwinkel gewählt. Idealerweise wird bei jeder intraartikulären Punktion Synovialflüssigkeit (falls vorhanden) aspiriert, bevor eine Injektion vorgenommen wird. Dies beweist die sichere intraartikuläre Lage der Nadel, ermöglicht eine Punktatanalyse und führt bei grosser Ergussmenge auch zu einer therapeutischen Entlastung. Die Injektion eines Medikaments sollte widerstandslos und schmerzfrei erfolgen, allenfalls beschreibt der Patient einen kurz dauernden Druck oder ein Brennen. Nach der Punktion folgt eine kurze Kompression der Injektionsstelle mit einem Tupfer, bevor üblicherweise ein kleines Heftpflaster aufgeklebt wird. Die geeignete Injektionsnadel (immer Einwegmaterial benutzen!), das Injektionsvolumen und die Steroiddosis richten sich nach der Grösse und der Lage des Gelenks. Grundsätzlich werden für Infiltrationen möglichst dünne Injektionsnadeln verwendet (vor allem im Hinblick auf eine möglichst schmerzarme Injektion); je dünner (und länger) die Nadel, desto schwieriger ist aber die Aspiration von Gelenkerguss.
Medikamente
Die Steroiddosierung hängt von der Grösse des Gelenks ab. Bei intraartikulärer oder intrabursaler Infiltration wird in aller Regel ein kristallines Depotsteroid (Triamcinolonacetonid [Kenacort®/Triamcort®] oder Triamcinolonhexacetonid [Triamject®]) gewählt; bei peritendinösen Infiltrationen oder bei der Infiltration sehr oberflächlicher Strukturen werden je nachdem nur wasserlösliche oder gemischte Steroide (Betamethason [Diprophos®]) verwendet. Oft wird die Steroiddosis durch ein kurz wirksames Lokalanästhetikum (Lidocain o. Ä.) ergänzt; e inerseits ergibt sich dadurch nicht selten eine sofortige analgetische Wirkung (bis zum Wirkeintritt der Steroide dauert es in der Regel länger, nämlich 24–48 h), andererseits kann so das Injektionsvolumen vergrössert werden, was insbesondere bei grösseren Gelenken (oder z. B. an der Bursa subdeltoidea) sinnvoll ist. Allerdings gibt es zumindest in vitro Hinweise darauf, dass Lokalanästhetika chondrotoxisch sind, sodass bei der Infiltration in Arthrosegelenke eine gewisse Zurückhaltung angebracht ist. Dies gilt im Übrigen auch für repetitive Steroidinfiltrationen. Falls ein grösseres Injektionsvolumen erwünscht ist, kann dem Steroidpräparat einfach auch physiologische Kochsalzlösung beigemischt werden. Grundsätzlich soll eine lokale Steroidtherapie nur bei klarer Indikation (Entzündung bzw. Reizzustand) vorgenommen werden. Bei ungenügendem Erfolg kann allenfalls nach 1 bis 2 Wochen eine zweite Infiltration erfolgen. Die Anzahl Injektionen pro Region sollte pro Jahr in der Regel auf maximal 3 bis 4 beschränkt bleiben. Die gleichzeitige Infiltration von Steroidpräparaten und Hyaluronsäure oder PRP ist wenig sinnvoll.
Komplikationen und Nebenwirkungen
Die gefürchtete Nebenwirkung bleibt eine Infektion. Das Risiko dafür wird – bei Einhalten einer korrekten Technik – je nach Literatur auf etwa 1:40 000 geschätzt. Weitere, sehr seltene Nebenwirkungen sind vagovasale Reaktionen, allergische (im Extremfall anaphylaktische) Reaktionen (in aller Regel gegen Lokalanästhetika), Blutung/Hämatom oder Nervenverletzung. Starke Schmerzen sind in aller Regel Folge einer ungenügenden Injektionstechnik; einzig bei der intra-
Abbildungen 1 und 2: Infiltration in den Subakromialraum der Schulter
artikulären Infiltration in kleine Gelenke (z. B. Finger) kann es durch den Volumeneffekt kurzzeitig zu einer Schmerzverstärkung kommen. Durch die kristallinen Depotsteroidpräparate kann sich bei sehr oberflächlicher Injektion eine lokale Depigmentierung oder Atrophie des subkutanen Gewebes ausbilden. Bei wiederholten Infiltrationen können selten Verkalkungen entstehen. Weiter zu beachten ist die Gefahr von Sehnenrupturen, insbesondere bei (versehentlich) intratendinöser Infiltration oder bei bereits degenerativ veränderten Sehnen. Dies betrifft insbesondere die gewichtstragenden Sehnen am Fuss, zum Beispiel die Achillessehne. Etwas häufiger können (dosisabhängig) systemische Steroidnebenwirkungen auftreten: s gelegentlich Gesichtsrötung/Flush in den ersten 1 bis
2 Tagen s passagere Blutzuckererhöhung bei Diabetikern s vorübergehend leichte Blutdrucksteigerung oder Herz-
klopfen s selten Wasserretention s selten gynäkologische Zwischenblutung. Systemische Nebenwirkungen wie bei einer Langzeitsteroidtherapie (also z. B. Cushing-Syndrom, Gewichtszunahme, Osteoporose, Katarakt usw.) sind nur bei vielfachen beziehungsweise zu häufigen Steroidinfiltrationen zu erwarten.
Kontraindikationen
Kontraindikationen für die Durchführung von Infiltrationen sind: s ungenügendes Beherrschen der Technik s septische Arthritis, Bursitis oder Tendovaginitis s Allgemeininfekt
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Abbildungen 3 und 4: Intraartikuläre Infiltration ins Schultergelenk von dorsal
Abbildungen 5 und 6: Infiltration ins Akromioklavikulargelenk des Schultergelenks
s Antikoagulation (relativ, Nutzen-Risiko-Abschätzung) s schlecht eingestellter Diabetes mellitus s Kunstgelenk oder bevorstehender Gelenkeingriff s bekannte Allergie auf die zu injizierenden Medikamente.
Schulter
Subakromialraum (Abbildungen 1 und 2) Indikation: Die Mehrheit der Schulterschmerzen (typischerweise abduktionsverstärkte ventrolaterale Oberarmschmerzen) sind periartikulär bedingt, zurückzuführen auf einen Reizzustand der Bursa subdeltoidea (z. B. bei degenerativ veränderten Sehnen der Rotatorenmanschette oder Verkalkungen, sog. Impingement-Syndrom). Infiltrationstechnik: Die subakromiale Infiltration erfolgt am einfachsten von laterodorsal am sitzenden Patienten. Identifizierung und Palpation des Subakromialraums (soft spot) kaudal des lateralen Endes des Akromions beim sitzenden Patienten. Markierung der Injektionsstelle zwischen Akromionunterrand und Humeruskopf zirka 1 cm kaudal des inferioren Randes des Akromions von laterodorsal bei hängendem Arm. Desinfektion, Injektion unters Akromion nach kranial Richtung Akromioklavikular-(AC-)Gelenk, etwa 3 cm tief ohne Widerstand und schmerzarm in den subakromialen Raum. Steroiddosis: 40 mg Triamcinolonacetonid beziehungsweise 20 mg Triamcinolonhexacetonid plus Lidocain (Volumen 5 ml, schwarze Nadel).
Schultergelenk intraartikulär (Abbildungen 3 und 4) Indikation: Im Fall einer artikulären (Omarthritis oder aktivierte Omarthrose) oder kapsulären (adhäsive Kapsulitis, sog. frozen shoulder) Pathologie muss ins Schultergelenk infiltriert
werden, wiederum am einfachsten am sitzenden P atienten von dorsal. Infiltrationstechnik: Der Arm des sitzenden Patienten ist in Neutralstellung oder in leichter Aussenrotation. Identifizierung und Palpation des Gelenkspalts von dorsal zirka 2 bis 3 cm kaudal und 2 bis 3 cm medial vom lateralen Ende des Akromions. Markierung der Injektionsstelle, Desinfektion, Injektion intraartikulär zirka 3 bis 4 cm tief zwischen Glenoid und Humeruskopf. Die Nadelspitze geht horizontal in Richtung Processus coracoideus. Steroiddosis: 40 mg Triamcinolonacetonid beziehungsweise 20 mg Triamcinolonhexacetonid plus Lidocain (Volumen 5 ml, schwarze Nadel).
Akromioklavikulargelenk (Abbildungen 5 und 6) Indikation: degenerativer, entzündlicher oder posttraumatischer Reizzustand, klinisch lokale Druckdolenz und Kompressionsschmerz. Infiltrationstechnik: Der Patient sitzt. Identifizierung und Palpation des Gelenkspalts. Dieser lässt sich am besten palpieren, wenn der Klavikula entlang von medial nach lateral getastet wird. Markierung der Injektionsstelle (ca. 1–2 cm medial der lateralen Akromionkante), Desinfektion, Injektion zirka 1 cm leicht medialwärts tief senkrecht durch das Lig. acromioclaviculare intraartikulär zwischen Klavikula und Akromion. Steroiddosis: 20 mg Triamcinolonacetonid oder 10 mg Triamcinolonhexacetonid und wenig Lidocain (Volumen 1 ml, violette oder graue Nadel).
Knie
Kniegelenkpunktion und/oder Infiltration (intraartikulär) Indikation: Eine Gonarthritis ist die häufigste Monarthritis
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Abbildungen 7 und 8: Infiltration unter die Patella in das Kniegelenk
Abbildungen 11 und 12: Lokale Steroidinfiltration periartikulär am Beispiel des Pes anserinus medial unterhalb der Kniegelenkspalte
Abbildungen 9 und 10: Instillation in die Bursa
(z. B. reaktive Arthritis, Kristallarthritis, Lyme-Arthritis usw.) (Abbildungen 7 und 8). Eine klare D iagnose erfordert in aller Regel eine Analyse des Gelenkpunktats; damit ist die (diagnostische) Kniegelenkpunktion die häufigste intraartikuläre Punktion in der Praxis. Gleichzeitig ist bei jeder nicht
infektiösen Gonarthritis sowie bei einer aktivierten Gonarthrose (oder einer degenerativen Meniskusläsion beim älteren Patienten) therapeutisch eine intraartikuläre Steroidinfiltration sinnvoll. Die Kniegelenkpunktion ist technisch einfach und bei korrekter Durchführung schmerzarm. Punktionsort: Da sich der Gelenkerguss primär im Recessus suprapatellaris ansammelt (und nicht im Gelenkspalt zwischen Femur und Tibia), erfolgt die Ergusspunktion am einfachsten von lateral in den suprapatellären Recessus. Auch für die intraartikuläre Infiltration empfiehlt sich primär dieser technisch einfachste und für den Patienten schmerzärmste Zugang. A lternativ kann der Gelenkraum bei 90 Grad gebeugtem Knie auch von anterior her medial oder lateral des Ligamentum patellae erreicht werden. Infiltrationstechnik: Patient in Rückenlage mit gestrecktem oder leicht gebeugtem Kniegelenk. Identifikation und Palpation des Patellaoberpols von lateral, Markierung der Infiltrationsstelle zirka 1 cm unterhalb des Patellaoberpols, korrekte Desinfektion, Punktion oder Infiltration in den Recessus suprapatellaris (schwarze Nadel, 22 G). Die Nadel zielt nach medial/kranial zirka 2 cm tief. Vor jeder Infiltration soll möglichst aller Erguss abpunktiert werden, dazu kann allenfalls mit der anderen Hand der mediale Recessus gleichzeitig komprimiert werden. Die Infiltration sollte widerstandslos und ohne Schmerzen erfolgen. Im Falle einer Steroidinfiltration werden 40 mg Triamcinolonacetonid oder 20 mg Triamcinolonhexacetonid infiltriert (gemischt mit Lidocain oder NaCl, totales Volumen 5 ml).
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Abbildungen 13 und 14: Infiltration am Handgelenk
Abbildungen 15 und 16: Infiltration am Daumensattelgelenk
Bursapunktion (Bursa suprapatellaris) Indikation: diagnostische Punktion bei entzündlicher Bursitis (Kristalle? Infekt?). Steroidinfiltration bei nicht infektiöser Bursitis (20 mg Triamcinolonacetonid oder 10 mg Triamcinolonhexacetonid) (Abbildungen 9 und 10). Infiltrationstechnik: Identifikation und Palpation zum Beispiel der Bursa praepatellaris, der Bursa infrapatellaris superficialis (anterior der Insertion der Patellarsehne an der Tibia), der Bursa infrapatellaris profunda oder der Semimembranosus-Gastrognemius-Bursa («Baker-Zyste»). Markierung der Infiltrationsstelle, Desinfektion, Infiltration in die Bursa. Für die sichere Punktion der Semimembranosus-Gastrognemius-Bursa («Baker-Zyste») popliteal ist die Lokalisation der Punktionstelle (stets medial des Gefäss-Nerven-Bündels!) mit Ultraschall zu empfehlen. Der Patient liegt dazu in Bauchlage. Im Hinblick auf eine Infiltration ist zu bedenken, dass eine solche Zyste in aller Regel Folge einer Pathologie im Kniegelenk ist; sie kann zwar, wenn sie gross ist, zur Symptomlinderung punktiert werden, eine eventuelle Steroidinfiltration sollte jedoch in aller Regel besser ins Kniegelenk erfolgen.
Periartikuläre Infiltrationen Indikation: Gelegentlich entspringen Knieschmerzen nicht direkt dem Gelenk, sondern sind periartikulär bedingt (z. B. Ansätze der Kollateralbänder, Pes anserinus) (Abbildungen 11 und 12). Infiltrationstechnik: In diesem Fall ist eine Steroidinfiltration loco dolenti (kleine Steroiddosis: 10 mg Triamcinolonacetonid oder 5 mg Triamcinolonhexacetonid mit etwas Lidocain) sinnvoll.
Hand
s Nach der Infiltration kleinerer Gelenke kann es aufgrund des Volumeneffekts gelegentlich zu einer kurzzeitigen Schmerzzunahme kommen. Der Wirkungseintritt der Steroide ist erst nach 1 bis 2 Tagen zu erwarten.
s Infiltrationen in die Fingergelenke erfordern eine etwas grössere Erfahrung!
Handgelenk Indikationen: aktivierte Arthrose, nicht infektiöse Arthritis, Handgelenkganglion. Infiltrationstechnik: Am einfachsten ist die Infiltration radiokarpal, die wegen der Gefässe und Nerven stets von dorsal erfolgt, wobei der Patient bequem sitzend oder allenfalls liegend positioniert und die Hand auf einem Kissen gelagert sein sollte. Identifizierung und Palpation des Radiokarpalgelenks (dreieckige Delle zwischen Os lunatum, Os scaphoideum und distalem Ende des Radius), Markierung der Infiltrationsstelle ulnar des 2. Strecksehnenfachs, Desinfektion, Infiltration senkrecht und leicht nach proximal abgewinkelt intraartikulär zwischen Radius und Karpus bei leicht flektiertem Handgelenk. Die Infiltration (orange Nadel, 25 G) sollte widerstandslos und ohne Schmerzen erfolgen (Abbildungen 13 und 14). Im Falle einer Steroidinfiltration werden 20 mg Triamcinolonacetonid oder 10 mg Triamcinolonhexacetonid infiltriert (gemischt mit Lidocain oder NaCl, totales Volumen ca. 1 ml).
Daumensattelgelenk Indikation: Rhizarthrose. Infiltrationstechnik: Identifizierung und Palpation des Gelenkspalts dorsolateral, neben der Sehne des M. abductor
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Abbildungen 17 und 18: Infiltration bei Tenovaginitis stenosans
Abbildungen 19 und 20: Infiltration des Fingergrundgelenks
pollicis beziehungsweise in der Tabatière. Markierung der Infiltrationsstelle, Desinfektion, Infiltration in einem Winkel von etwa 60 Grad (graue Nadel, 27 G) intraartikulär zwischen Basis Metacarpale-I-Knochen und Os trapezium unter gleichzeitig leichtem Zug am Daumen mit 20 mg Triamcinolonacetonid oder 10 mg Triamcinolonhexacetonid (gemischt mit L idocain oder NaCl, totales Volumen max. 1 ml) (Abbildungen 15 und 16).
Beugesehnen Indikation: Tenovaginitis stenosans («Triggerfinger», «Schnappfinger»), das heisst Engpassproblematik der Beugesehne im Bereich des A1-Ringbands. Infiltrationstechnik: Identifizierung und Palpation der Tenosynovitis beziehungsweise des verdickten Ringbands im entsprechenden Beugesehnenfach, Markierung der Infiltrationsstelle, Desinfektion, Infiltration tangential (ca. 45°) und parallel zur Sehne ohne Widerstand peritendinös (orange Nadel, 25 G; 1,5– 1,75 mg Betamethason oder 10 mg Triamcinolonacetonid und wenig Lidocain [insgesamt 0,5–0,8 ml]) (Abbildungen 17 und 18). Fingergrundgelenke (Metakarpophalangeal-[MCP-]Gelenke) Indikation: Arthritis oder aktivierte Arthrose (immer sekundäre Arthrose! – z. B. CPPD-Kristall-Arthropathie [CPPD = calcium pyrophosphate dihydrate]). Infiltrationstechnik: Identifizierung und Palpation des Gelenkspalts unter Flexion und Extension des Gelenks. Markierung der Infiltrationsstelle, Desinfektion, Infiltration dorsolateral oder dorsomedial zirka 0,5 cm tief intraartikulär zwischen Metakarpaleköpfchen und Basis der proximalen Phalanx (graue Nadel, 27 G; 20 mg Triamcinolonacetonid
Abbildungen 21 und 22: Infiltration des Fingermittelgelenks
bzw. 10 mg Triamcinolonhexacetonid und wenig Lidocain, Volumen insgesamt 0,8 ml) (Abbildungen 19 und 20).
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Fingermittelgelenke (proximale Interphalangeal[PIP-]Gelenke) Indikation: aktivierte Arthrose, Arthritis. Infiltrationstechnik: Identifizierung und dynamische Palpation des Gelenkspalts in leichter Flexion und unter Zug. Markierung der Infiltrationsstelle, Desinfektion, Infiltration von proximal zirka 0,5 cm tief intraartikulär zwischen Köpfchen der proximalen und Basis der mittleren Phalanx. Injektion von dorsolateral oder dorsomedial, um nicht in das
neurovaskuläre Bündel und nicht durch die Extensorensehnen oder durch die Kollateralligamente zu infiltrieren (graue Nadel, 27 G; 10 mg Triamcinolonacetonid bzw. 5 mg Triamcinolonhexacetonid, Volumen max. 0,3 ml) (Abbildungen 21 und 22).
Dr. med. Andreas W. Krebs Facharzt FMH für Rheumatologie und Innere Medizin 8302 Kloten
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