Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
«Du wirst aufhören, dir so viele Gedanken darüber zu machen, was andere Menschen von dir denken, wenn du merkst, wie selten sie das tun.» (David Foster Wallace)
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2007 wurden in Deutschland 410, im Jahr 2021 bereits 2598 «geschlechtsangleichende Operationen» durchgeführt. Bei den 15- bis 25-Jährigen stieg die Zahl von 54 auf 917 (d.h. um das 17-Fache!). Man kann nur hoffen, dass die Chirurgen und Kliniken gut versichert sind, wenn die Transmänner und -frauen in ein paar Jahren ihren Entscheid bedauern und auf Schadenersatz klagen wegen infolge «mangelnder Aufklärung» weggeschnipselter Brustdrüsen und Penisse.
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Pech hat einen Namen: Dylan McWilliams. (Optimisten sagen: er hatte Glück, nicht Pech!) Der Amerikaner wurde 20-jährig beim Surfen auf Hawaii von einem Tigerhai attackiert. Er kam mit einer Naht im Oberschenkel davon. Ein Jahr später wurde Dylan beim Campen von einem Braunbären angegriffen. Die Folge: Neun Klammern am Kopf. Noch ein Jahr später wurde Dylan beim Wandern von einer Klapperschlange gebissen. Er erholte sich nach zwei Tagen. Die kombinierte Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens von einem Hai, einem Braunbären UND einer Klapperschlange verletzt wird, liegt bei 1 zu 894 Billionen. Das heisst, es passiert auf unserer Welt theoretisch nur alle 100 Millionen Jahre einmal. Das ist etwa so wahrscheinlich wie im Lauf eines Lebens 4-mal einen Sechser im Lotto zu haben (obschon es das tatsächlich schon gegeben hat!). Solche Rechnungen sind allerdings tückisch. Wer nie ins Meer geht, für den ist die Wahrscheinlichkeit, von einem Hai gebissen zu werden,
gleich null. Wer sich hingegen dauernd in der Nähe gefährlicher Tiere herumtreibt, für den ist die Wahrscheinlichkeit eben nicht kleiner als die eines Fünfers im Lotto.
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Ein guter Freund: Er sei Agnostiker und schmunzle oft über Esoteriker, genauso wie über all die Kirch-, Moschee- und Tempelgänger, die an Weissbärte, Propheten und Wiedergeborene glauben, an Himmel, Purgatorium und Hölle, an ewiges Leben und letzte Gerichte. Er halte es mit Hamlet («Es gibt mehr Ding‘ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt»), aber er sehe auch, dass wir keine Ahnung haben von alledem, das sich da nicht träumen lässt. Doch vor einem Jahr sei sein Hund gestorben. Jetzt hoffe er und sei überzeugt, dass er «Hamlet» (so hiess der Mischling aus Spanien, mit dem er über vierzehn Jahre zusammengelebt hatte) jenseits des (ja, ja, er sollte sich schämen wegen dieserVorstellung, tue es aber nicht) Regenbogens wieder treffen werde. Und er freue sich «tierisch» darauf – etwa so, wie Gläubige sich aufs Jenseits freuen. Und wenn jemand sich über ihn lustig mache – sei’s drum, auch Agnostiker hätten das Recht, Gutes, Schönes, ja, völlig Absurdes zu glauben.
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Sätze, die man nicht vergisst: «Gambia hat sich zu einem Sexparadies für britische Grossmütter entwickelt.»
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Onkel Hugo liest viel und macht sich Gedanken: Warum liest man so viele Bücher, wenn man doch schon nach zwei Jahren vergessen hat, was drin gestanden hat?
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Zugegeben, die Meldung ist nicht mehr ganz neu: Nun ist also auch Toto Cutugno nicht mehr. Er sang für die Italiener in aller Welt. Auch jene, die inzwischen andere Pässe haben. Zum Beispiel rote. «Lasciatemi cantare, una canzone piano piano … sono l’italiano, l’italiano vero.» Vom Italien der Spaghetti al dente, des caffé ristretto, der sonntäglichen Seifenoper, des Fiat Seicento sang er in seinem bekanntesten Lied. Mit «Insieme» gewann der Sizilianer 1990 den Eurovision Song Contest. Fast 20 Jahre kämpfte er gegen den Krebs. «L’italiano» wird überleben.
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Zynischer Social-media-Kommentar angesichts des fatalen Selbstunfalls eines sozial gepimpten Mittzwanzigers mit seinem 600-PS-Boliden: «Mit dicken Muckis und Tattoo, geniesst er nun die ew’ge Ruh.»
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Fast täglich stehen Jugendliche vor zwei schwer lösbaren Problemen: Erstens: Hoch- oder Querformat? Und zweitens:Wo posten? Insta,Tiktok oder Snapchat?
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Und das meint Walti: Ob es Schwarmintelligenz gibt, kann ich nicht sagen. Bei Schwarmdummheit bin ich mir sicher.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 20 | 2023