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BERICHT
Allrounder für die Herzinsuffizienz
SGLT2-Hemmer für jede Herzinsuffizienzform
Kardiologie ist invasive Physiologie. Man muss die Mechanismen verstehen lernen, die eine Herzinsuffizienz beeinflussen. Nur so kann eines Tages die Wirkungsweise der SGLT2-Hemmer verstanden werden, sagte Prof. Frank Ruschitzka, Direktor Klinik für Kardiologie, Universitätsspital Zürich, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SSC) in Basel. Mittlerweile ist erwiesen, dass sie nicht nur bei einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion, sondern auch bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion und somit dem ganzen Spektrum der Herzinsuffizienz einen Nutzen bringen können.
Diabetes hat einen grossen Einfluss auf die Entstehung der Herzinsuffizienz. Er begünstige die linksventrikuläre Hypertrophie, störe die Mikrozirkulation und führe zu kardiovaskulären Erkrankungen, Infarkt und letztlich zu Herzinsuffizienz, und zwar zu allen Formen: mit erhaltener, mit mittelgradiger und mit reduzierter Auswurffraktion (HFpEF, HFmrEF, HFrEF), wie Ruschitzka am SSC-Kongress ausführte. Die Behandlung der Herzinsuffizienz wurde in den letzten Jahren revolutioniert, als ersichtlich wurde, dass die ursprünglich als Antidiabetika zugelassenen SGLT2-Hemmer nebenbei auch die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate und die kardiovaskuläre Mortalität bei Patienten mit HFrEF (EF < 4 0%) senkten (EMPEROR-Reduced- und DAPA-HF-Studien), ungeachtet davon, ob bei den Patienten ein Typ-2-Diabetes vorlag (1, 2). Der Wirkmechanismus hierfür ist nicht ganz klar. Der Effekt scheint durch ein Zusammenspiel von Wirkungen auf verschiedene Systeme zustandezukommen: Reduktion von Hyperfiltration in der Niere, Verringerung von Harnsäurespiegel und Albuminurie, leichte Senkung des Blutdrucks (bis 3 mmHg) (6), Senkung der Insulinsekretion im Pankreas, Senkung des Blutzuckers durch Glukosurie, Gewichtsverlust und Erhöhung der Insulinsensitivität. Diese Effekte scheinen auch für die HFpEF von Vorteil zu sein, eine Herzerkrankung, bei der sich neben Diruetika alle Medikamente als nahezu wirkungslos zeigten. Weder Sartane, Spironolacton, ACE-Hemmer oder AngiotensinRezeptor-Neprilysin-Hemmer (ARNI) konnten die Erkrankung gross beeinflussen. Studien mit Empagliflozin und Dapagliflozin bei HFpEF (EMPEROR-Preserved [3] und DELIVER [4]) jedoch brachten auch in dieser Indikation endlich eine neue Perspektive: Sie reduzierten bei HFpEF die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate und die kardiovaskuläre Mortalität signifikant. Diese Studien wurden ebenfalls bei Patienten mit und ohne Diabetes durchgeführt; auch bei ihnen nützte die Medikation in gleichem Mass (3, 4). In die DELIVER-Studie waren neben den Patienten mit HFpEF (EF > 50%) auch Patienten mit HFmrEF (EF > 41– 49%) eingeschlossen, die von der Behandlung in gleichem Mass profitieren konnten (4). Sogar bei einer EF > 60 Prozent
konnte noch ein Nutzen belegt werden (4). Damit würden die SGLT2-Hemmer Empagliflozin und Dapagliflozin gemäss einer Metaanalyse über das ganze Spektrum der Herzinsuffizienzformen wirken (5), sodass in dieser Hinsicht eine Unterscheidung eigentlich entfallen könne, so Ruschitzka.
Therapie der Herzinsuffizienz
Die amerikanischen Guidelines zur Behandlung einer Herz-
insuffizienz (2022 AHA/ACC/HFSA Guideline for the Ma-
nagement of Heart Failure [7]) wurden hinsichtlich der neuen
Daten der SGLT2-Hemmer-Studie aufdatiert. Demgemäss
soll die Therapie einer HFrEF 4 Substanzklassen umfassen:
SGLT2-Hemmer, Betablocker, Mineralokortikoidrezeptor-
antagonisten (MRA) ARNI beziehungsweise ACE-Hemmer/
Sartane.
Bei einer HFmrEF soll ebenfalls ein SGLT2-Hemmer zum
Einsatz kommen (Empfehlungsgrad 2a); für Betablocker,
MRA, ARNI beziehungsweise ACE-Hemmer/Sartane be-
steht ein schwächerer Empfehlungsgrad (2b).
Bei einer HFpEF werden zu den Diuretika bei Bedarf neu
SGLT2-Hemmer (2a), MRA (2b) und ARNI (2b) empfohlen.
Zuvor bestehende Empfehlungen wie die Behandlung der
Hypertonie (Empfehlungsgrad 1), eines Vorhofflimmerns
(2a), Sartane (2b) und die Vermeidung von routinemässigem
Einatz von Nitraten und PDE-5-Hemmern bleiben bestehen.
Bewirkt die Therapie bei Patienten mit HFrEF eine Verbesse-
rung der linksventrikulären Auswurffraktion auf > 40 Pro-
zent, empfehlen die Guidelines, die ursprüngliche HFrEF-
Therapie dennoch beizubehalten (7). Die europäischen
Guidelines empfehlen zur Behandlung einer HFpEF zurzeit
noch ausschliesslich Diuretika, die Guidelines würden aber
vermutlich zum diesjährigen ESC-Jahreskongress ebenfalls
upgedatet, so Ruschitzka.
s
Valérie Herzog
Quelle: «SGLT-inhibition across the spectrum of ejection fraction». Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, 21. bis 23. Juni 2023 in Basel.
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Referenzen: 1. Packer M et al.: Cardiovascular and Renal Outcomes with Empagliflozin
in Heart Failure. N Engl J Med. 2020;383(15):1413-1424. 2. McMurray JJV et al.: Dapagliflozin in patients with heart failure and redu-
ced ejection fraction. N Engl J Med. 2019;381(21):1995-2008. 3. Anker SD et al.: Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection
fraction. N Engl J Med. 2021;385(16):1451-1461. 4. Solomon SD et al.: Dapagliflozin in heart failure with mildly reduced or
preserved ejection Fraction. N Engl J Med. 2022;387(12):1089-1098. 5. Vaduganathan M et al.: SGLT-2 inhibitors in patients with heart failure: a
comprehensive meta-analysis of five randomised controlled trials. Lancet. 2022;400(10354):757-767. 6. Docherty KF et al.: A welcome ‹failure› of gliflozins: blood pressure reduction in heart failure. Eur Heart J. 2023;44(5):408-410. 7. Heidenreich PA et al.: 2022 AHA/ACC/HFSA Guideline for the Management of Heart Failure: Executive Summary: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. Circulation. 2022;145(18):e876-e894.
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