Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
«Körperstrafe» wäre in manchen Situationen eindeutig effizienter als Protest und Boykott. Garantiert. Hätte Frau Jenni Hermosa (spanische Fussballerin) dem Herrn Luis Rubiales (Präsident des spanischen Fussballverbands), einem, wie es heisst, angeberischen Rüpel, nach seinem überüberschwänglichen Schmatz mitten auf ihren Mund kräftig eine geklebt, wäre die Angelegenheit längst erledigt, und zwar adäquat, rasch, eindeutig und nachhaltig.
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Schöne und grosse Menschen haben mehr Erfolg als kleine und hässliche. Das ist zwar ungerecht, doch leider – die Statistiken beweisen es – Realität. Nicht nur im Beruf, auch bei der Partnerfindung. OK, Ungerechtigkeit liegt nun mal imWesen der Partnersuche, trotz Gegenbeispielen wie Putin, Sarkozy, Napoleon oder Messi (167 cm). KeinWunder, leiden junge Männer an ihren 170 cm, wenn sie lesen, dass Frauen im Durchschnitt Männer bevorzugen, die 25 cm grösser sind als sie. Wer also unter 1,85 m ist, für den wird’s auf dem Beziehungsmarkt eng. Männer sind demgegenüber schon zufrieden, wenn Frau oder Freundin wenigstens 7 cm kleiner ist. Was macht man angesichts solcher Differenzen als Jüngling (der noch nicht mal ahnt, dass er in 30 Jahren um weitere Millimeter schrumpft, Jahr für Jahr für Jahr)? Grösser werden! Nur wie? Beine verlängern! 10 cm die Oberschenkel und 5 cm die Unterschenkel. Echt! Es gibt Kliniken, die kurze Glieder (und das Selbstwertgefühl) gegen teures Geld strecken, inklusive monatelanger Dehnung der Muskeln (dummerweise nicht der Sehnen), die genetisch für kürzere Hebel angelegt sind. Und das mit dem impliziten Versprechen, den von Natur aus grösseren Mitbewerbern in Karriere und «Schatz»-Suche künftig auf Augenhöhe begegnen zu können – etwas gschtablig und ungelenk zwar wegen der künstlichen Proportionen, aber immerhin. Wer weiss, mit Glück gelingt es den
Gestreckten ja tatsächlich, dank ihres nun höherliegenden Herzens ein anderes, bis dahin unerreichbares, zu erobern.
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Wenn im Quiz der Experte gewinnt, ist alles langweilig. Wenn er verliert, ist er kein Experte.
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Wer heute etwas auf sich hält, veröffentlicht einen Podcast – am liebsten zusammen mit einem bekannten Zeitgenossen. Mit ihm spricht man über Gott, die Welt, Aktuelles und Prominentes und tut ungefiltert seine wichtige Meinung kund. Ob die jemanden interessiert? Egal, der Podcast vermittelt immerhin den Eindruck, jemand höre zu. Und ja, manche Journalisten hören sich tatsächlich an, was andere Journalisten schwatzen. Und produzieren dann auch einen Podcast – bis alle nur noch Podcasts herstellen, aber keiner mehr Zeit hat, sich das Geschwätz der Kollegen anzuhören.
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Kari, frustriert: Immer wenn er seine Füsse betrachte, werde ihm klar, wo er sozial stehe. «Ich habe bloss Fusspilz. Reiche und wichtige Leute leisten sich Trüffeln.»
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Das Leben stellt Fragen über Fragen. Zum Beispiel die: Welcher Wein passt zur 6. Sinfonie von Anton Bruckner (aus einem NZZ-Newsletter)? Wer (wie der Schreibende) die 6. Sinfonie nicht kennt, kann den Rest ab hier überspringen – oder sich über die Antworten wundern. Item und jedenfalls: Die Fachfrau (Pianistin und Weinhändlerin) empfiehlt zu jedem der 4 Sätze den passenden Wein: zum ersten einen Château Gruaud-Larose oder etwas Ähnliches aus dem Médoc, zum zweiten einen Burgunder Pinot noir,
zum dritten Champagner und zum vierten einen Syrah aus dem Rhonetal, zum Beispiel einen Saint-Joseph. Klar sind Sie danach besoffen. Dafür merken Sie nicht, dass Sie auch ärmer geworden sind. (Der 89er Bordeaux kostet so um die Fr. 750.–; na gut, ein 2017er nur Fr. 80.–, aber wenn schon Bruckner, dann … Beim Burgunder können Sie sparen, es muss ja nicht ein 1999er Criotte-Chambertin Grand Cru für Fr. 1500.– sein, den Beaune Champimonts 2017 gibt’s schon für 50 Stutz. Beim Champagner haben Sie eh eine riesige Auswahl; zwischen 30 und 3000 Franken kriegen Sie alles. Noch günstiger fahren Sie beim Saint-Joseph; der 21er Maison des Alexandrins kostet unter 25 Franken.) Die frivole Gisela staunt, stutzt und schnalzt: Heute Abend lege sie wieder mal Dieter Wiesmann auf und trinke einen flotten «Fäger» von HWG für 15 Franken (wer mehr dazu wissen will – einfach bei der Redaktion melden … oder «HWG Weine» googeln!). Voilà! Oder wie ein guter mit nördlichem Akzent sprechender Freund zu sagen pflegt: «Jeder dem seinen.»
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Leonie Plaar (TikTok-Influencerin und LGBTQ-Aktivistin) auf die Frage, wie man mit den umstrittenenVorwürfen der sexuellen Belästigung gegen Mitglieder der Band «Rammstein» (genauer: gegen deren Sänger Till Lindemann) umgehen sollte: «Ich glaube lieber einer Lügnerin, als einem Vergewaltiger.» Ein semantisch, philosophisch und juristisch äusserst interessanter Ansatz. Man muss ihn sich ganz genau überlegen! Es ist ja nicht auszuschliessen, dass man dereinst mal an eine Richterin gerät, die in diesem Sinn influenziert wurde.
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Und das meint Walti: Das Leben ist kein Ponyschlecken.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 19 | 2023