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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Chirurgie
Computer erkennt Organe im Bauchraum
Anatomische Strukturen während eines chirurgischen Eingriffs nicht zu erkennen oder falsch zu interpretieren, zählt bei minimalinvasiven Operationen zu den häufigsten Komplikationsrisiken. Computerprogramme haben das Potenzial, Chirurgen bei minimalinvasiven Operationen im Bauchraum dabei zu unterstützen, wichtige anatomische Strukturen zu erkennen. Im Rahmen einer Studie in Deutschland wurden die Programme darauf trai-
Eingeblendete Hilfestellungen zu anatomischen Strukturen sollen Chirurgen künftig bei Operationen unterstützen; Dr. Sebastian Bodenstedt (li) und Dr. Fiona Kolbinger (re). (Foto: Uniklinikum Dresden/Kirsten Lassig)
niert, 11 für Darmkrebsoperationen besonders relevante Strukturen wie Harnleiter, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm oder Dickdarm zu erkennen. Anschliessend testete man die Leistungsfähigkeit des Programms am Beispiel der Erkennung der Bauchspeicheldrüse mit 28 menschlichen Probanden. Die künstliche Intelligenz erkannte das Organ hierbei ähnlich gut wie 2 Chirurgen mit mehr als 10 Jahren Erfahrung in minimalinvasiver Chirurgie. Alle anderen menschlichen Probanden schnitten schlechter ab. Qualitativ hochwertige Trainingsdaten in ausreichender Zahl seien eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung chirurgischer Assistenzsysteme und zugleich äusserst rar, heisst es in einer Medienmitteilung des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC). Für das Training der Algorithmen nutzte man in dieser Studie einen eigenen Datensatz aus über 13000 markierten Einzelbildern aus minimalinvasiven Operationen im Bauchraum. Die Bilder wurden
pixelgenau durch medizinische Exper-
tinnen und Experten markiert.
Ab dem kommenden Jahr soll das Sys-
tem erstmals im Operationssaal getestet
werden. Bei 15 robotergestützten mini-
malinvasiven Eingriffen bei Enddarm-
krebs werden die Chirurgen dann par-
allel zum Video der Operationskamera
Bilder aus dem Körperinneren sehen,
auf denen wichtige Strukturen mithilfe
des Computerprogramms markiert sind
(Abbildung). Falls klinische Studien
positiv verlaufen, könnten die für Chi-
rurgen relevanten Zusatzinformationen
künftig direkt in die Videobilder der
Operationskamera eingeblendet wer-
den. Dies könnte in Zukunft dazu bei-
tragen, dass die Qualität einer Opera-
tion weniger stark als bisher von der
Erfahrung des chirurgischen Teams ab-
hängt.
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Medienmitteilung des NCT/UCC vom 29. August 2023 und Kolbinger FR et al.: Anatomy segmentation in laparoscopic surgery: comparison of machine learning and human expertise - an experimental study. Int J Surg. Epub ahead of print 2023 Aug 1.
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ARS MEDICI 18 | 2023