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Sterbehilfe
Krebs ist nach wie vor der häufigste Grund für assistierten Suizid in der Schweiz
In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl der assistierten Suizide in der Schweiz stark angestiegen. Betrug ihr Anteil an allen Todesfällen von 1999 bis 2003 noch 0,2 Prozent, waren es von 2014 bis 2018 bereits 1,5 Prozent. Der am häufigsten für den Suizid angenommene Grund war mit rund 40 Prozent eine Krebserkrankung – ein Anteil, der seit 1999 in der gleichen Grössenordnung geblieben ist, während sich die Anzahl der assistierten Suizide alle 5 Jahre in etwa verdoppelte. Der Anteil der konventionellen Suizide sank im gleichen Zeitraum leicht von 2 Prozent aller Todesfälle von 1999 bis 2003 auf 1,6 Prozent von 2014 bis 2018. Bei diesen Suiziden spielte die Komorbidität Krebs nur eine untergeordnete Rolle (7,7%). Die bei weitem häufigste Komorbidität bei einem konventionellen Suizid war hingegen in fast 3 von 4 Fällen (73,2%) eine psychische Erkrankung. Einschränkend muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass, im Gegensatz zu den Eintragungen auf dem Totenschein nach einem assistierten Suizid, bei nur knapp der Hälfte der konventionellen Suizide zwischen 1999 und 2018 überhaupt eine Komorbität erwähnt wurde. Auch in anderen Aspekten unterscheiden sich die assistierten Suizide von den konventionel-
len. So sind Personen, die konventionellen
Suizid begehen, in der Regel jünger (52 Jahre)
und meist männlich (72,5%). Bei den Suizi-
den mit Sterbehilfe sind die Personen älter (78
Jahre) und meist weiblich (56,9%).
Prof. Uwe Güth, Brustzentrum Zürich und
Universität Basel, und seine Co-Autoren ha-
ben für ihre aktuelle Studie die Schweizer
Sterberegister von 1999 bis 2018 in 5-Jah-
res-Intervallen ausgewertet. 2018 überstieg
die Anzahl der assistierten Suizide in der
Schweiz mit 1176 Fällen erstmals die Anzahl
der konventionellen Suizide (1002 Fälle).
Dies bedeute aber nicht zwingend, dass kon-
ventionelle Suizide durch assistierte Suizide
ersetzt würden, so die Studienautoren. Der
Anstieg der assistierten Suizide sei vielmehr
auf die wachsende gesellschaftliche Akzep-
tanz der Sterbehilfe zurückzuführen, wäh-
rend der allenfalls leichte Rückgang der kon-
ventionellen Suizide Präventionsmassnahmen
zu verdanken sei.
RBO s
Güth U et al.: Conventional and assisted suicide in Switzerland: Insights into a divergent development based on cancer-associated self-initiated deaths [published online ahead of print, 2023 Aug 9]. Cancer Med. 2023;10.1002/cam4.6323.
ARS MEDICI 17 | 2023
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