Transkript
Wiederbelebung nach Herzstillstand
Die Chancen werden überschätzt
Pro Jahr erleiden etwa 8000 Personen in der Schweiz einen Herzkreislaufstillstand. Bereits in der ersten Minute ohne Kreislauf sterben im Gehirn Nervenzellen ab und die Chance auf ein Überleben ohne neurologische Defizite sinkt exponentiell. Basler Forscher plädieren deshalb für mehr Aufklärung. Bei einem Herzkreislaufstillstand ausserhalb des Spitals liegen die Überlebenschancen bei etwa 10 Prozent, im Spital sind es 20 Prozent. «Von den Überlebenden haben etwa die Hälfte kognitive Einschränkungen und nur etwa 25 Prozent können wieder selbständig ohne Hilfe zu Hause leben», sagt Prof. Sabina Hunziker, Professorin für Medizinische Kommunikation an der Universität Basel und Stv. Chefärztin Psychosomatik/Leitende Ärztin Medizinische Kommunikation am Universitätsspital Basel. Sie hat mit ihrem Team in einer Studie nachgewiesen, dass die Erfolgsaussichten einer Reanimation nach einem Herzkreislaufstillstand in der Bevölkerung überschätzt werden. «80 Prozent der Befragten präferierten, wiederbelebt zu werden, unabhängig von den Umständen. Der wichtigste Prädiktor für diesen Entscheid war die Ein-
schätzung der Überlebenschance. Dabei wurde die Überlebenschance ohne neurologische Einschränkungen durchschnittlich auf 40 bis 60 Prozent geschätzt», so Hunziker. Es sei deshalb wichtig, in Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung zu erklären, was eine Wiederbelebung im Fall eines Herzkreislaufstillstands tatsächlich bedeute, damit die Patienten eine informierte und für sie sinnvolle Entscheidung treffen könnten. «Wenn die Leute wüssten, dass ihre Überlebenschancen so gering sind und das Risiko von teilweise schweren Hirnschäden gross ist, würden sich wohl viele gegen eine Wiederbelebung entscheiden», meint Hunziker. Am Unispital in Basel führe man deshalb beim Eintritt immer ein Gespräch, bei dem die Präferenzen für oder gegen eine Wiederbelebung besprochen werden, um den Patientenwunsch in der Krankenakte zu dokumentieren. RBO/Universität Basel s
Medienmitteilung der Universität Basel vom 9. Mai 2023 zu Gross S et al.: «Do-not-resuscitate» preferences of the general Swiss population: Results from a national survey. Resusc Plus. 2023;14:100383.
ARS MEDICI 10+11 | 2023
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