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STUDIE REFERIERT
Gastrointestinale Störungen
Pfefferminz- und Kümmelöl wirksam und verträglich
In einem systematischen Review mit Metaanalyse erwies sich eine Kombination aus Pfefferminz- und Kümmelöl bei Beschwerden im Zusammenhang mit funktioneller Dyspepsie und Reizdarmsyndromen als wirksame und gut verträgliche Behandlungsoption, die auch zur Langzeitanwendung geeignet ist.
Digestive Diseases
Bei der funktionellen Dyspepsie und dem Reizdarmsyndrom (RDS) handelt es sich um chronische neurogastrointestinale Beschwerden, die mit Störungen der Darm-Hirn-Achse in Zusammenhang stehen. Die funktionelle Dyspepsie wird entsprechend dem Rome-IVDiagnosekonsens als postprandiales Distress-Syndrom und als epigastrisches Schmerzsyndrom definiert. Zu weiteren typischen Symptomen gehören Sodbrennen, Übelkeit, Blähungen und Aufstossen. Das RDS ist durch abdominelle Schmerzen im Zusammenhang mit dem Stuhlgang gekennzeichnet. Als Subtypen unterscheidet man RDS mit vorherrschender Verstopfung oder Diarrhö sowie das gemischte und das nicht klassifizierte RDS.
Sowohl bei funktioneller Dyspepsie als auch beim RDS umfasst die Pathophysiologie eine viszerale Überempfindlichkeit oder Hyperalgesie, Störungen der gastrointestinalen Motilität und/ oder der epithelialen Barrierefunktion sowie Veränderungen des enterischen Nervensystems und der zentralen Schmerzverarbeitung. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten leiden viele Patienten mit funktioneller Dyspepsie auch unter Reizdarmsymptomen und umgekehrt. Die Behandlung beider Beschwerdebilder erfolgt weitgehend symptomatisch. Zu den therapeutischen Optionen gehören Lebensstiländerungen, psychologische Interventionen, diätische Massnahmen und Probiotika
sowie Spasmolytika oder Motilitätshemmer.
Synergistische und additive Wirkungen
In der deutschen Leitlinie zum RDS wird Pfefferminzöl aufgrund seiner nachgewiesenen Wirksamkeit zur Behandlung von Schmerzen und Blähungen empfohlen. Bei funktioneller Dyspepsie und RDS ist aber auch eine Kombination aus Pfefferminzöl und Kümmelöl von besonderem Interesse, da hier in Studien additive und synergistische Wirkungen gegen abdominelle Schmerzen und Blähungen beobachtet wurden (Abbildung). Bei Menthacarin handelt es sich um eine proprietäre Kombination aus Pfefferminzöl (90 mg WS® 1340) und Kümmelöl (50 mg WS® 1520) spezifizierter Qualität.
Pfefferminzöl
Kümmelöl
Analgetisch, spasmolytisch
Antimeteorisch, schaumhemmend
Additive Wirkungen
• Blockade von Schmerzsignalen mittels Aktivierung von TRPM8-Rezeptoren
• Reduzierung der Oberflächenspannung
+ • Verminderung der Gasbildung beeinflusst
• Entspannung der glatten Muskulatur
das Darmmikrobiom günstig durch
durch Inhibierung spannungsabhängiger
selektive Hemmung intestinaler
Kalziumkanäle
Pathogene
Synergistische Effekte In Kombination: Verminderung der Hypersensitivität (viszerale Hyperalgesie)
Abbildung: Wirkmechanismen von Menthacarin
Review mit Metaanalyse
In einer systematischen Übersichtsarbeit wurden die bis anhin publizierten Daten zu Menthacarin bei der Behandlung funktioneller Magen-DarmStörungen zusammengefasst und die Wirksamkeit anhand einer Metaanalyse plazebokontrollierter Studien evaluiert. In 5 randomisierten Studien mit 580 Patienten zeigte Menthacarin eine signifikante Wirksamkeit oder eine mit einem Referenzarzneimittel wie Cisaprid (in der Schweiz nicht mehr im Handel) vergleichbare Wirksamkeit zur Linderung von Symptomen der funktionellen Dyspepsie im Vergleich zu Plazebo. In 7 weiteren Studien erwies sich Menthacarin bei Patienten mit funktioneller Dyspepsie und gleichzeitiger
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Helicobacter-pylori-Infektion sowie bei Patienten mit RDS als wirksam. Die Metaanalyse wurde anhand von 3 plazebokontrollierten Studien mit insgesamt 249 Patienten durchgeführt, die unter funktioneller Dyspepsie litten. Hier zeigte sich unter Menthacarin in Woche 4 eine signifikante Verringerung der Schmerzintensität im Vergleich zu Plazebo (standardized mean difference [SMD]: 0,80; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,39–1,21). Des Weiteren wurde in Woche 4 in allen 3 Studien unter dem Verum bei einer signifikant höheren Anzahl von Patienten eine beträchtliche
Verbesserung des Allgemeinbefindens auf der Clinical Global Impression Scale (CGI-Skala) Item 2 im Vergleich zu Plazebo beobachtet (relatives Risiko [RR]: 2,65; 95%-KI: 1,81–3,87).
Fazit der Autoren
Aus dem Review mit Metaanalyse geht hervor, dass Menthacarin bei Bauchschmerzen, Blähungen und/oder Völlegefühl eine klinisch relevante Wirksamkeit mit einem günstigen Sicherheitsprofil bei kurz- und langfristiger Anwendung aufweist. Die Kombination aus Pfefferminz- und Kümmelöl stellt
somit eine wirksame, sichere und gut
etablierte Behandlungsoption für funk-
tionelle Magen-Darm-Beschwerden in
der Primärversorgung dar.
PS s
Quelle: Madisch A et al.: Menthacarin, a proprietary peppermint oil and caraway oil combination, improves multiple complaints in patients with functional gastrointestinal disorders: a systematic review and meta-analysis. Dig Dis. 2022 Dec 9;doi:10.1159/000528553.
Interessenlage: Alle 7 Autoren der referierten Studie haben Honorare von der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG erhalten oder sind Angestellte dieses Pharmaunternehmens.
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