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BERICHT
Nagelpsoriasis
Praktische Tipps zum optimalen Management
Bei Nagelpsoriasis muss mit einer langen Behandlungsdauer gerechnet werden, zum Beispiel sind zur Daumennagelerneuerung 6 Monate nötig. Die Therapieresultate sind oft unvollständig, Rezidive sind häufig. Praktische Tipps zur Nagelpsoriasis gab Prof. Bertrand Richert aus Brüssel (B) am letzten Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology.
Die klinischen Erscheinungsformen von Nagelpsoriasis sind abhängig von der Lokalisation des Entzündungsprozesses in der Matrix, im Nagelbett oder in beidem. Tüpfelnägel (Grübchen oberflächlich in der Nagelplatte) oder proximale Leukonychie kommen bei Matrixbeteiligung vor, Ölflecken, Onycholyse oder subunguale Hyperkeratose bei Beteiligung des Nagelbetts. Onycholyse ist häufiger als alle anderen klinischen Varianten mit einer Psoriasisarthritis (PsA) assoziiert. Das Risiko für eine PsA korreliert mit der Dauer der Nagelveränderungen. Nagelbeteiligung gilt als negativer prognostischer Faktor für das Ansprechen der Haut auf die Behandlung mit Biologika. Patienten mit Psoriasis und Nagelbeteiligung erreichen erst später ein PASI75-Ansprechen als Patienten ohne Nagelpsoriasis.
Topische Behandlung bei Nagelpsoriasis
Nicht immer muss eine Nagelpsoriasis behandelt werden, denn vor allem Frauen können leichte Nagelveränderungen (z. B . Tüpfelnägel, Leukonychie, Ölflecken) mit Nagellack verbergen. Bei der onycholytischen oder hyperkeratotischen Form ist jedoch eine Behandlung nötig. Es wurden keine Unterschiede bei der Wirksamkeit topischer Therapien (topische Kortikosteroide, topische Retinoide, Vitamin-DAnaloga, Calcipotriol/Betamethason) festgestellt. Bei Onycholyse soll die regelmässige topische Behandlung dort erfolgen, wo die Ablösung des Nagels beginnt. Das ist nur möglich, wenn der Nagel zuvor überall dort, wo er sich abgelöst hat, weggeknipst wird. Mit wiederholten intraläsionalen Triamcinoloninjektionen können ebenfalls gute Erfolge erzielt werden. Publizierte Fallserien berichten auch über Behandlungserfolge mit intraläsionalen Methotrexatinjektionen. Es seien aber noch mehr Studien nötig, um das beste Therapieschema (Konzentration, Injektionsfrequenz) zu bestimmen, sagte Richert.
Systemische Behandlungen
Systemisches Methotrexat wirkt bei Matrixbeteiligung besser als bei Nagelbettbeteiligung. Acitretin wird in niedriger Dosierung verwendet (pro Tag 0,2–0,3 mg/kg) und wirkt am besten auf Nagelbetthyperkeratosen. Apremilast scheine eine vielversprechende Therapieoption darzustellen, doch seien
zur Beurteilung mehr speziell auf Nagelpsoriasis ausgerichtete Studien erforderlich, so der Referent. Eine Netzwerkmetaanalyse, die direkte Vergleichsstudien und plazebokontrollierte Studien evaluierte, lieferte Hinweise auf die relative Wirksamkeit einiger Biologika. Die Wahrscheinlichkeit für eine komplette Abheilung nach 24 bis 26 Wochen war bei den in die Analyse einbezogenen Biologika vergleichbar (IL-12/23-Blocker Ustekinumab: 20,8%, IL-23-Blocker Guselkumab: 27,7%, TNF-α-Blocker Adalimumab: 28,3%, IL-17A-Blocker Brodalumab: 37%, IL-17ABlocker Ixekizumab: 46,4%). Bei moderaten bis schweren Formen von Nagelpsoriasis seien die verschiedenen Biologika wahrscheinlich etwa gleich wirksam, so der Referent. Bei schweren Formen könne Ixekizumab vorteilhaft sein, weil dieses Biologikum etwas schneller wirke. Die Wahl des geeigneten Biologikums hängt davon ab, ob eine PsA besteht oder nicht. Schon bei frühen Zeichen von PsA soll ein Biologikum eingesetzt werden. Biologika der ersten Wahl bei Nagelpsoriasis mit PsA sind TNF-α-Blocker und IL-17-Blocker.
Isolierte Nagelpsoriasis ohne Hautbeteiligung
In 6 bis 10 Prozent der Fälle ist eine Nagelpsoriasis die einzige Psoriasismanifestation, was die Diagnose erschwert. Der Referent wies darauf hin, dass subunguale Hyperkeratosen oder Onycholysen an Zehennägeln am wahrscheinlichsten durch Trauma oder Pilzinfektion entstanden seien, während an Fingernägeln die Diagnose einer Nagelpsoriasis am wahrscheinlichsten sei. In einem Konsensusstatement von Dermatologen und Nagelexperten werden topische Therapien zur Behandlung Erwachsener mit isolierter Nagelpsoriasis empfohlen, wenn maximal 3 Nägel betroffen sind. Bei mehr als 3 betroffenen Nägeln wird zur topischen eine systemische Behandlung empfohlen. Wie wichtig die Nagelpflege bei Patienten mit Nagelpsoriasis sei, könne laut Richert nicht genügend betont werden (siehe Kasten). Abschliessend erwähnte der Referent eine Studie, die aufgrund von Ultraschalluntersuchungen herausfand, dass eine exzessive Benutzung des Smartphones mit repetitiven Bewegungen der distalen Interphalangealgelenke und der Fingernägel Entzündungen begünstigt. Dadurch kann die Entwicklung von PsA beschleunigt werden.
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BERICHT
Tipps zur Nagelpflege bei Psoriasispatienten
▲ Köbner-Phänomen (Provokation von Psoriasisläsionen durch mechanische, thermische oder chemische Irritation) durch Nagelschutz vermeiden, Verbot von Acrylnägeln.
▲ Handschuhe tragen bei Feuchtarbeiten, Schälen von Früchten oder Gemüsen, Zubereitung von Fisch oder Fleisch.
▲ Nägel kurz schneiden (Hebeleffekte vermeiden). ▲ Cuticula nicht entfernen. ▲ Unter dem freien Nagelrand nicht mit scharfen oder spitzigen Inst-
rumenten reinigen. Nagelbürste benutzen.
(nach Bertrand Richert)
Richert gab den Tipp, dass Psoriasispatienten zur Prophylaxe
beim Smartphone einen Stift statt der Daumen oder übrigen
Finger verwenden sollten.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D1T01.1 «Latest news in hair and nail disorders» beim 31. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 8. September 2022 in Mailand.
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