Transkript
BERICHT
Atopische Dermatitis
Risikoabschätzung mit Biomarker
Mit einem Biomarker des Immunsystems kann bei Neugeborenen die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer atopischen Dermatitis sowie deren Schweregrad abgeschätzt werden.
Die atopische Dermatitis (AD) betrifft bis zu 20 Prozent der pädiatrischen Bevölkerung, und die Zahl der Diagnosen nimmt weiter zu. Fast alle Fälle von AD beginnen bereits während der ersten Lebensjahre. Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet bis ins Erwachsenenalter an den Hautausschlägen. Die Hauterkrankung ist die erste Ausprägung des sogenannten atopischen Marsches, bei dem im weiteren Leben weitere atopische Erkrankungen, wie Nahrungsmittelallergien, Asthma und Rhinitis, folgen oder hinzukommen. Eine Prävention erscheint deshalb sinnvoll – doch welche Kinder sollten sie erhalten? In der BABY-Studie (Barrier dysfunction in Atopic newBorns) wurde eine Geburtskohorte von 450 Säuglingen (300 Termingeborene und 150 Frühgeborene) untersucht, um festzustellen, ob Biomarker der Hautbarriere und des Immunsystems das Auftreten und den Schweregrad von Ekzemen in den ersten beiden Lebensjahren vorhersagen können. Die Forscher verwendeten Klebestreifen, um schmerzlos und nicht invasiv Hautzellen von den Handrücken von Babys im Alter von 0 bis 3 Tagen und 2 Monaten bei Terminkindern und von der Haut zwischen den Schulterblättern im Alter von 2 Monaten bei Frühgeborenen zu sammeln. Die Streifen habe man auf Immunbiomarker untersucht, und die Säuglinge seien in den nächsten 2 Jahren weiter beobachtet worden, berichtete Dr. Anne-Sofie Halling aus Kopenhagen (DK). Während für die unmittelbar nach der Geburt bestimmten Werte keine Korrelation nachweisbar war, fanden die Forscher bei den Messungen im Alter von 2 Monaten einen aussagekräftigen Marker. Sowohl bei den Termingeborenen als auch bei den Frühgeborenen mit erhöhten TARC-Werten (Thymus- und Aktivierungs-regulierte Chemokine) im Alter von 2 Monaten wurde festgestellt, dass die Wahrscheinlich-
keit, bis zum Alter von 2 Jahren ein Ekzem zu entwickeln,
mehr als doppelt so hoch war als bei Kindern mit normalen
oder erniedrigten TARC-Werten. Dieses erhöhte Risiko be-
stand auch dann noch, wenn man die elterliche Atopie und
Filaggrin-Genmutationen berücksichtigte, die wichtige prä-
disponierende Faktoren für Ekzeme sind. In der Studie wurde
ein positiver Zusammenhang zwischen dem TARC-Wert und
dem Schweregrad des Ekzems festgestellt.
«Unseres Wissens ist dies der erste Nachweis, dass nicht in-
vasiv gesammelte Hautbiomarker zur Vorhersage des späte-
ren Auftretens und Schweregrads eines atopischen Ekzems
bei Kindern verwendet werden können», betonte Halling:
«Die Studie wird uns dabei helfen, künftige Präventionsstra-
tegien für Kinder mit erhöhten TARC-Werten zu untersu-
chen und zu entwickeln, um das Auftreten dieser weitver-
breiteten und einschränkenden Krankheit zu stoppen.»
Für 2 weitere Biomarker – Interleukin 8 und 18 – wurde in
der Studie ebenfalls eine Assoziation gefunden: Babys mit
erhöhten Werten dieser Biomarker hatten im Vergleich zu
Babys mit Normalwerten ein mehr als doppelt so hohes
Risiko für eine mittelgradige bis schwere AD.
«Der Test kann uns helfen, Hautveränderungen zu erkennen,
die vor der Entwicklung eines Ekzems auftreten, insbeson-
dere bei den schwersten Formen der Krankheit. Dies bietet
die Möglichkeit, gezielte Therapien zu entwickeln und das
Auftreten von Ekzemen zu verhindern», so das Fazit von
Halling.
s
Adela Žatecky
Quelle: Pressekonferenz beim Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), online am 5. September 2022.
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