Transkript
FORTBILDUNG
Für wen Thrombozytenfunktionshemmer, für wen NOAK, für wen beides?
Sekundärprophylaxe nach ischämischem Schlaganfall und TIA
Die Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfälle oder transitorischer ischämischer Attacken (TIA) umfasst therapeutische Massnahmen in der Akutphase sowie die langfristige Senkung von Risikofaktoren. Dabei stehen medikamentöse Therapien wie Plättchenhemmung oder Antikoagulation sowie Blutdruck- und Lipidsenker im Vordergrund, gepaart mit Anleitungen zur Lebensstilmodifikation. Neu überarbeitete S2k-Leitlinien geben detaillierte Empfehlungen.
Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft/Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Die S2k-Leitlinien zur Sekundärprophylaxe bei Patienten mit ischämischem Insult oder TIA wurden soeben vollständig überarbeitet und sind bis 2027 gültig. Sie gliedern sich in 2 Teile. Der erste befasst sich mit pharmakotherapeutischen Aspekten der Gerinnungshemmung sowie mit der Behandlung von Hyperlipidämie und Hypertonie (1). Der zweite Teil gibt Empfehlungen zur Lebensstilmodifikation, zu spezifischen Situationen bei Anomalien der Gefässe und weiteren Risikofaktoren wie Hormonersatztherapie, Diabetes mellitus oder Schlafapnoesyndrom (2). Die Empfehlungen folgen einer üblichen Graduierung in stark (soll/soll nicht), neutral (sollte/sollte nicht) und offen (kann erwogen/verzichtet werden).
Steckbrief
Wer hat die Guideline erstellt? Deutsche Gesellschaft für Neurologie und Deutsche SchlaganfallGesellschaft
Wann wurde sie aktualisiert? 2022
Für welche Patienten? Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA
Was ist neu? ▲ Präzisierungen zur Pharmakotherapie hinsichtlich Thrombozyten-
funktionshemmung und Antikoagulaion sowie Blutdruck- und Lipidsenkung ▲ Empfehlungen u. a. zu Ernährung, Antikoagulation bei onkologischen Begleiterkrankungen und Hormonersatztherapie
Thrombozytenfunktionshemmung und orale Antikoagulation
Der Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern ist bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA eine starke Empfehlung (Kasten 1). Dazu halten die Leitlinien fest, dass nur Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel und Ticagrelor relevant sind, da Dipyramidol, Ticlopidin und Prasugrel sowie Abciximab nach ischämischen zerebralen Ereignissen keinen Mehrnutzen bringen oder ein ungünstiges Nebenwirkungsprofil aufweisen. Drei randomisierte, kontrollierte Studien haben den Nutzen einer doppelten Thrombozytenfunktionshemmung mit ASS und Clopidogrel beziehungsweise ASS und Ticagrelor nach leichtem, nicht kardioembolisch bedingtem Schlaganfall oder Hochrisiko-TIA belegt. Diese Akuttherapie wird daher empfohlen. Liegt bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA ein nicht valvuläres Vorhofflimmern vor, soll eine orale Antikoagulation erfolgen (Kasten 2). In der Sekundärprophylaxe nach der Akutphase sollen Thrombozytenfunktionshemmer (TFH) bei Vorhofflimmern nicht mehr verwendet werden. Auch sollen direkte orale Antikoagulationshemmer (nicht Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien, NOAK) zur Sekundärprophylaxe bei einem embolischen Schlaganfall ohne Nachweis einer Emboliequelle (ESUS) nicht zum Einsatz kommen, sofern keine anderweitige Indikation zur oralen Antikoagulation besteht.
Lipidsenkung
Zum allgemeinen Management bei Dyslipidämie verweisen die aktuellen neurologischen Leitlinien auf die entsprechenden europäischen und amerikanischen Guidelines mit ihren Empfehlungen zu Lebensstilmodifikation, Diät und medikamentöser Lipidsenkung. Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall und Anzeichen auf eine manifeste Atherosklerose ist die intensive einer moderaten LDL-C-Senkung (LDL: low-density lipoprotein) überlegen. Als Zielwert soll daher ein LDL-C-Wert von < 70 mg/dl angestrebt werden (Kasten 3).
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ARS MEDICI 19 | 2022
FORTBILDUNG
Kasten 1:
Wichtige Empfehlungen zur Thrombozytenfunktionshemmung (gekürzt nach [1])
Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) sollen zur
starker Konsens
Sekundärprävention mit Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg täglich behandelt werden, sofern keine
(100%)
Indikation zur Nutzung eines anderen Thrombozytenfunktionshemmers (TFH) oder zur Antikoagulation
vorliegt.
Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA können alternativ zu ASS mit Clopidogrel behandelt starker Konsens
werden. Keine der beiden Substanzen ist der jeweils anderen sicher überlegen.
(100%)
Prasugrel soll zur Schlaganfallsekundärprophylaxe nicht eingesetzt werden.
starker Konsens
(100%)
Eine Monotherapie mit Ticagrelor kann – z. B. bei Unverträglichkeit – als Alternative zu einer
starker Konsens
Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel erwogen werden.
(95,2%)
Cilostazol zur Schlaganfallsekundärprophylaxe sollte weder als Monotherapie noch als Kombinations-
therapie bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA eingesetzt werden.
Ausgewählte Patienten mit einem leichten, nicht kardioembolischen ischämischen Schlaganfall oder
starker Konsens
einer TIA mit hohem Rezidivrisiko, die keine intravenöse Thrombolyse oder endovaskuläre Schlag-
(100%)
anfalltherapie erhielten, können innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn mit einer dualen
Plättchenhemmung behandelt werden. Hierfür stehen die Kombination von ASS und Ticagrelor sowie
die von ASS und Clopidogrel zur Verfügung.
Eine dreifache Thrombozytenfunktionshemmung als Kombinationstherapie soll nicht erfolgen.
Bei Patienten nach ischämischem Schlaganfall oder TIA innerhalb des letzten Monats sollte keine
starker Konsens
routinemässige Behandlung mit ASS und einem direkten oralen Antikoagulans (NOAK) erfolgen.
(100%)
Eine Thrombozytenfunktionshemmung soll erst nach sicherem Ausschluss einer intrakraniellen
starker Konsens
Blutung erfolgen.
(100%)
Eine Thrombozytenfunktionshemmung sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach ischämischem
Schlaganfall oder TIA begonnen werden, auch wenn die Schlaganfallursachenabklärung noch nicht
abgeschlossen ist.
Bei behandlungsnaiven Patienten mit TIA oder leichtem Schlaganfall kann am ersten Behandlungstag
Konsens
eine erhöhte TFH-Initialdosis (Loading) erwogen werden.
(89,5%)
Eine generelle Thrombozytenfunktionstestung kann aufgrund fehlender Studien zur Sicherheit und Wirk- starker Konsens
samkeit in der Sekundärprophylaxe nach ischämischem Schlaganfall oder TIA nicht empfohlen werden.
(100%)
Eine generelle Umstellung auf einen anderen TFH als Monotherapie kann aufgrund fehlender
starker Konsens
Studiendaten nicht empfohlen werden.
(100%)
Die Therapie mit einem TFH soll dauerhaft erfolgen, es sei denn, Kontraindikationen treten auf oder
starker Konsens
im Verlauf ergibt sich eine Indikation für eine Antikoagulation. Eine dauerhafte Therapie mit mehreren
(100%)
TFH sollte in der Regel nicht erfolgen.
Bei einer Unterbrechung der TFH-Behandlung ist von einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, aber auch starker Konsens
für andere kardiovaskuläre Ereignisse auszugehen. Daher sollte vor einer Operation oder einem invasiven (100%)
Eingriff eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Ein grosszügiger Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) bei Patienten unter TFH ohne
starker Konsens
gastrointestinale Probleme sollte vermieden und die Indikation kritisch gestellt werden.
(100%)
Die Kombination von Clopidogrel mit Esomeprazol oder Omeprazol sollte vermieden werden.
Bei Komedikation von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) sollte die reduzierte Wirksamkeit
starker Konsens
von ASS berücksichtigt werden. Es wird eine zeitlich versetzte Gabe der NSAR (in der Regel ≥ 30 min)
(100%)
nach Einnahme von ASS empfohlen.
Kasten 2:
Wichtige Empfehlungen zur oralen Antikoagulation (gekürzt nach [1])
Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) mit permanentem, persistierendem oder paroxysmalem nicht valvulären Vorhofflimmern (VHF) sollen eine orale Antikoagulation (OAK) erhalten. Thrombozytenfunktionshemmer (TFH) sollen im Anschluss an die Akutphase in der Sekundärprävention bei VHF nicht mehr verwendet werden, sofern keine anderweitige dringende Indikation für eine TFH-Gabe vorliegt. Bei bestehender Thrombozytenfunktionshemmung aus anderer Indikation sollte eine interdisziplinäre Konsensfindung über die Notwendigkeit einer dualen oder einer Tripeltherapie angestrebt werden.
Fortsetzung auf Seite 576
starker Konsens (100%)
starker Konsens (100%)
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FORTBILDUNG
Kasten 2 (Fortsetzung von Seite 575):
Wichtige Empfehlungen zur oralen Antikoagulation (gekürzt nach [1])
Der optimale Zeitpunkt des Beginns der OAK nach ischämischem Schlaganfall mit VHF richtet sich nach der starker Konsens
Infarktgrösse und anderen Begleitfaktoren und muss individuell entschieden werden (keine Empfehlung). (100%)
Bei Patienten im Alter von 18 Jahren oder älter nach ischämischem Schlaganfall oder TIA mit VHF sollte Konsens
unter Beachtung der Kontraindikationen eine Behandlung mit Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban oder (84,6%)
Edoxaban gegenüber einer Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten bevorzugt werden.
Patienten im höheren Lebensalter sollten nach ischämischem Schlaganfall oder TIA mit VHF antikoaguliert starker Konsens
werden. Dies gilt gleichermassen für Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko oder mit Gebrechlichkeit sowie (100%)
für Patienten mit kognitiven Einschränkungen oder Demenz.
Der Nettonutzen einer OAK im Vergleich zur Behandlung mit TFH bei Patienten mit schwerer zerebraler
Mikroangiopathie nach ischämischem Schlaganfall oder TIA mit VHF kann anhand der aktuellen Datenlage
nicht bemessen werden (Empfehlung: individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung unter Berücksichtigung des
Befunds der zerebralen Bildgebung).
Nicht Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien (NOAK) sollen zur Sekundärprävention eines
starker Konsens
embolischen Schlaganfalls ohne Nachweis einer Emboliequelle (ESUS) nicht zum Einsatz kommen,
(100%)
sofern keine ESUS-unabhängige Indikation zur OAK besteht.
Bei Kontraindikation zur dauerhaften OAK kann ein individueller Behandlungsversuch mit Okklusion
starker Konsens
des linken Vorhofohrs erwogen werden.
(100%)
Bei Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko und bei dialysepflichtigen Patienten kann die Implantation
eines Vorhofohrokkluders erwogen werden.
Es sollte keine Dosisreduktion der Antikoagulation erfolgen, wenn eine Kombination mit TFH notwendig ist. Konsens
(85,7%)
Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos unter der Kombinationstherapie aus OAK und TFH sollte
Konsens
die Zeitspanne der Kombinationstherapie möglichst kurz gehalten werden. Im Anschluss an die
(85,7%)
Tripeltherapie (OAK + ASS + P2Y12-Antagonist [z. B. Clopidogrel]) sollte eine duale Therapie mit
OAK und P2Y12-Antagonist erfolgen.
Kasten 3:
Wichtige Empfehlungen zur Lipidsenkung (gekürzt nach [1])
Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) sollen mit
starker Konsens
einem Statin behandelt werden.
(100%)
Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall kann in bestimmten Fällen, bei denen eine Dyslipidämie hoch
wahrscheinlich pathogenetisch ohne Relevanz ist (z. B. Dissektion), auf eine Statintherapie verzichtet werden.
Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall und Hinweisen für eine manifeste Atherosklerose ist eine
Konsens
intensive LDL-Cholesterin-(LDL-C-)Senkung (LDL: low-density lipoprotein) auf Werte < 70 mg/dl einer
(88,8%)
moderaten LDL-C-Senkung < 100 mg/dl überlegen. Als Zielwert der cholesterinsenkenden Therapie soll
daher ein LDL-C-Wert < 70 mg/dl angestrebt werden.
Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall sollen primär Statine zur Senkung des LDL-C
Konsens
eingesetzt werden.
(77%)
Sofern solche Patienten vorbehandelt waren, sollte das Statin in der Akutsituation nicht
abgesetzt werden.
Sofern nach 3 bis 6 Wochen der Zielwert nicht erreicht wird, sollte auf die maximal tolerable Statindosis
erhöht werden; sofern diese erreicht ist, sollte Ezetimib zusätzlich eingesetzt werden.
Patienten, die die Behandlung mit einem Statin nicht tolerieren, sollen alternativ primär mit Ezetimib
behandelt werden.
Bei Patienten mit manifester Atherosklerose, bei denen der Zielwert (LDL-C < 70 mg/dl) mit einer Kombi-
nation aus Hochdosisstatintherapie und Ezetimib nicht erreicht oder diese Therapie nicht toleriert
wird, kann ergänzend oder als Monotherapie eine Behandlung mit einem PCSK9-Inhibitor (PCSK9:
Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9), mit Inclisiran oder mit Bempedoinsäure erwogen werden.
Ältere Patienten mit ischämischem Schlaganfall (> 65 Jahre) sollen zur Sekundärprävention ebenfalls
starker Konsens
mit Cholesterinsenkern, primär mit Statinen, behandelt werden.
(100%)
Gegenüber diesem ehrgeizigen Therapieziel hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) Vorbehalte vorgebracht, die in die Leitlinie aufgenommen wurden. Die DEGAM plädiert – nicht zuletzt
unter Gesichtspunkten der alltäglichen Praxis – für eine Statintherapie in fester Dosierung und ohne weitere Lipidbestimmungen und Adjustierungen.
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ARS MEDICI 19 | 2022
FORTBILDUNG
Kasten 4:
Wichtige Empfehlungen zur Hypertoniebehandlung (gekürzt nach [1])
Patienten mit bekannter arterieller Hypertonie sollen nach ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) langfristig antihypertensiv behandelt werden. Bislang unbehandelte Patienten sollen bei Vorliegen erhöhter Blutdruckwerte nach ischämischem Schlaganfall oder TIA antihypertensiv behandelt werden. Die Behandlung kann in den ersten Tagen nach Symptombeginn begonnen werden. Der Blutdruck sollte langfristig unter 140/90 mmHg gesenkt werden. Unter Beachtung der Verträglichkeit und der Vorerkrankungen sowie des Alters des Patienten kann der systolische Blutdruck auf 120–130 mmHg gesenkt werden. Patienten nach Schlaganfall oder TIA sollen mit einem ACE-Inhibitor (ACE: angiotensin-converting enzyme), einem Angiotensinrezeptorblocker, einem Kalziumantagonisten oder einer entsprechenden Kombination behandelt werden.
starker Konsens (100%)
starker Konsens (100%)
starker Konsens (100%)
Blutdrucksenkung
Eine langfristige Blutdrucksenkung reduziert bei Patienten nach ischämischem Schlaganfall oder TIA das Risiko für erneute vaskuläre Ereignisse. Der Blutdruck sollte daher anhaltend unter 140/90 mmHg gesenkt werden (Kasten 4). Bei Berücksichtigung von Alter, Begleiterkrankungen und Verträglichkeit der Behandlung kann auch eine Absenkung auf systolisch 120 bis 130 mmHg erfolgen. Grundsätzlich solle das Erreichen der Zielblutdruckwerte einen höheren Stellwert haben als die Wahl der antihypertensiven Therapie, hält die Leitlinie fest. Thiaziddiuretika werden zunehmend kritisch gesehen, und Betablocker haben in der Prophylaxe weiterer zerebrovaskulärer Ereignisse keinen relevanten Platz mehr.
Weitere Aspekte in der Sekundärprävention
Im zweiten Teil der Leitlinie kommen Hinweise zur Modifikation des Lebensstils sowie spezielle Situationen zur Sprache. Die neurologische Leitlinie schliesst sich dabei anderen medizinischen Empfehlungen an und plädiert für einen regel-
Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke
Teil 1: Plättchenhemmer, Vorhofflimmern, Hypercholesterinämie und Hypertonie
https://www.rosenfluh.ch/qr/dgn_stroke1
mässigen Verzehr von Obst und Gemüse oder eine medi-
terrane, kardioprotektive Diät, die das Risiko für ein Schlag-
anfallrezidiv und vaskuläre Folgen verringern können. Für
Nahrungsergänzungsmittel oder die routinemässige Substi-
tution von Vitaminen bestehe keine eindeutige Evidenz, wie
die Autoren feststellen.
Bei Schlaganfall ohne kardiale Emboliequelle sind orale
Antikoagulanzien in der Sekundärprophylaxe bei Patienten
mit komplexen Plaques im Aortenbogen oder bei Gerin-
nungsstörungen nicht wirksamer als TFH. Eine orale Anti-
koagulation kann anstelle eines TFH erwogen werden bei
begleitender onkologischer Erkrankung, tumorinduzierter
Hyperkoagulopathie oder bei einer Herzinsuffizienz mit Aus-
wurffraktion < 35 Prozent. Patienten mit symptomatischen intrakraniellen Stenosen sollten ASS oder alternativ Clopi- dogrel erhalten. Bei akut symptomatischen, höhergradigen intrakraniellen Gefässverengungen sollte parallel zur Blut- drucksenkung ein aggressives Vorgehen bei der Lipidsenkung gewählt werden. Eine Stentimplantation kann in Einzelfällen erwogen werden. Bei Patientinnen nach ischämischem Schlaganfall sollen nicht hormonelle Alternativen zur Kontrazeption vorgezogen werden. Zum Stellenwert von SGLT2-Inhibitoren (SGLT2: sodium-glucose linked transporter 2) und GLP-1-Rezeptor- Agonisten (GLP: glucagon-like peptide) in der Sekundärprä- vention von Schlaganfällen kann die Leitlinie aufgrund der Datenlage noch keine Aussagen machen. s Teil 2: Lebensstil, arterielle Stenosen, andere Antithrombotika-Indikationen, Hormone, Diabetes mellitus, Schlafapnoe https://www.rosenfluh.ch/qr/dgn_stroke2 Halid Bas Quellen: 1. Hamann GF et al.; Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke, Teil 1. S2k-Leitlinie, 2022. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 16. August 2022). 2. Olma MC et al.: Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke, Teil 2. S2k-Leitlinie, 2022, Deutsche Gesellschaft für Neurologie und Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 16. August 2022). ARS MEDICI 19 | 2022 577