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BERICHT
Affenpocken in der Schweiz
Fragen und Antworten
Seit Kurzem werden auch in der Schweiz Affenpocken beobachtet. Daraus ergeben sich viele Fragen. Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar? Wie gefährlich ist das Virus in der Schweiz? Was ist bei einer Ansteckung zu beachten? Wir haben die wichtigsten Antworten für Sie zusammengestellt.
Durch welchen Erreger werden Affenpocken verursacht? Affenpocken werden durch das Affenpockenvirus aus der Gattung der Orthopoxviren in der Familie der Poxviridae verursacht. Mittels genomischer Sequenzierung wurde eine zentralafrikanische und eine westafrikanische Klade identifiziert (1).
Fieberbeginn einen Hautausschlag, der zunächst im Gesicht auftritt und sich dann auf andere Körperteile, einschliesslich Hände und Füsse, ausbreitet. Die Läsionen treten oft als Flecken auf und entwickeln sich nach und nach zu Papeln, Bläschen, Pusteln, Krusten und Schorf (siehe Abbildung 1). Die Anzahl kann von wenigen bis zu Tausenden reichen (1).
Mit welchen Symptomen ist die Erkrankung verbunden? Zu den häufigen Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Asthenie, Lymphknotenschwellung sowie Rücken- und Muskelschmerzen. In der Regel entwickelt der Patient innerhalb von 1 bis 3 Tagen nach
Affenpocken in der Schweiz
Das BAG beobachtet die Situation aufmerksam, in Abstimmung mit dem ECDC und der WHO, und informiert über die weiteren Entwicklungen.
Wie gefährlich ist die Situation in der Schweiz? «Wir schätzen das Risiko zurzeit als gering ein, die epidemiologischen Daten sind aber noch beschränkt», erklärt Céline Gardiol, Leiterin der Sektion Impfempfehlungen und Bekämpfungsmassnahmen im Bundesamt für Gesundheit (BAG), in einem Beitrag des SRF. «Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch bei uns noch mehr Fälle auftreten, wie das in anderen Ländern geschieht», führt sie weiter aus.
Informationen des BAG zur Diagnostik (5) ▲ Gesundheitsfachpersonen sollten bei Personen mit klinischen Sym-
ptomen eine Affenpockeninfektion differenzialdiagnostisch in Betracht ziehen und sich an Spezialisten wenden. ▲ Bei Verdacht ist eine Labordiagnostik mittels PCR indiziert. Der Nachweis erfolgt mittels Abstrich oder Biopsie von Hauteffloreszenzen (Exsudat, Pustelinhalt, Krusten usw.). Die Proben werden an das nationale Referenzzentrum für neu auftretende Virusinfektionen (CRIVE) gesandt. (Versand in Kategorie B UN3373, Verpackung P650). Bestätigungsanalysen werden als Kategorie A (UN 2814, Verpackung P620) mit bewilligten Transportfirmen (z. B. World Courier oder NV Logistics) versendet. Die Transportkosten gehen zulasten des Absenders. ▲ Affenpocken gelten als aussergewöhnlicher Befund und sind damit meldepflichtig, per Telefon innerhalb von 2 Stunden an den zuständigen Kantonsarzt sowie das BAG. Dafür ist beim BAG während der Bürozeiten die Telefonnummer 058-463 87 06 reserviert und ausserhalb der Bürozeiten die Nummer 058-463 87 37 (ausschliesslich für Meldungen innerhalb von 2 Stunden).
Wie schwer verläuft die Erkrankung? Bei den meisten Menschen sind Affenpocken eine selbstlimitierende Erkrankung, die etwa 2 bis 4 Wochen dauert und mit vollständiger Genesung verbunden ist (1). Schwere Verläufe wurden bei Kindern und immungeschwächten Personen beobachtet. Zu potenziellen Komplikationen gehören Sekundärinfektionen, Bronchopneumonie, Sepsis, Enzephalitis und Hornhautinfektionen mit anschliessendem Sehverlust. Informationen über asymptomatische Infektionen liegen nicht vor (2).
Wie werden Affenpocken übertragen? Das Affenpockenvirus wird durch den Kontakt mit einem infizierten Tier oder Menschen oder durch mit dem Virus kontaminiertes Material auf den Menschen übertragen. Der Erreger gelangt über verletzte Haut, die Atemwege oder die Schleimhäute in den Körper. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 6 bis 16 Tage, kann aber auch zwischen 5 und 21 Tagen liegen (1).
Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr? Affenpocken werden nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen. Im Rahmen des aktuellen Ausbruchs sind überwiegend Männer, die Sex mit Männern haben, an Affenpocken erkrankt. Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) erachtet das Gesamtrisiko für Personen mit mehreren Sexualpartnern als mässig und für die Allgemeinbevölkerung als gering (3).
Gibt es eine Impfung? Derzeit gibt es keinen spezifischen Impfstoff gegen Affenpocken. Die Pockenimpfstoffe der 1. und 2. Generation, die in der Schweiz im Rahmen des Programms zur Ausrottung der Pocken bis 1972 appliziert wurden, verleihen einen wirksamen Schutz. In Europa ist ein Pockenimpfstoff der 3. Generation (MVA-BN/Imvanex) für Erwachsene verfügbar, der auch einen guten Schutz gegen Affenpocken bietet. In der Schweiz ist dieser Impfstoff jedoch nicht zugelassen (1, 4).
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BERICHT
Abbildung 1: Entwicklungsstadien der Affenpocken. (Quelle: Wikipedia/ Dr. O. O. Afuye)
Wie werden Affenpocken behandelt?
Die Behandlung erfolgt derzeit in erster Linie symptomatisch
und supportiv. Wichtig ist dabei die Prävention bakterieller
Sekundärinfektionen. In der EU wurde das zur Behandlung
von Orthopockenvirus-Infektionen entwickelte Arzneimittel
Tecovirimat kürzlich auch zur Behandlung der Affenpocken
zugelassen. In der Schweiz ist dieses Medikament nicht ver-
fügbar (1, 4).
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Petra Stölting
Weitere Empfehlungen des BAG
▲ Eine Isolation der positiven Person zu Hause ist angezeigt, bis die Hauteffloreszenzen verkrustet sind.
▲ Contact Tracing: Identifizierung der Kontaktfälle (contact tracing) und der wahrscheinlichen Infektionsquelle (backward tracing).
▲ Als enge Kontakte gelten Personen, die im selben Haushalt leben, Gesundheitspersonal mit direktem Kontakt ohne Schutzausrüstung, langer und enger Kontakt, während die Person symptomatisch ist (und bis zu dem Zeitpunkt, an dem die letzten Bläschen zu Krusten geworden sind).
▲ Weder das ECDC noch die WHO empfehlen, Kontaktpersonen unter Quarantäne zu stellen. Eine engmaschige klinische Überwachung ist notwendig.
▲ Empfehlungen für Schutzmassnahmen für das Gesundheitspersonal finden Sie bei www.swsissnoso.ch/ forschung-entwicklung/aktuelle-Ereignisse
Quelle: nach BAG (5)
Quellen: Die verlinkten Quellen zum Beitrag finden Sie online unter www.docinisde.ch
1. ECDC: Factsheet for health professinals on monkey pox 2. WHO: Monkeypox 3. ECDC: Risk assessment – Monkeypox multi-country outbreak 4. BAG: Affenpocken 5. BAG: Affenpocken (Orthopoxvirus) – das Wichtigste in Kürze
Abbildung 2: Karte der globalen Verbreitung des Affenpockenvirus, Mai 2022. (Quelle: Wikipedia/ArcMachaon)
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