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BERICHT
Benigne gastroösophageale Erkrankungen
Objektivieren kann sich lohnen
Foto: zVg
Bei gutartigen gastroösophagealen Krankheiten wie ösophagealen Motilitätsstörungen und der gastroösophagealen Refluxkrankheit gelingt es nicht immer, anamnestisch die Ursache für die Symptome zu finden. Eine verbesserte Diagnosetechnik ermöglicht es, bei unklaren Fällen oder ausbleibendem Therapieerfolg die Diagnose zu überprüfen und eventuell neu zu stellen. Wie bei diesen Erkrankungen vorgegangen werden kann, erklärte Prof. Mark Fox, Klinik Arlesheim und Spital Dornach, am FOMF Allgemeine Innere Medizin in Basel.
Wenn die Funktion der Speiseröhre gestört ist,
kann sich das mit Symptomen wie Schluck-
beschwerden, gastroösophagealem Reflux,
Regurgitation, Aspiration oder atypischen
Symptomen wie beispielsweise retrosternalen
Schmerzen und Globusgefühl zeigen. Bei der
Anamnese ist es aber zunächst wichtig, Alarm-
symptome von schweren Erkrankungen auszu-
schliessen (Kasten). Bei Patienten > 45 Jahre
Prof. Mark Fox
mit neu aufgetretenen Beschwerden empfiehlt es sich, in jedem Fall eine Endoskopie durchzu-
führen, denn die Symptome sind weder sensitiv noch spezi-
fisch. Häufig treten mehrere Symptome auf. Das können
nicht nur Refluxbeschwerden sein, sondern zum Beispiel
auch Blähungen und Verstopfung, vor allem bei Patienten
mit funktionellen Beschwerden. Je nach Schwere der Sym-
ptome können Angst und Somatisierung mitspielen. In sol-
chen unklaren Fällen reiche die Anamnese für eine Diagnose
nicht aus, so Fox.
Bildgebung zur Ursachenfindung
Für den Ausschluss von Neoplasien, Entzündungen oder strukturellen Veränderungen wie zum Beispiel Hernien besteht der nächste Schritt aus der bildgebenden Diagnostik mit Endoskopie und gegebenenfalls Radiologie. Damit können
MERKSÄTZE
� Physiologische Messungen ermöglichen eine objektive Diagnose von ösophagealen Motilitätsstörungen und Refluxerkrankungen.
� Bei erfolgloser PPI-Therapie einer Refluxerkrankung müssen Compliance und Diagnose überprüft werden.
� Therapeutische Möglichkeiten bei einer EoE sind Diät, «drugs» und Dilatation.
schwere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Zeigen die initialen Untersuchungen keine Probleme, ist eine Überweisung an das Funktionslabor erforderlich, um pathologische Mechanismen zu identifizieren und die Ursache der Speiseröhrensymptome zu klären, was eine gezielte Therapie ermöglicht. Mit der hochauflösenden Manometrie (Abbildung) können ösophageale Motilitätsstörungen laut Fox mit hoher Sensitivität entdeckt werden. Heutzutage schlucken die Patienten dabei nicht nur flüssige, sondern auch feste Boli in aufrechter und liegender Position, was in vielen Fällen eine Auslösung der Symptome provoziert. So kann erfasst werden, ob die Funktion der glatten Muskulatur (Achalasie) oder der ösophageale gastrische Übergang (EGJ-Obstruktion) gestört ist. Letzteres wurde mit nur Wasserschlucken bei der Manometrie häufig verpasst. Es können sich aber auch peristaltische Störungen zeigen, wie zum Beispiel eine ausbleibende Peristaltik, distale Spasmen, eine Hyperkontraktilität oder eine ineffektive Motilität, was bei > 70 Prozent der schwachen oder fehlenden Kontraktionen der Fall ist. Ein weiterer Fortschritt ist die Kombination der hochauflösenden Manometrie mit der Impedanzmessung, was die Beobachtung der Boluspassage in Echtzeit ohne Radiologie ermöglicht.
Therapie der Achalasie, Spasmen und EGJ-Obstruktion
Die Behandlung der Achalasie und der EGJ-Obstruktion besteht aus der Ösophagusdilatation oder der laparoskopischen Myotomie, wovon jedoch Patienten mit zusätzlichen Spasmen und Schmerzen laut Fox nicht immer vollständig profitieren. Bei diesen Patienten besteht die Möglichkeit, eine perorale endoskopische Myotomie durchzuführen. Bei der Achalasie weist diese Methode die gleich hohen Erfolgsraten auf wie die laparoskopische Myotomie (1). Bei übergewichtigen Patienten kommt es allerdings häufig zu postoperativem Reflux, was eine Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern (PPI) notwendig machen kann.
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Abbildung: Patienten mit Dysphagie ausschliesslich mit fester Nahrung: In der hochauflösenden Manometrie war die ösophageale Motilität beim Schlucken von Wasser unauffällig. Im Gegensatz dazu war während der Testmahlzeit eine symptomatische Obstruktion am ösophagogastralen Übergang offensichtlich (in diesem Fall war die Ursache eine okkulte Striktur bei eosinophiler Ösophagitis). Prospektive Studien haben gezeigt, dass die Verwendung einer Testmahlzeit die Sensitivität für klinisch relevante Motilitätsstörungen verdoppelt (Bild: M. Fox).
Während eine Achalasie eher selten vorkommt, ist die EGJ-Obstruktion häufiger. Diese Störung hat oft eine strukturelle Ursache bariatrischen Patienten, bei peptischen Stenosen, eosinophiler Ösophagitis, und ist manchmal tumorbedingt. Zur Behandlung der EGJ-Obstruktion steht die Dilatation zur Verfügung. Bei Patienten mit Spasmen oder einem hyperkontraktilen Ösophagus kann auch eine Botoxinjektion den Kontraktionsdruck und die Symptome reduzieren (2, 3). Alternativ komme hier die perorale endoskopische Myotomie zur Anwendung, wenn die erstgenannten Verfahren nicht zum Erfolg führten, so Fox. Ein Phänomen, das erst in den letzten Jahren erkannt wurde, ist die opioidinduzierte ösophageale Motilitätsstörung. Das Risiko für Spasmen und Achalasie steigt mit Dauer und Dosis der Opioideinnahme, die Inzidenz ist bei Patienten mit Opioiddauertherapie (z. B. bei Krebspatienten) höher als in der Normalbevölkerung. Diese Störung spricht auf die konventionellen Therapien weniger gut an. Sie ist aber mit Opioidantagonisten potenziell reversibel (4).
Symptome bei manchen Patienten persistieren. Ist eine PPI-Langzeittherapie notwendig, ist zu bedenken, dass eine konstante pH-Verringerung im Magen die bakterizide Wirkung der Magensäure reduziert, was eine Infektion mit Clostridium difficile und anderen Darmkeimen begünstigen kann. Es ist immer noch nicht klar, ob die Einnahme von PPI über Jahre das Risiko von Osteoporose und Knochenbrüchen erhöht. Vitamin-D- und Kalziumsupplemente können sinnvoll sein, insbesondere wenn andere Risikofaktoren vorliegen. Dagegen konnte klar belegt werden, dass unter einer PPI-Langzeittherapie das Risiko für kardiovaskuläre und andere Erkrankungen nicht ansteigt (6). Eine gute Alternative zur Reflux- und Säurehemmung bei Patienten mit intermittierenden Symptomen oder anhaltenden Refluxbeschwerden unter PPI-Therapie ist die Behandlung mit Alginatpräparaten. Alginate errichten eine Barriere zwischen Mageninhalt und Speiseröhre und verhindern so den Reflux (z. B. Gaviscon®). Bei Dyspepsie seien sie ebenfalls hilfreich, so Fox.
Refluxerkrankungen häufig
Reflux bezeichnet den Rückfluss von Mageninhalt in den Ösophagus. Erreicht der Mageninhalt den Rachenraum, ist von Regurgitation die Rede. Eine gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) entwickelt sich, wenn der Reflux zu Schleimhautschäden oder zu Beschwerden wie Magenbrennen oder saurem Aufstossen führt. Die Diagnose erfolgt endoskopisch. Die Prävalenz eines Barrett-Ösophagus beträgt 1 bis 2 Prozent, das Krebsrisiko dieser prämalignen Form ist aber geringer als bisher angenommen (ca. 0,1%/Patientenjahr). Dennoch kann durch eine hoch dosierte Säurehemmung (z. B. mit Esomeprazol 20–40 mg 2-mal/Tag) plus Acetylsalicylsäure (300 mg/Tag) eine Reduktion des Risikos für ein Barrett-Karzinom von > 50 Prozent erreicht werden, wie eine grosse randomisierte Studie mit einer 9-jährigen Follow-up-Dauer zeigte (5). Trotzdem, vor allem beim Long-Segment-Barrett-Ösophagus, sollten sicherheitshalber alle 2 bis 3 Jahre endoskopische Kontrollen durchgeführt werden, empfiehlt Fox. In der Regel heilt eine Refluxösophagitis unter einer 4- bis maximal 8-wöchigen PPI-Therapie gut ab, doch können die
Vorgehen bei Nichtansprechen
Spricht ein Patient mit GERD auf eine 8-wöchige PPI-Therapie nicht an, empfiehlt es sich, verschiedene Punkte zu prüfen (7). Als Erstes sind Compliance und insbesondere die Einnahmezeit zu überprüfen (30 Minuten vor der Hauptmahlzeit). Denn für eine optimale Wirkung des PPI muss der Wirkstoff bereits im Plasma sein, wenn die Protonenpumpen mahlzeitengetriggert aktiv werden. Ein zweiter Punkt betrifft die Diagnose: Können die Symptome auch Begleiterscheinungen von anderen somatischen oder psychiatrischen Erkrankungen sein? Ist das nicht der Fall, kann ein Wechsel auf einen anderen PPI oder eine Dosiserhöhung etwas bringen, eventuell in Ergänzung mit Alginaten oder H2-Blockern. Bleiben diese Massnahmen ohne Erfolg, müssen gemäss den neuen klinischen Guidelines des American College of Gastroenterology (ACG) die Beschwerden mittels Endoskopie, Manometrie und 24-Stunden-Impedanz-pH-Metrie, Letztere laut Fox neuerdings auch kabellos, objektiviert werden. Bestätigt sich die GERD-Diagnose, soll nach der PPI-Optimierung und dem Alginatzusatz eine Anti-Reflux-Chirurgie in Erwägung gezogen werden. Beispielsweise kann eine Sa-
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nierung einer Hiatushernie die stabile EGJ-Refluxbarriere wiederherstellen. Die sorgfältige Patientenwahl für den Eingriff sei für den Erfolg jedoch entscheidend, betont Fox. Zeigen sich Symptome trotz normaler Säureexposition und normaler Anzahl Refluxepisoden, kann ein «hypersensitiver Ösophagus» der Grund sein. Hier sind Alginate oder niedrig dosierte Antidepressiva eine Option. Findet sich kein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Refluxproblematik, ist die PPI-Therapie zu stoppen und die Behandlung einer Motilitätsstörung, einer kardiologischen, pneumologischen oder psychiatrischen Erkrankung in Erwägung zu ziehen, und es muss eventuell noch weitere Diagnostik betrieben werden.
Eosinophile Ösophagitis breitet sich aus
Bei Patienten mit eosinophiler Ösophagitis (EoE) treten GERD wie auch atopische Zustände wie Asthma und Rhinitis gehäuft auf. Allergische Reaktionen auf Nahrungsmittelantigene und saurer Reflux führen zu einer Eosinophilie. Die antigenvermittelte Schleimhautentzündung verursacht in der Folge eine mukosale Fibrose, was die Ursache für die Funktionsstörungen und Symptome darstellt. Die Inzidenz und die Prävalenz dieser chronisch entzündlichen Erkrankung sind steigend, eine kürzliche Schätzung geht von 30 Fällen pro 100 000 Einwohner aus (8).
Kasten:
Gastroösophageale Symptomatik: Alarmsymptome für schwere Erkrankungen
▲ Dysphagie ▲ rezidivierende Regurgitation ▲ Erbrechen ▲ Gewichtsverlust ▲ Hinweise auf gastrointestinale Blutungen ▲ neue dyspeptische Beschwerden im Alter > 45 Jahre
Die Behandlung stützt sich auf 3 Pfeiler: Diät, «drugs»
(Pharmakotherapie) und Dilatation. Mit der Eliminations-
diät werden 6 Nahrungsmittel weggelassen: Milch, Weizen,
Soja, Ei, Erdnüsse und Muscheln. Diese Diät ist anspruchs-
voll, kann aber laut Fox gleich effizient sein wie eine Steroid-
therapie.
Mit der Pharmakotherapie werden bei Anzeichen einer
GERD mit geringer Eosinophilie häufig zuerst Säurehemmer
eingesetzt. Bei einer «klassischen» EoE ist dagegen eine Ste-
roidtherapie mit niedrig dosiertem topischen Budesonid
(z. B. Jorveza®) zur Induktions- und Erhaltungstherapie an-
gezeigt. Bei Patienten mit fibroinflammatorischer Stenose,
die nicht auf Steroide ansprechen, kann eine Dilatation die
Lösung sein (8), die aber je nachdem wiederholt werden
muss.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Behandlung wichtiger, gutartiger gastroösophagealer Krankheiten – ein Update», FOMF Allgemeine Innere Medizin, 25. bis 29. Januar, in Basel.
Referenzen: 1. Werner YB et al.: Endoscopic or surgical myotomy in patients with idio-
pathic achalasia. N Engl J Med. 2019;381(23):2219-2229. doi:10.1056/ NEJMoa1905380 2. Vanuytsel Tim et al.: Botulinum toxin reduces dysphagia in patients with nonachalasia primary esophageal motility disorders. Clinical Gastroenterology and Hepatology. 2013:11:1115-1121. 3. Marjoux S et al.: Botulinum toxin injection for hypercontractile or spastic esophageal motility disorders: may high-resolution manometry help to select cases? Dis Esophagus. 2015;28(8):735-741. doi:10.1111/dote.12282 4. Biechele J et al.: A patient with metastatic lung cancer and dysphagia. Gastroenterology. 2020;158(3):485-487. doi:10.1053/j.gastro.2019.10.047 5. Jankowski JAZ et al.: Esomeprazole and aspirin in Barrett’s oesophagus (AspECT): a randomised factorial trial (published correction appears in Lancet. 2018 Dec 15;392[10164]:2552). Lancet. 2018;392(10145):400-408. doi:10.1016/S0140-6736(18)31388-6 6. Moayyedi P et al.: Safety of proton pump inhibitors based on a large, multiyear, randomized trial of patients receiving rivaroxaban or aspirin. Gastroenterology. 2019;157(3):682-691.e2. doi:10.1053/j.gastro.2019.05.056 7. Katz PO et al.: ACG clinical guideline for the diagnosis and management of gastroesophageal reflux disease. Am J Gastroenterol. 2022;117(1):2756. doi:10.14309/ajg.0000000000001538 8. Biedermann L et al.: Eosinophilic esophagitis-established facts and new horizons. Semin Immunopathol. 2021;43(3):319-335. doi:10.1007/ s00281-021-00855-y
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