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BERICHT
Wundversorgung in der Hausarztpraxis
Tipps und Tricks für eine gute Wundheilung
Foto: zVg
Für eine gute Wundheilung ist neben einer guten chirurgischen Säuberung die Wahl der Desinfizienzien und der Wundauflage essenziell. Ebenso wichtig bei chronischen Wunden ist jedoch der regelmässige Fibrinabtrag. Was sich wofür eignet und worauf zu achten ist, darüber berichtete Dr. Kerstin Ott, niedergelassene Chirurgin, Medicinum Zug, am FOMF Allgemeine Innere Medizin Update Refresher in Basel.
Akute Wunden entstehen häufig durch Schnitte,
Stiche, Verbrennung, Bisse oder Entzündung.
Erste Priorität hat die Desinfektion. Auf
Schleimhäuten, offenen Wunden und im Ge-
sicht eignet sich laut Ott ein Desinfiziens auf
wässriger Basis (Octenisept®). In Wundhöhlen
und Fistelgängen soll es aber, so der Tipp der
Chirurgin, nur eingebracht werden, wenn es
danach mit Kochsalzlösung wieder ausgespült
Dr. med. Kerstin Ott
werden kann, da es sonst in der Tiefe zu einer Nekrosebildung kommen kann. Ebenfalls für
die Wunddesinfektion eignen sich hypochloride
Lösungen (z. B. Microdacyn®, Granudacyn®, Actimaris®).
Microdacyn® beispielsweise induziert gleichzeitig einen Sti-
mulus auf die Wundheilung, ist reizlos, nicht allergen und
tötet sowohl Bakterien, Viren und Pilze als auch Sporen ab.
Bei verschmutzten und kontaminierten Wunden wie bei-
spielsweise Bisswunden eignen sich Desinfizienzien auf Iod-
basis (z. B. Betadine®), Abszesshöhlen können damit eben-
falls gespült werden. Damit das Desinfizienz nicht so stark
brenne, könne es verdünnt werden, so Ott. Desinfektions-
mittel auf alkoholischer Basis (z. B. Betaseptic®, Kodan®)
sind für die Hautdesinfektion sehr gut geeignet, beispiels-
weise für die Desinfektion von Nähten. Dabei sei eine Wisch-
desinfektion effizienter als eine Sprühdesinfektion, sagte die
Chirurgin aus Erfahrung. Bei geruchsintensiven Wunden
können Silberpräparate oder Medizinalhonig den Geruch
neutralisieren beziehungsweise binden, sie sind beide bakte-
rizid und induzieren keine Resistenzen. Honig fördert zudem
die Wundheilung.
Als Wundverschlüsse eignen sich Folienverbände, mit denen
die Patienten auch duschen können, und Alginat zur Blut-
stillung. Bei antikoagulierten Patienten sei Kleinchirurgie
meist unproblematisch, doch empfiehlt die Expertin, Algi-
nate als Grundverband zu verwenden.
Nach Entfernung des Nahtmaterials (Gesicht: 5 Tage; Hals,
Hände: 10 Tage; Rumpf, Extremitäten: 14 Tage; Amputa-
tionsstumpf: bis 21 Tage) kann mit einer Narbentherapie als
Nachbehandlung der Wunde das ästhetische Ergebnis weiter
verbessert werden. Dazu eignen sich laut der Expertin Cremes
wie Ialugen® oder Keli-med®. Gorgonium®-Salbe dagegen
sollte erst 3 Wochen nach dem Eingriff aufgetragen werden, weil es eine starke Aktivierung induziert und zu einem Aufbau des epithelialen Gewebes führt. Silikonpflaster (z. B . Mepiform®) eignen sich ebenfalls zur Narbentherapie, sie können mehrfach angewendet werden, beispielsweise zum Duschen abgenommen und danach wieder aufgeklebt werden.
Versorgung von chronischen Wunden
Chronische Wunden sind Wunden, die über 3 Monate persistieren. Häufigste Ursache von Ulzera ist in der Schweiz die arterielle Verschlusskrankheit. Zur Wundbettvorbereitung ist das Débridement von abgestorbenem und infiziertem Gewebe wie auch die Entfernung von Fibrinbelägen essenziell, um die Wundheilung nicht zu stören und die Durchblutung anzuregen. Zur Lokalanästhesie kann Xylocain-Gel 1% aufgetragen werden oder ein mit einem Lokalanästhetikum getränkter Tupfer, die Einwirkzeit beträgt etwa 15 Minuten. Der Fibrinbelag kann anschliessend sowohl mit einer Kürette als auch mit Schwämmen zum Debridieren oder mit einer kochsalzgetränkten Gazekompresse abgetragen werden. Anschliessend wird die Wunde mit einem feuchten Wundverband wieder verschlossen, um möglichst physiologische Verhältnisse herzustellen. Der Fibrinbelag sollte bei unproblematischen Wunden im Abstand von 5 bis 7 Tagen entfernt werden. Wird er dagegen belassen, kann sich nach der Bildung und dem Abfallen des Schorfs die Wunde im Bereich des Wundrands kontrahieren, was die Wundheilung schmerzhaft macht. Ein persitierender Wundschmerz stört die Wundheilung nachhaltig. Deshalb sei es wichtig, den Schmerz zu erfragen und ihn zu behandeln, wie die Chirurgin betonte.
Wundrand feucht halten
Der Wundrand muss laut Empfehlung der Expertin regelmässig kontrolliert, Hyperkeratosen müssen abgetragen und eine Mazeration muss vermieden werden, so Otts Empfehlung. Das hält den Stimulus für die Epithelisierung vom Wundrand ausgehend intakt. Die verwendete Wundauflage soll einerseits die Wunde austamponieren und andererseits Kontakt mit dem Wundrand haben, damit dieser feucht
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Venöses Ulkus (Foto: K. Ott)
Débridement mit der Ringkürette (Foto: K. Ott) bleibt und die Epithelisierung ungestört ablaufen kann. Das Prinzip von Wundauflagen ist die vertikale Flüssigkeitsabsorption. Im Gegensatz zu Gazekompressen bleiben bei modernen Wundauflagen wie beispielsweise Polyurethanschaumstoffen oder Alginaten das Exsudat inklusive Debris
und Bakterien innerhalb der Auflage und gelangen nicht
mehr in die Wunde zurück. Ausserdem sind sie für Bakterien
von aussen undurchlässig, sie sind atmungsaktiv und bieten
eine thermische Isolation.
Bei Vorliegen einer venösen Grunderkrankung ist zusätzlich
eine adjuvante Kompressionstherapie erforderlich. Beim An-
legen des Kompressionsverbands über die Wundauflage ist
auf eine vom Fuss her aufsteigende Bandagierung zu achten.
Denn bei zirkulären Bandagen auf der Höhe der Wunde kann
es zu Einschnürung mit «Stempeldruck» und Ödembildung
kommen.
Wenn nicht sicher ist, ob eine Kompressionstherapie möglich
ist, kann der Ankle-Brachial-Index (ABI) bestimmt werden.
Während ein ABI-Wert zwischen 0,9 und 1,3 normal ist,
können Werte > 1,3 einen Hinweis auf nicht komprimierbare
Arterien wie beispielsweise bei Patienten mit Typ-2-Diabetes
und einer Mediasklerose geben. Patienten mit Werten < 0,9 haben dagegen meist eine periphere arterielle Verschluss- krankheit (1), sie brauchen eher eine Intervention denn eine Kompression. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes muss auch die Fusssohle kontrolliert werden, denn bei fortgeschrittener Neuropathie spüren die Patienten die Wunde möglicherweise nicht. Regel- mässige Podologie und orthopädisches Schuhwerk können helfen, die Entstehung von Wunden zu verhindern. Bei be- reits vorhandenen Wunden sorgt eine Druckentlastung mit- tels Orthese dafür, dass die Patienten dennoch gehen können. Eine Nachkontrolle soll beim ersten Verband spätestens nach 24 Stunden erfolgen, um sicherzustellen, dass weder eine In- fektion noch eine allergische Reaktion oder Schmerzen be- stehen. Bei einer infektiösen Besiedlung braucht es neben einer systemischen Antibiose auch ein Débridement des nekrotischen Gewebes, um die Entstehung eines Biofilms zu verhindern. s Valérie Herzog Quelle: «Wundversorgung», FOMF Allgemeine Innere Medizin, 25. bis 29. Januar, in Basel. 1. S3-Leitlinie periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. 2015. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ ll/065-003.html. Letzter Abruf: 1.2.22. 178 ARS MEDICI 6 | 2022