Transkript
FORTBILDUNG
Topische Aknetherapie
Gute Ergebnisse durch frühen Einsatz von Retinoiden
Ein grosser Teil der Aknepatienten entwickelt atrophe Narben, die durch die chronische Entzündung entstehen können. Daher gilt es, frühzeitig die Entzündungskaskade zu stoppen. Topische Präparate auf der Basis von Retinoiden haben sich in puncto Narbenprävention gut bewährt.
Markus Reinholz
Bei der Akne handelt es sich um eine chronische Erkrankung, welche mit persistierenden Entzündungsreaktionen einhergeht. Diese können in jedem Stadium der Akne auftreten – vom initialen, nicht sichtbaren Mikrokomedo bis hin zur Narbe (1). Eine wichtige Rolle bei den Entzündungsprozessen spielt die Stimulation durch Cutibacterium acnes. Die Kaskade der chronischen Entzündung führt zu einer gestörten Kollagenremodellierung und damit zu einer dauerhaften Veränderung der Hautstruktur – Narben als Folge der Akneerkrankung sind keine Seltenheit.
«Hit hard and early»
Rund 43 Prozent der Aknepatienten entwickeln Narben als Folge der chronischen Entzündungserkrankung der Haut (2). Einen Grossteil hiervon stellen die atrophen Narben dar (3, 4). Entscheidende pathophysiologische Merkmale der atrophen Aknenarben sind die persistierende Entzündung und eine abnormale Kollagenremodellierung (5, 6). Bis zu 99 Prozent der Aknenarben stammen von entzündlichen Läsionen und postinflammatorischen Erythemen (5, 7, 8). Um das Risiko für eine Narbenbildung zu reduzieren, gilt «hit hard and early», sprich: möglichst früh und effektiv in die inflammatorischen Prozesse einzugreifen. Als wirkungsvolle antientzündliche Behandlungsoption bewähren sich
MERKSÄTZE
� Rund 43 Prozent der Aknepatienten entwickeln Narben als Folge der chronischen Entzündungserkrankung der Haut.
� Um das Risiko für die Narbenbildung zu reduzieren, gilt es, möglichst früh und effektiv in die inflammatorischen Prozesse einzugreifen.
� Als wirkungsvolle antientzündliche Behandlungsoption bewähren sich bei der Acne vulgaris topische Retinoide.
bei der Acne vulgaris topische Retinoide. Sie modulieren die zelluläre Proliferation und Differenzierung, die Immunmodulation und in systemischer Form auch die Sebumproduktion (9). In der europäischen S3-Leitlinie wird die Kombination mit Benzoylperoxid (BPO) und Adapalen (ADA) für die topische Behandlung als Mittel der Wahl vor Tretinoin und Isotretinoin empfohlen (10). Die antientzündliche Wirksamkeit der Fixkombination aus 0,3 Prozent ADA und 2,5 Prozent BPO (Epiduo® Forte) wurde in der OSCAR-Studie eindrücklich gezeigt: Entzündliche Läsionen reduzierten sich innerhalb von 24 Wochen um 87 Prozent, wobei ein früher Behandlungseffekt bereits nach 1 Woche sichtbar war (11).
Wirksam bei Aknenarben
Das topische Retinoid ADA weist eine starke antientzündliche Potenz auf, indem es unter anderem die Bildung von TLR-2 (toll-like receptor 2) hemmt. Des Weiteren können sich Retinoide stimulierend auf die Kollagenneogenese auswirken: ADA hat in Studien gezeigt, dass es die Kollagenneogenese anstossen und somit das Kollagenremodelling fördern kann (12). Retinoide haben aufgrund dieser Eigenschaft einen hohen Stellenwert sowohl in der topischen als auch in der systemischen Therapie. In der OSCAR-Studie konnte ein sichtbarer Effekt bei der Reduktion vorhandener atropher Narben durch die Behandlung mit Epiduo® Forte bei Patienten mit mittelschwerer Akne gezeigt werden (11). Bereits nach 24 Wochen war ein Effekt erkennbar. Zum Ende des Untersuchungszeitraums konnten 15,5 Prozent weniger Narben im Gegensatz zum Vehikel (Anstieg atropher Narben von 14,4 %) verzeichnet werden. Ein Grossteil dieser atrophen Aknenarben hatte einen Durchmesser von 2 bis 4 mm.
Alle betroffenen Körperareale langfristig behandeln
Die chronische Erkrankung Akne tritt mit einer Prävalenz von 92 Prozent im Gesicht, 61 Prozent auf dem Rücken und
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45 Prozent auf der Brust auf (Abbildung) (13). Jeder zweite Patient mit einer Gesichtsakne weist gleichzeitig eine Beteiligung des Körperstamms auf (13). Aufgrund der grösseren Fläche und des geringen Therapieangebots wird die Behandlung der Stammakne als schwierig eingeschätzt (14, 15). Zukünftig wird ein neues topisches Retinoid das therapeutische Spektrum bei Patienten mit mittelschwerer Gesichtsund Stammakne erweitern. Mit dem innovativen Wirkstoff Trifaroten 0,005 Prozent steht hierfür zukünftig eine weitere topische Behandlungsoption zur Verfügung.
Abbildung: Prävalenz von Akne auf verschiedenen Körperarealen (© Tan J et al. [13])
Selektiver Wirkansatz als effektive Behandlungsoption
Das Retinoid der 4. Generation zielt selektiv auf den Retinolrezeptor γ (RAR-γ) ab. Laut Untersuchungen führt die RAR-γ-Aktivierung zu einer Stimulation von Genen, welche die Hyperkeratinisierung und die Keratinozytendifferenzierung kontrollieren (16). Der neue Wirkstoff weist eine sehr geringe Absorption ohne Akkumulation oder zirkulierende Metabolite auf und bietet sich deshalb als topische Therapie auch für grosse Körperareale bei Patienten mit mittelschwerer papulopustulöser Akne an. Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit wurden bei einem Kollektiv von fast 2800 Aknepatienten bestätigt. Neben der Reduktion entzündlicher Läsionen im Gesicht (–66%) und am Körperstamm (–65%) nach 12 Wochen Therapie erreichten in einer Langzeituntersuchung über 52 Wochen fast zwei Drittel der Patienten einen aknefreien beziehungsweise fast aknefreien Hautbefund (17, 18). Hautreaktionen, wie unter Retinoiden bekannt, waren eher mild ausgeprägt. In der Langzeituntersuchung waren 87 Prozent der Patienten frei von Hautreaktionen unter Therapie.
Interessenlage: keine Angaben
Dieser Artikel erschien zuerst in «DERMAforum» 3/2021. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.
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PD Dr. Markus Reinholz Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Frauenlobstr. 9–11 D-80337 München
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