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BERICHT
Allergieprävention und Hautpflege
Richtige Hautpflege bei Säuglingen kann Nahrungsmittelallergien verhindern
Allergien entstehen auf der Haut und durch die Haut. Vor allem wenn die Barrierefunktion gestört ist, können Allergene eindringen und immunologische Reaktionen auslösen – das betrifft auch Nahrungsmittelallergene, deren Sensibilisierung über die Haut erfolgen kann. Therapeutisch heisst das, die Hautbarriere der Babys durch gute Pflege zu stärken. Doch auch hier kommt es auf die Dosis an: Allzu viel ist kontraproduktiv!
Eine gesunde Hautbarriere ist wichtig – besonders bei Säuglingen. Schliesslich schützt sie uns unter anderem vor Bakterien, Pilzen und Allergenen, wie Professor Dr. Helen Brough aus London (GB) erinnerte. Wie sie beim Kongress der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) erläuterte, kann diese Barriere durch viele Faktoren gestört werden.
Gene, Detergenzien – Störfaktoren der Hautbarriere
Da sind zum einen genetische Aberrationen, wie beispielsweise bei der Expression des Filaggrin-Gens. Filaggrine helfen dabei, Keratin-Filamente über Disulfidbrücken zu vernetzen, und haben somit strukturbildende Funktionen für die Epidermis. Ebenfalls schaden äussere Einflüsse wie (zu viele) Detergenzien z. B. in Putzmitteln der Barrierefunktion der Haut. Viren, Bakterien (z. B. Staph. aureus) und Pilze können somit eindringen und weiteren Schaden anrichten. Diese Erreger können nicht nur zu akuten Entzündungen führen, sie haben auch langfristig Einfluss auf das Immunsystem – z. B. kann eine atopische Dermatitis (AD) initiiert werden. Und durch die entzündete Haut bei manifester AD können Schadstoffe besonders gut eindringen.
Eintrittspforte für Nahrungsmittelallergene
Noch einer weiteren Noxe wird bei einer gestörten Hautbarriere Tür und Tor geöffnet: den Allergenen. Das betrifft nicht nur Kontakt-, sondern auch Nahrungsmittelallergene, wie Brough betonte. Kurz: eine gestörte Hautbarriere fördert die Sensibilisierung auf Nahrungsmittel schon bei den Jüngsten. Das heisst, dass mit der Sensibilisierung die für Allergien verantwortliche Entzündungskaskade angeschoben wird. Unter andrem resultiert daraus eine Überexpression der Immunglobuline IL-4 und IL-13. Ebenso steigt IL-31, das bei der Juckreiz-Entstehung wichtig ist. Wenn es juckt, kratzt man sich, was seinerseits zu einer erhöhten IL-33-Ausschüttung führt. Steigt IL-33 an, wird auch das intestinale IL-C2s vermehrt exprimiert – möglicherweise stellt dieses Phänomen die Verbindung zwischen atopischer Dermatitis und Nahrungsmittelallergie dar, mutmasste Brough.
Nach Ansicht der Dermatologin sind Nahrungsmittelallergien (food allergy = FA) kein nebensächliches Problem, vielmehr gehören sie heute zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter, die oft ein Leben lang andauern.
Hautbarriere stärken
Daraus folgt, dass möglichst früh den FA vorgebeugt werden sollte. Therapeutisch heisst dies, die Hautbarriere der Babys zu stärken. Das ist vordergründig ein «alter Hut»: schliesslich wird schon seit Jahren empfohlen, die Haut dafür regelmässig einzucremen. Doch so einfach ist es mit der Stärkung der Hautbarriere offensichtlich nicht. Besonders im Hinblick darauf, ob sich dadurch einen Nahrungsmittelallergie verhindern lässt.
Beim Eincremen gilt: Allzu viel kann schädlich sein
Brough berichtete von der EAT-Studie (Enquiring About Tolerance) mit 1303 ausschliesslich gestillten, 3 Monate alten Säuglingen. Die Eltern dokumentierten unter anderem die Häufigkeit, mit der die Kinder eingecremt wurden. Dabei stellte sich eine statistisch signifikante Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der von den Eltern angegebenen Häufigkeit des Eincremens im Alter von 3 Monaten und der späteren Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie heraus: mit 3 Jahren hatten die Kinder, die am häufigsten eingecremt worden waren, auch am häufigsten eine Sensibilisierung auf ein Nahrungsmittelallergen. Bei Kindern, die häufiger als einmal pro Tag gecremt worden waren, hatten gut 30 Prozent eine FA. Wurde nur einmal die Woche gecremt, lag die Allergie-Inzidenz bei etwa 3 Prozent (1).
Vorteile für Trilipid-Creme beim TEWL …
Doch vermutlich ist nicht nur die Frequenz wichtig, es kommt auch darauf an womit gecremt wird. Hierzu erläuterte Brough eine Pilotstudie zur Messung des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL) bei 45 Kindern mit trockener Haut oder AD. Den Probanden im Alter zwischen 3 Monaten und 7 Jahren wurden 5 Wochen lang täglich auf einen Arm eine Creme auf Paraffin-Basis aufgetragen, auf den anderen Arm
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eine Trilipid-Creme (Ceramid, Cholesterin und Fettsäuren). Der Seitenvergleich zeigte, dass der TEWL von etwa 32 Punkten auf etwa 17 unter der Paraffin-Creme sank, mit der Trilipid-Creme aber war der Feuchtigkeitsverlust mit etwa acht Punkten deutlich geringer (2).
… und bei der Prävention von Nahrungsmittelallergien
Diese Dreifachlipidmischung aus Ceramid, Cholesterin und Fettsäuren im Verhältnis 3:1:1. spiegelt den normalen Fettgehalt in der Haut wider und hilft so, eine normale Hautbarriere aufrecht zu erhalten. Wie gut diese Creme allerdings dabei hilft, Allergien vorzubeugen, wollten britische Wissenschaftler in der PEBBLES-Pilotstudie herausfinden. Dabei trat eine atopische Dermatitis bei 16 Prozent der 36 Kinder auf, die gar nicht eingecremt wurden. Bei den 34 Babys, die mit der Trilipid-Creme behandelt worden waren, wurde eine AD nur bei 5 Prozent festgestellt. Im Alter von 12 Monaten wurden die Kinder auf eine Sensibilisierung auf Nahrungsmittelallergene getestet (Prick-Test). Auch hier war die Trilipid-Creme von Vorteil: Insgesamt wurde in der Kontrollgruppe bei 19,4 Prozent eine Nahrungsmittelallergie festgestellt (am häufigsten gegen Hühnerei), in der Verumgruppe nur bei 8,8 Prozent. Diese Ergebnisse werden im Moment in einer grösseren PEBBLES-Studie mit 760 Kindern mit positiver Allergie-Familienanamnese überprüft (3).
«Hit hard and early» beugt Nahrungsmittelallergien vor
Also stärkt eine gute Hautpflege mit dem richtigen Externum offenbar die Hautbarriere und beugt auch der Entwicklung von Nahrungsmittelallergien vor. Doch was tun, wenn die Hautbarriere bereits geschädigt ist, wie es bei Kindern mit manifester AD der Fall ist? Bekanntlich verbessert sich die Barrierefunktion der Haut, wenn die Entzündung zurückgedrängt wird. So könnte eine frühe aggressive Anwendung topischer Kortikosteroide, gefolgt von einer proaktiven Erhaltungstherapie, zur Verkürzung der Ekzemdauer bei Säuglingen führen und die spätere Entwicklung von FA effizienter unterdrücken. Eine Studie aus Tokio versuchte dieses «Hithard-and-early»-Konzept zu verifizieren. In ihrer retrospektiven Kohortenstudie filterten die japanischen Wissenschaftler aus elektronischen Krankenakten die Daten von 177 Säuglingen (≤ 12 Monate) mit AD heraus. Die Kinder konnten anhand des Zeitraums zwischen dem Auftreten des Ekzems und dem Beginn der aggressiven Behandlung mit topischen Kortikosteroiden in eine Gruppe mit frü-
her Behandlung (innerhalb von vier Monaten nach Auftreten des Ekzems) und eine mit verzögerter Behandlung (mehr als vier Monate nach Auftreten des Ekzems) eingeteilt werden. Ausgewertet wurden schliesslich die Datensätze von 142 Kindern – 75 Säuglinge wurden der frühen und 67 Säuglinge der verzögerten Behandlung zugeordnet. Im Alter von zwei Jahren wurden die Kinder auf Nahrungsmittelallergie untersucht. Eine FA lag vor, wenn ein oraler Nahrungsmittel-Provokationstest positiv ausfiel oder eine Anaphylaxie gegenüber einem beliebigen Nahrungsmittel berichtet worden war (4). Von den 75 Säuglingen aus der Gruppe mit früher Behandlung zeigten 19 (25,3%) eine FA. Bei den Säuglingen aus der Gruppe mit verzögerter Behandlung wiesen 31 (46,3%) der 67 eine Sensibilisierung auf ein Nahrungsmittel auf – und damit signifikant mehr (p = 0,01). Spitzenreiter waren hierbei wieder die Reaktionen auf Hühnereiweiss. Daher wurde für dieses Allergen eine Subgruppenanalyse vorgenommen: Dabei zeigte sich, dass selbst bei Säuglingen, die bereits für Hühnereiweiss sensibilisiert waren, 83,8 Prozent der früh behandelten Gruppe keine klinisch manifeste Eiweissallergie entwickelten. Der Unterschied zu der Gruppe mit verzögerter Behandlung betrug 60 Prozent (p = 0,003). Wie Brough betonte, handelt es sich bei den von ihr zitierten Studien in der Mehrzahl um vorläufige Ergebnisse. Doch grössere Studien seien schon auf dem Weg, um diese Ergebnisse sowohl über die Effektivität der Trilipid-Creme zur FA-Prävention als auch für die frühe topische Kortikosteroid-Behandlung bei Säuglingen mit AD zu verifizieren.s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Symposium «Novel pathways for allergy prevention» beim Hybridkogress der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI), 11. Juli 2021 online.
Referenzen: 1. Perkin MR et al.: EAT Study Team. Association of frequent mois-
turizer use in early infancy with the development of food allergy. J Allergy Clin Immunol. 2021;147(3):967-976.e1. 2. Sindher S et al.: Pilot study measuring transepidermal water loss (TEWL) in children suggests trilipid cream is more effective than a paraffin-based emollient, Allergy. 2020;75(10):2662-2664. 3. Lowe AJ et al.: A randomized trial of a barrier lipid replacement strategy for the prevention of atopic dermatitis and allergic sensitization: the PEBBLES pilot study. Br J Dermatol. 2018;178(1):e19e21. 4. Miyaji Y et al.: Earlier aggressive treatment to shorten the duration of eczema in infants resulted in fewer food allergies at 2 years of age, J Allergy Clin Immunol. 2020;8(5):1721-1724.
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