Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Nicht alles, das unwahrscheinlich und «undenkbar» ist, ist unmöglich. Die Älteren haben die Kubakrise erlebt und die Angst vor einem Atomkrieg. Es kam anders, zum Glück. Aber man sollte sich Illusionen ersparen. Nikita Chruschtschow klopfte mit dem Schuh aufs Pult der UN, gab dann aber auf. Putin, von Obama gedemütigt, vergisst nicht. Er ist bald 70. Und er ist keiner, der aufgibt oder es gar erträgt zu verlieren. Sich Sorgen zu machen, ist nicht ganz unberechtigt.
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Immerhin: Herr Putin macht uns aufs Peinlichste deutlich, dass eine Waffe in der Hand ein unschlagbares Argument ist, wenn man selbst mit leeren Händen dasteht. Das mag Pazifisten nicht freuen; schmerzen tut’s aber vor allem die Ukrainer, die nach dem Zerfall der Sowjetunion die drittgrösste Atommacht geworden waren, sich im Budapester Memorandum 1994 jedoch dazu verpflichteten, ihr gesamtes Atomwaffenarsenal freiwillig an Russland abzugeben (was 1996 auch geschah). Gegenleistung war die (vertragliche!) Zusicherung, künftig auf Gewalt gegen das Land zu verzichten. In diesen Tagen lernen die Ukrainer (und wir mit ihnen): Waffen sind stärker als Verträge.
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Auch eine Erkenntnis: Wer zuerst schiesst und danach erst verhandelt, hat einen gewissen Vorteil. Vor allem wenn die Schüsse tödlich waren.
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Die Ostgrenze der Schweiz und die Westgrenze der Ukraine liegen – Luftlinie – gerade mal 1100 km auseinander. Mit einem Militärflugzeug eine knappe Stunde. (Schweizer Antik-Jets brauchen etwas länger.) Für einen Hyperschallbzw. einen sogenannten suborbitalen Stratosphären-Gleitflugkörper eine Frage von wenigen Minuten. Ziemlich nah. Aber wir sind ja neutral. Zudem sitzen in Zug und Genf wichtige russische Firmen. Und hatten wir vor 80 Jahren nicht schon mal Glück?
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Es gab den Problembären JJ1 («Bruno»). Er wurde 2006 der Natur «entnommen». Es gibt in Graubünden und in Deutschland Problemwölfe. In Indien auch Problemtiger und Problemleoparden. Auch sie werden, wenn sie zu viel Vieh oder gar Menschen umbringen, «entnommen». Und es gibt Problempolitiker.
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Warum lügen Politiker? Weil es in der Politik nicht um Wahrheiten, sondern um Mehrheiten geht. (Gregor Gysi)
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«Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.» Der Spruch stimmt und stimmt nicht (wie fast alles …). «Solange gesprochen wird, wird nicht geschossen.» Auch das … Leider gibt es Menschen, die beides gleichzeitig können. «Wer schweigt, stimmt zu.» Sagten die Römer, weil sie – zu Recht – mit der Untätigkeit (und Feigheit) der Schweigenden (Mehrheit) rechneten.
Die tröstliche (oder erschreckende?) Info: Jedes zweite Lebewesen auf der Erde ist ein Parasit.
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Unsere Detailhändler bieten in ihren Regalen gesundes kräftiges Gemüse und wunderschön aussehende Früchte an und daneben beides – etwas teurer – noch «mit einer Extraportion Geschmack». Lustig. Der französische Grossverteiler Carrefour bietet neu nicht nur Früchte und Gemüse, sondern auch soziale Kontakte beim Bezahlen quasi «primagusto» an. «Blablabla caisse» heissen die Kassen mit der «Extraportion Kommunikation», nämlich einem sympathischen Schwatz mit der Kassierin. Und das erstaunlicherweise erst noch zum gleichen Preis.
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Und zum Schluss doch noch einmal Corona: Schweden (zwinkernd) über sich selbst, in Zeiten von bzw. nach Corona: «Wir konnten uns an diesen Sicherheitsabstand von 2 Metern einfach nie gewöhnen. Wir sind froh, dass wir endlich wieder zu unseren gewohnten 4 Metern zurückkehren können.»
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Und das meint Walti: Verzicht ist eine schöne Zier, doch besser geht’s mir ohne ihr.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 5 | 2022