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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Forschung
RNA-Therapien bei Herzinsuffizienz und Organfibrosen
Als Impfstoff haben sich Ribonukleinsäuren (RNA) bereits bewährt, und sie ermöglichen darüber hinaus neue Therapieansätze. So wurde am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin eine RNATherapie gegen Herzinsuffizienz entwickelt, die bereits eine klinische Phase-Ib-Studie durchlaufen hat. Weitere RNA-Therapien gegen Lungenund andere Organfibrosen sind in der Entwicklung. Neben der bekannten mRNA (proteinkodierende Messenger-RNA) gibt es viele verschiedene RNA-Moleküle, die nicht für Proteine kodieren. Früher hielt man sie für Abbauprodukte längerer RNA-Stränge – also für genetischen Müll. «Wir waren vor 15 Jahren eine
der ersten Gruppen weltweit, die untersucht haben, ob die nicht kodierenden RNA wirklich Müll sind», sagte Co-Institutsleiter Prof. Thomas Thum. Mit seinem Team identifizierte er nicht kodierende Mikro-RNA-Fragmente, die an krankhaften Umbauprozessen im Herzgewebe beteiligt waren, zum Beispiel die Mikro-RNA 21. Eine künstliche Anti-Mikro-RNA, die im Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Mikro-RNA 21 bindet und sie damit neutralisiert, war der Durchbruch des neuen Therapieverfahrens. Die Verhärtung von Herzgewebe konnte damit verhindert werden. Anti-Mikro-RNA 21 funktionierte aber auch in anderen Geweben. Mittlerweile wird sie von einem pharmazeutischen Unternehmen in einer
klinischen Phase-II-Studie mit Patienten mit Nierenfibrose getestet. Eine andere Mikro-RNA stimuliert pathologisches Herzwachstum (MikroRNA 132), das letztlich zur Herzinsuffizienz führen kann. Die erste klinische Studie mit Anti-Mikro-RNA 132 mit 28 Herzinsuffizienzpatienten lieferte vielversprechende Resultate. 2022 soll eine europaweite Phase-II-Studie mit 280 Patienten starten. Als Nächstes hat das Team am Fraunhofer-Institut unter anderem die Lungenfibrose im Visier: «Wir hoffen, dass sich diese bislang unheilbare Krankheit mithilfe der RNA-Therapie ursächlich behandeln lässt», so Thum. RBO s
Medienmitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft vom 1. Februar 2022.
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