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BERICHT
SGPP 2021
Tipps für eine erfolgreiche Depressionstherapie
Zu einer funktionierenden Depressionstherapie gehören die richtigen Medikamente sowie die Berücksichtigung der Patientenwünsche. Was dabei auch noch wichtig ist, erklärte der Psychiater Dr. Philipp Eich aus Basel am PSY-Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.
Seit in den 1950er-Jahren als erstes Antidepressivum Imipramin eingesetzt wurde, stand die Entwicklung weiterer Antidepressiva nicht mehr still: Trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva und später SSRI, SNRI, NaSSA und SARI erweiterten die Therapiemöglichkeiten. Seit dem neuen Jahrtausend kamen Escitalopram, Agomelatin, Vortioxetin und Esketamin hinzu. Zahlreiche weitere vielversprechende Substanzen befänden sich in Entwicklung, auch mit dem Ziel, schneller zu wirken als die bis anhin verfügbaren Präparate, wie Dr. Philipp Eich berichtete. Welche Medikamente als Therapie der ersten Wahl in der Depressionsbehandlung infrage kommen, ist in den Therapieempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD) zu finden (1) (Tabelle).
Fallgruben bei der Depressionstherapie
Doch liege es nicht nur an der Wirkgeschwindigkeit, weshalb eine Antidepressivatherapie manchmal fehlschlag. Eine zu hohe Anfangsdosis, eine zu schnelle oder zu langsame Dosistitration und schliesslich eine zu tiefe Erhaltungsdosis könnten ebenfalls Gründe für ein Scheitern sein. Ausserdem sei es bei Patienten mit chronischer Depression schwierig, dem Reflex der pharmakologischen Therapieversuche mit immer neueren und immer besseren Medikamenten zu widerstehen und die psychosoziale Dimension mehr zu berücksichtigen – vor allem bei Patienten, die an somatischen Krankheitshypothesen festhalten und nicht über die psychischen Begleitfaktoren reden wollten. Die therapeutische Beziehung sei aber wichtiger als die Therapiemethode, mahnte der Referent. Im Gegensatz zu früher, als erst die Response und später die Remission das Therapieziel war, ist mit den heutigen pharmakologischen Möglichkeiten die volle Wiederherstellung das Ziel der Behandlung. Wichtig für die Patienten, so Eich aus eigener Erfahrung, seien aber die Vermeidung eines Rückfalls, die Wiedererlangung der Lebensenergie, keine Antriebslosigkeit, keine Ohnmacht oder Unproduktivität mehr, keine An-
hedonie mehr, ein erholsamer Schlaf, normales Funktionieren und eine gute Lebensqualität. Diese Ziele zu erreichen, sei jedoch schwierig, denn die zum Teil hohen Non-ResponseRaten von Antidepressiva, die Residualsymptome, die Wirklatenz, Nebenwirkungen, Interaktionen sowie die Non-Compliance können ein Hindernis auf diesem Weg sein.
Gleiche Wirksamkeit
In einer grossen Netzwerkmetaanalyse mit 21 Antidepressiva,
in der die Wirkung und die Abbruchrate stellvertretend für
Verträglichkeit als primäre Endpunkte definiert waren, zeigte
sich, dass in der Akutbehandlung der schweren bis mittel-
schweren Depression über 8 Wochen alle untersuchten Subs-
tanzen signifikant besser wirkten als Plazebo. Bei der Verträg-
lichkeit schnitten Agomelatin und Fluoxetin signifikant besser
ab als Plazebo. In der Kombination dieser beiden Endpunkte
bringt Vortioxetin die meisten Vorteile. Escitalopram, Amit-
riptylin und Citalopram schnitten ebenfalls gut ab (2), so Eich.
Bei der Präparatewahl sollten nach Ansicht des Referenten
die Wünsche der Patienten wie auch ihre Vorerfahrungen mit
Medikamenten berücksichtigt sowie die Vor- und Nachteile
der geplanten Medikation besprochen werden. Abrupte The-
rapiewechsel seien ausser bei Notfällen möglichst ebenso zu
vermeiden wie Medikationsänderungen an einem Freitag.
Wichtig sei es auch, 2 bis 3 Wochen zuzuwarten, um die
Wirkung zu beurteilen und sich dabei nicht unter Druck set-
zen zu lassen. Und im Fall eines Misserfolgs sollte man sich
eine Alternative überlegt haben, so der Referent abschlies-
send.
s
Valérie Herzog
Quelle: «State of the Art: Depression». PSY-Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP), 25. bis 27. August 2021, virtuell.
Antidepressivatherapie der 1. Wahl gemäss Behandlungsempfehlungen der SGAD (1)
SSRI atypische Antidepressiva Trizyklika andere Wirkprinzipien
Citalopram* (Seropram®, Generika), Escitalopram* (Cipralex®, Generika), Fluoxetin* (Fluctine®, Generika), Fluvoxamin* (Floxyfral®), Paroxetin* (Deroxat®, Generika), Sertralin (Zoloft®, Generika) Mianserin (Tolvon®, Generika), Trazodon (Trittico®, Generika) Amitriptylin* (Saroten®, Generika), Clomipramin* (Anafranil®), Trimipramin* (Surmontil®, Generika) Mirtazapin (Remeron®, Generika), Duloxetin* (Cymbalta®, Generika), Venlafaxin* (Efexor®, Generika), Reboxetin (Edronax®), Moclobemid (Aurorix®, Generika), Agomelatin (Valdoxan®, Generika), Bupropion (Wellbutrin® XR), Hypericum (Hyperiplant® Rx, Rebalance® Rx, Deprivita®), Vortioxetin (Brintellix®)
* 1. Wahl bei schwerer Depression Quelle: mod. nach (1), P. Eich, SGPP-Kongress 2021
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Referenzen: 1. Holsboer-Trachsler E et al.: Die Akutbehandlung depressiver Episoden.
Swiss Medical Forum 2016;16(35):716-724. 2. Cipriani A et al.: Comparative efficacy and acceptability of 21 antidepres-
sant drugs for the acute treatment of adults with major depressive disorder: a systematic review and network meta-analysis. Lancet. 2018;391(10128):1357-1366. doi:10.1016/S0140-6736(17)32802-7
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