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EDITORIAL
Obst und Gemüse sorgen für psychische Gesundheit bei Kindern
Aus dem warmen Bett an den Frühstückstisch – nicht alle Kinder sind begeistert, wenn sie aufstehen müssen, um vor der Schule gemeinsam zu frühstücken. Darauf zu verzichten, spart vielleicht wertvolle Zeit, geht aber, wie englische Forscher zeigen konnten, mit einem geringeren psychischen Wohlbefinden einher (1).
Die Wissenschaftler von der Norwich Medical School befragten für den Norfolk Children and Young People Health and Wellbeing Survey an die 11 000 Schülerinnen und Schüler aus mehr als 50 Schulen in Norfolk, England, hinsichtlich ihrer Ernährung und ihrer psychischen Gesundheit. Eingang in die Analyse fanden schliesslich Daten von rund 7500 Sekundarschülern und mehr als 1200 Primarschülern. Ein Viertel der Sekundarschüler und 28,5 Prozent der Primarschüler berichteten, dass sie auf die empfohlenen 5 Portionen Obst und Gemüse am Tag kommen, ungefähr 10 Prozent der Befragten assen keinerlei Obst und Gemüse.
Mithilfe altersgerechter Skalen erfassten die Forscher das psychische Wohlbefinden. Die Sekundarschüler er-
reichten durchschnittlich 46,6 von 70 möglichen Punkten, die Primarschüler 46 von 60. Ob und wie viel Obst und Gemüse sie assen, korrelierte bei den Sekundarschülern signifikant mit der erzielten Punktzahl: Schon der Verzehr von 1 oder 2 Portionen täglich war mit einem Anstieg um 1,42 Punkte verbunden, 3 oder 4 Portionen mit einem Plus von 2,34 Punkten. Assen sie gar mindestens 5 Portionen Obst und Gemüse pro Tag, erhöhte sich das Ergebnis um 3,73 Punkte. Bestand das Frühstück nur aus einem Snack oder Frühstücksriegeln anstelle von Toast, Porridge, Müsli, Joghurt, Obst usw., senkte das den Wert um 1,15 Punkte, wurde es durch einen Energydrink ersetzt, nahm der Wert um 3,14 Punkte ab. Ohne Frühstück fiel der mittlere Score um 2,73 Punkte, ohne Mittagessen um 2,95 Punkte.
Es überrascht wenig, dass Frühstück und Mittagessen mit Obst und Gemüse bei Schülern aller Altersgruppen einen Beitrag zum emotionalen Wohlbefinden leisten und die psychische Gesundheit verbessern können. Aber welche Auswirkung der Konsum von mehr oder weniger Obst und Gemüse tatsächlich hat, wird erst mit der Einordnung der Wissenschaftler so richtig deutlich: Der Unterschied beim psychischen Wohlbefinden zwischen denen, die am meisten, und denen, die am wenigsten Obst und Gemüse zu sich nahmen, war ähnlich gross, wie die Beeinträchtigung der Kinder, die zu Hause täglich oder fast täglich Streit oder Gewalt erleben.
Ach ja, ein positiver Einfluss des Verzehrs von Obst
und Gemüse auf das Wohlbefinden Erwachsener ist
übrigens längst belegt ...
s
Christine Mücke
1. Hayhoe R et al.: Cross-sectional associations of schoolchildren’s fruit and vegetable consumption, and meal choices, with their mental well-being: a cross-sectional study. bmjnph 2021;0. doi:10.1136/ bmjnph-2020-000205.
ARS MEDICI 23 | 2021
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