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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
COVID-19-Therapie
Plasmaspenden von Genesenen helfen nicht
Grosse Hoffnungen setzte man im vergangenen Jahr auf das Plasma genesener COVID-19-Patienten als Therapie für Patienten mit einem schweren Verlauf. Hundertausende von Patienten versuchte man mithilfe von Plasmainfusionen zu retten. An systematische, kontrollierte Studien zur tatsächlichen Nützlichkeit dieser Infusionen dachte man zunächst nicht. Nun zeigen kürzlich publizierte Resultate der REMAPCAP-Studie, dass auf einen Nutzen für schwer kranke COVID-19-Patienten in der Regel nicht zu hoffen ist. Die Studie wurde an 129 Spitälern durchgeführt, die meisten davon waren in Grossbritannien (115 Spitäler). Hinzu kamen 4 Spitäler in Australien und 9 in Kanada. In den USA, wo besonders viele COVID-19-Patienten mit Plasma behandelt wurden, machte nur 1 Spital mit. Das mittlere Alter der insgesamt 2011 schwer kranken COVID19-Patienten betrug 61 Jahre, ein Drit-
tel von ihnen waren Frauen. 1048 Patienten erhielten 2 Einheiten Plasma von Genesenen mit einem Volumen von insgesamt 550 ml ± 150 ml; das Plasma wies einen hohen Antikörpertiter gegen SARS-CoV-2 auf. Die Kontrollgruppe ohne Plasmagabe bestand aus 916 Patienten. Primärer Endpunkt war die Notwendigkeit einer respiratorischen und kardiovaskulären Unterstützung innert 21 Tagen. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Mortalität und eine Reihe weiterer Parameter wie beispielsweise künstliche Beatmung, extrakorporale Sauerstoffanreicherung, Embolien und schwere Nebenwirkungen. Weder beim primären Endpunkt noch bei der Mortalität zeigte sich ein Vorteil für die Plasmatherapie. So verstarben im Spital 37,3 Prozent der Patienten mit der Plasmatherapie und 38,4 Prozent in der Kontrollgruppe. Die mittlere Anzahl von Tagen ohne respiratorische
und kardiovaskuläre Unterstützung
war mit 14 in beiden Gruppen gleich.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Inter-
vention nutzlos ist, betrage 99,4 Pro-
zent, so die Studienautoren. Schwere
Nebenwirkungen waren mit der Plas-
matherapie häufiger (3% vs. 1,3%).
Damit bestätigt diese randomisierte
Studie die Resultate der RECOVERY-
Studie sowie einer Metaanalyse, wo-
nach die Plasmatherapie bei den meis-
ten Patienten nicht die erwünschte
Wirksamkeit hat. Offen ist die Frage,
ob die Plasmagabe früher im Krank-
heitsverlauf nützlich sein könnte und ob
insbesondere immundefiziente COVID-
19-Patienten davon doch profitieren
könnten.
RBO s
Writing Committee for the REMAP-CAP Investigators, Estcourt LJ, Turgeon AF et al.: Effect of Convalescent Plasma on Organ Support-Free Days in Critically Ill Patients With COVID-19: A Randomized Clinical Trial (published online ahead of print, 2021 Oct 4). JAMA. 2021;e2118178.
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ARS MEDICI 22 | 2021