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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Coronaviruspandemie
Sind Influenza- und COVID-19-Impfung gleichzeitig möglich?
Die Resultate einer Studie in England und Wales sprechen dafür, dass eine Influenzaimpfung gleichzeitig zumindest mit dem Vektorimpfstoff ChAdOx1 (Vaxzevria®) oder dem mRNA-Impfstoff BNT162b2 (Comirnaty®) verabreicht werden kann.
An der Studie nahmen 679 Personen anlässlich ihrer zweiten Dosis BNT162b2 beziehungsweise ChAdOx1 teil. In den anderen Arm wurde gleichzeitig entweder ein Influenzaimpfstoff oder Kochsalzlösung injiziert. Nach 3 Wochen erfolgte eine erneute Injektion, wobei diejenigen mit dem Plazebo dann den Influenzaimpfstoff und die anderen eine Plazeboimpfung erhielten. Die Influenzaimpfung erfolgte je nach Alter mit einem adjuvantierten, trivalenten Impfstoff (aTIV/FluAd®, ab 65 Jahre) oder mit einem zellulären beziehungsweise rekombinanten quadrivalenten Impfstoff (QIVc/Flucelvax® oder QIVr/Flublok®, 18–65 Jahre). Das Follow-up dauerte 6 Wochen. Primärer Endpunkt waren systemische Nebenwirkungen innert der ersten 7 Tage nach der Doppelimpfung, auch lokale Reaktionen wurden protokolliert sowie schwere Reaktionen über den gesamten Studienzeitraum hinweg. Antikörper gegen SARS-CoV-2 und gegen Influenzavirusbestandteile wur-
den serologisch bestimmt. Die T-Zell-Aktivität wurde nicht gemessen. Als nicht unterlegen galt eine Impfstoffkombination, deren Nebenwirkungsprofil im Vergleich mit der alleinigen COVID-19-Impfung um weniger als 25 Prozent differierte. Nur die Kombinationen ChAdOx1/aTIV und BNT162b2/QIVr überschritten diese 25-Prozent-Schwelle knapp. In der ChAdOx1/aTIV-Gruppe waren die meisten zusätzlichen Nebenwirkungen leicht oder mittelschwer. Die BNT162b2/QIVr-Gruppe war kleiner als geplant, was keine endgültigen Schlussfolgerungen erlaube, so die Studienautoren. Die Antikörperreaktion gegenüber SARS-CoV-2 und Influenza lag bei allen Kombinationen unvermindert in der gleichen Grössenordnung wie bei der Einzelimpfung, wobei sie mit BNT162b2/QIVr sogar noch etwas besser gegenüber Influenza ausfiel. Anderslautende Resultate einer ähnlichen Studie mit NVX-CoV (Novavax®) und
QIVc deuten die Studienautoren als
Indiz dafür, dass es günstiger sei, eine
Influenzaimpfung mit der zweiten
COVID-19-Impfstoffdosis zu verabrei-
chen und nicht mit der ersten.
Ein Vorteil ihrer Studie sei, so die Auto-
ren, dass in ihrem Probandenkollektiv
eine recht repräsentative, praxisnahe
Auswahl von Personen vertreten gewe-
sen sei, weil weder Schwangere noch
schwer kranke oder immungeschwächte
Personen ausgeschlossen wurden und
auch über 65-Jährige dabei waren. Ihrer
Ansicht nach bestehe kein Anlass für
Sicherheitsbedenken, BNT162b2 oder
ChAdOx1 gleichzeitig mit einem Influ-
enzaimpfstoff zu verabreichen. Sie be-
tonen aber, dass angesichts der begrenz-
ten Erfahrung mit den neuen
COVID-19-Impfstoffen noch völlig
unklar sei, ob man dieses Studienresul-
tat auf alle Vektor- und mRNA-Impf-
stoffe übertragen könne. Die Studie ist
noch nicht «peer-reviewed», sie wurde
vorab auf einem Preprint-Server veröf-
fentlicht.
RBO s
Lazarus R et al.: The safety and immunogenicity of concomitant administration of COVID-19 vaccines (ChAdOx1 or BNT162b2) with seasonal influenza vaccines in adults: a phase IV, multicentre randomised controlled trial with blinding (ComFluCOV).https://ssrn.com/abstract=3931758.
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ARS MEDICI 21 | 2021