Transkript
ECCO
Entzündliche Darmerkrankungen
Weniger Gelenkschmerzen durch Anti-IBD-Therapie?
Können durch die Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht auch die häufigen extraintestinalen Manifestationen reduziert werden? Dieser Frage gingen zwei am virtuellen ECCO-Kongress vorgestellte neue Studien nach.
Viele Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (inflammatory bowel disease, IBD) sind zusätzlich von extraintestinalen Manifestationen betroffen; mit 28 Prozent sind Arthropathien und Arthralgien gemäss einer Analyse der schweizerischen IBD-Kohorte dabei am häufigsten vertreten (1). Bekannt ist, dass eine Behandlung der IBD mit TNF-Inhibitoren auch solche Gelenkbeschwerden verbessern kann. Für den Integrinantagonisten Vedolizumab (VDZ; Entyvio®) und den Interleukin-12/23-Inhibitor Ustekinumab (UST; Stelara®) konnte das bislang noch nicht gezeigt werden. Mit einer am ECCO-Kongress vorgestellten multizentrischen Real-life-Studie ist eine belgisch-spanische Arbeitsgruppe deshalb der Frage nachgegangen, ob die beiden IBD-Medikamente ebenfalls einen positiven «Nebeneffekt» auf Gelenkentzündungen respektive Gelenkschmerzen besitzen (2).
Mehr Arthralgien unter Vedolizumab …
In diese retrospektive Analyse schlossen die Forscher 856 IBD-Patienten ein, die mit VDZ (n = 528) und UST (n = 328) behandelt wurden. Von diesen zeigten zu Beginn der Therapie 7,2 Prozent (VDZ) respektive 12,2 Prozent (UST) Arthropathien (Gelenkinflammationen) und 5,5 respektive 9,5 Prozent Arthralgien (Gelenkschmerzen ohne Inflammationen). Im Verlauf des 1-jährigen Follow-ups traten in beiden Gruppen etwa gleich häufig neue Arthropathien auf (VDZ: 1,4%, UST: 2,5%), jedoch waren unter VDZ signifikant mehr neue Arthralgien zu verzeichnen (11,4 vs. 5,7%; p = 0,021). Bei 5 von 48 VDZ-Patienten (10,4%) und bei 2 von 46 UST-Patienten (4,3%) (nicht signifikant) war ein Studienabbruch aufgrund der Gelenkbeschwerden erforderlich. Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass beide Therapien keinen Einfluss auf die Neumanifestation von Arthropathien besitzen, dass jedoch im Krankheitsverlauf unter VDZ häufiger neu Arthralgien auftreten als unter UST.
nur wenige Daten existieren, wollten Wissenschaftler aus
Chicago den Effekt des JAK-Inhibitors Tofacitinib (Xel-
janz®) auf Arthralgien überprüfen (3). Für die retrospek-
tive Untersuchung wurden die Daten von 112 Patienten
mit aktiver Colitis ulcerosa evaluiert, die mindestens eine
gescheiterte Therapie mit TNF-Inhibitoren, respektive mit
anderen Biologika oder DMARD hinter sich hatten. Zu
Beginn der Tofacitinibbehandlung litt rund ein Drittel
unter extraintestinalen Manifestationen (periphere Arth-
ralgie: 35 Patienten, primäre sklerotisierende Entzündung
der Gallengänge [Cholangitis]: 2, Pyoderma gangraeno-
sum: 1). Von diesen Patienten kamen 36 in die Auswer-
tung: Nach 24 Wochen Tofacitinibbehandlung liess sich bei
26 (74,2%) eine Verbesserung der Arthralgie nachweisen.
Zudem waren 14 von ihnen (40%) hinsichtlich ihrer Ge-
lenke beschwerdefrei und befanden sich in Remission. Die
Colitis-ulcerosa-Ansprechraten waren mit denjenigen von
Patienten ohne extraintestinale Manifestationen ver-
gleichbar, 48,6 Prozent erzielten eine klinische Response
und 31,4 Prozent eine klinische Remission. Damit, so die
Autoren, zeige eine IBD-Behandlung mit Tofacitinib auch
einen signifikant positiven Einfluss auf die Gelenksymp-
tome. Das gehe oft mit einer Verbesserung der gastrointes-
tinalen Beschwerden einher.
KD s
Quelle: ECCO 2021.
Referenzen: 1. Vavricka S et al.: Frequency and risk factors for extraintestinal manifes-
tations in the Swiss inflammatory bowel disease cohort. Am J Gastroenterol. 2011;106:110-119. 2. Truyens M et al.: The impact of vedolizumab and ustekinumab on arthropathy and arthralgia in IBD patients: a real-life multicentric cohort study. ECCO 2021; P266. 3. Silfen A et al.: Tofacitinib therapy is effective for arthralgias associated with active inflammatory bowel disease. ECCO 2021; P455.
… und weniger unter Tofacitinib
Gelenkschmerzen standen auch im Zentrum einer neuen Real-life-Studie aus den USA. Da zur Wirkung von JAKInhibitoren auf extraintestinale Manifestationen bislang
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CongressSelection Gastroenterologie | September 2021