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FORTBILDUNG
Therapie häufiger Beschwerden in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft und Stillzeit sind eine besondere Herausforderung für die Versorgung von Patientinnen in der allgemeinmedizinischen Praxis. Bei der Arzneimitteltherapie müssen zum einen Gefahren für den Fetus und für den Säugling während des Stillens und zum anderen Veränderungen der Pharmakokinetik bei der Schwangeren sorgfältig beachtet werden. In diesem Artikel liegt der Fokus auf der Wirksamkeit und der Toxizität der Pharmakotherapie bei Übelkeit und Erbrechen sowie bei akuten und chronischen Schmerzen.
Elke Roeb
Der Einsatz von Medikamenten in der Schwangerschaft ist weitverbreitet. Informationen zur Sicherheit der meisten Medikamente bei schwangeren Frauen oder ihren Säuglingen sind jedoch begrenzt. Da kaum Daten aus randomisierten, klinischen Studien vorliegen, um Entscheidungen von Aufsichtsbehörden, Ärzten und Patienten zu untermauern, muss man sich für valide Belege für den Nutzen und die Risiken von Medikamenten in der Schwangerschaft häufig auf gut konzipierte Beobachtungsstudien stützen (46).
Übelkeit und Erbrechen
Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft (nausea and vomiting in pregnancy, NVP) gehören zu den häufigsten unangenehmen Begleiterscheinungen bei werdenden Müttern und betreffen etwa 70 bis 80 Prozent aller schwangeren Frauen (34). Die Symptome treten überwiegend im 1. Trimenon auf, obwohl sie bei bis zu 10 Prozent der Frauen während der gesamten Schwangerschaft andauern und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können (20). NVP bleiben den ganzen Tag über bei 98 Prozent der betroffenen Frauen bestehen (20), sodass der populäre Begriff «Morgenübelkeit» diesen Zustand nicht richtig widerspiegelt. Viele Frauen wünschen eine Symptomlinderung, um bei NVP zu Hause und am Arbeitsplatz ihrer jeweiligen Rolle gerecht zu werden. Insgesamt ist die Morbidität bei schwangeren Frauen mit NVP signifikant erhöht, obwohl sie tendenziell unterschätzt wird (2). So haben Frauen mit NVP im Vergleich zu beschwerdefreien Schwangeren eine signifikant erhöhte
MERKSÄTZE
� Bei Übelkeit und Magenschmerzen/gastroösophagealem Reflux während der Schwangerschaft gelten Änderungen des Lebensstils als sicherste Therapie der ersten Wahl, gefolgt von etablierten risikoarmen (medikamentösen) Therapien.
� Zur Therapie von Übelkeit und Erbrechen während der Schwangerschaft können je nach Schwere der Störung Ernährungsumstellungen, intravenöse Rehydratation, pharmakologische Behandlung und Krankenhauseinweisung indiziert sein.
� Physiotherapie und Paracetamol sind die Basistherapie bei Rücken- und Kopfschmerzen während der Schwangerschaft.
Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck und Präeklampsie (9). Darüber hinaus führen die Symptome von NVP bei 10 bis 35 Prozent der Patientinnen zu einem depressiven Gefühl und können sich negativ auf Arbeitsverhalten, Alltagstauglichkeit, Elternschaft und familiäre Beziehungen auswirken (2). NVP haben zudem erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Patienten, Pflegekräfte und unsere Gesellschaft (35).
Hyperemesis gravidarum
Ein kleiner Prozentsatz der Frauen (0,3–2%) entwickelt eine schwere Form von NVP namens Hyperemesis gravidarum (HG). Diese ist durch starke Übelkeit und übermässiges Erbrechen ab dem Ende der 22. Schwangerschaftswoche (SSW) gekennzeichnet (47). HG führt im Falle einer insuffizienten Behandlung zu einer signifikanten Morbidität der Mutter und zu ungünstigen Geburtsverläufen (50). Tatsächlich haben Frauen mit HG eine geringere gesundheitsbezogene Lebensqualität (29). HG beeinträchtigt Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme und kann zu Dehydratation, Elektrolyt- und SäureBasen-Ungleichgewicht, Nährstoffmangel, Ketonurie und einem Verlust von mehr als 5 Prozent des Körpergewichts führen (19). HG ist ausserdem assoziiert mit akuten Nierenschäden, Leberfunktionsstörungen, Pneumomediastinum, Ösophagusrupturen und Wernicke-Enzephalopathie. Darüber hinaus ergab eine kürzlich durchgeführte Fall-Kontroll-Studie, dass psychische Belastung ebenso wie kognitive, Verhaltens- und emotionale Störungen in dieser Population eine direkte Folge der HG darstellt (1). Ausserdem können die mit HG verbundenen Komplikationen zum Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft führen (42). HG ist der häufigste Grund für einen Krankenhausaufenthalt in der ersten Hälfte der Schwangerschaft und der zweithäufigste (nach Frühgeburtlichkeit) während der gesamten Schwangerschaft (16).
Pathogenese von NVP und HG
Die Pathogenese von NVP und HG ist wahrscheinlich multifaktoriell und umfasst verschiedene genetische, endokrine und gastrointestinale Faktoren (7). Die Serumproteine der Gene GDF15 (growth/differentiation factor 15) und IGFBP17 (insulin-like growth factor binding protein 17) sind mit dem Schweregrad der HG assoziiert (12). GDF15 und IGFBP17 sind nicht nur genetisch mit HG assoziiert, sondern ihre Serumspiegel waren bei stationären Patientinnen mit HG ungewöhnlich hoch.
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Eine kürzlich durchgeführte Studie mit 1723 Frauen mit monozygoten oder dizygoten Zwillingen sowie Zwillingsschwesterpaaren hat gezeigt, dass NVP in hohem Masse erblich ist (10, 11). Darüber hinaus ist die Familienanamnese von HG ein Risikofaktor, da etwa 28 Prozent der Frauen über eine HG-Anamnese bei ihren Müttern und 19 Prozent über HG-Symptome bei ihren Schwestern berichteten (48). Ausserdem besteht bei Frauen, bei denen HG in der ersten Schwangerschaft aufgetreten ist, ein erhebliches Rezidivrisiko im Vergleich zu Frauen, bei denen die Erkrankung in der ersten Schwangerschaft nicht aufgetreten ist. Die Inzidenz von NVP scheint auch mit der ethnischen Zugehörigkeit zu variieren und liegt zwischen 3 und 20 pro 1000 Schwangerschaften (26). NVP wird häufiger bei Frauen in Indien, Pakistan, Asien und Neuseeland diagnostiziert als bei Europäern, Indianern und Eskimopopulationen (43). Der Hormonspiegel ändert sich in der Schwangerschaft dramatisch, insbesondere im 1. Trimenon. Mehrere Studien legen nahe, dass Fortpflanzungshormone (humanes Choriongonadotropin [hCG], Östrogen und Progesteron) direkt und indirekt für die Symptome von NVP verantwortlich sind (14, 24). Das am häufigsten in die NVP- und HG-Pathologie involvierte Hormon ist hCG. Dies beruht weitgehend auf der zeitlichen Beziehung zwischen dem Peak von NVP und dem Peak der hCG-Produktion in Woche 9 bis 12 der Schwangerschaft. Darüber hinaus sind NVP im Zusammenhang mit erhöhten hCG-Spiegeln wie bei Molenschwangerschaften, Mehrlingsschwangerschaften, Down-Syndrom und Schwangerschaften weiblicher Feten häufig stärker ausgeprägt (26, 30). Eine kürzlich durchgeführte systematische Überprüfung des Zusammenhangs beschreibt allerdings eine inkonsistente Assoziation zwischen hCG und HG (31). Östrogen und Progesteron, die in der Schwangerschaft dramatisch ansteigen, sind ebenfalls an der Pathogenese von NVP und HG beteiligt. Bei Frauen, die während der Einnahme von oralen Kontrazeptiva an Übelkeit leiden, treten entsprechend häufiger NVP und HG auf (21). Progesteron und Östrogen können bei nicht schwangeren Frauen die Magen-Darm-Transitzeit verlängern und die Magenentleerung verlangsamen, was zu stärkerer Übelkeit und vermehrtem Erbrechen führen kann (45). Helicobacter pylori wird im Magen von Frauen mit HG häufiger detektiert als bei Frauen ohne HG (26, 31, 38). Darüber hinaus wurde eine positive Beziehung zwischen HG-Symptomen und der Seropositivität von H. pylori gezeigt. Eine Studie mit histologischer Sicherung der H.-pylori-Infektion durch Schleimhautbiopsie ergab, dass 95 Prozent der HG-Patientinnen H.-pylori-positiv sind, verglichen mit 50 Prozent H.-pylori-Fällen in der Kontrollgruppe (4).
Therapie von NVP und HG
Die Behandlung von NVP und HG ist eine Herausforderung. Derzeit gibt es keine evidenzbasierten Therapien. Die Behandlung konzentriert sich auf die Verbesserung der Symptome bei gleichzeitiger Minimierung des Risikos für Mutter und Fetus (18). Die Behandlungsmodalitäten hängen von der Schwere der Symptome ab und reichen von Ernährungsumstellungen, intravenöser Rehydrierung (inkl. Elektrolyte, Vitamine und Thiamin) über die pharmakologische Behandlung bis zu stationärer Einweisung (13, 28, 49).
Zu den Ernährungsempfehlungen gehören: s Mehrmals am Tag kleine Mengen anstelle von grossen
Mahlzeiten zu sich nehmen (6). s Die Mahlzeiten sollten mild und fettarm sein. s Mahlzeiten, die reich an Eiweiss sind und wenig Kohlen-
hydrate enthalten, sowie die Zufuhr von mehr Flüssigkeiten als Feststoffen können die mit NVP verbundenen Magenrhythmusstörungen verbessern. s Empfehlenswert ist auch das Trinken kleiner Flüssigkeitsmengen zwischen den Mahlzeiten, einschliesslich elektrolythaltiger Getränke (6). Das American College of Obstetrics and Gynecology (ACOG) (51) empfiehlt Ingwer als nicht pharmakologische Intervention zur Behandlung von NVP (44). Ingwer kann bei Übelkeit und Magenhypomotilität wirksam sein, da er Gingerole und Shogaole enthält, die cholinerge M3-Rezeptoren und serotonerge 5-HT3-Rezeptoren (5-HT3: 5-Hydroxytryptamin 3) hemmen und auf den Magen-Darm-Trakt als Dopamin- und Serotoninantagonisten wirken und infolgedessen die Magenmotilität erhöhen. Durch Ingwer wurde bislang keine Zunahme schwerwiegender Missbildungen im 1. Trimenon festgestellt. Thiaminpyrophosphat, die biologische aktive Form von Vitamin B1, ist ein essenzielles Coenzym vieler biochemischer Gehirnaktionen. Der tägliche Bedarf von Frauen liegt bei etwa 1,1 mg und steigt insbesondere während der Schwangerschaft auf 1,5 mg/Tag an. Eine frühe Thiaminsubstitution verringert die Morbidität der Mutter, insbesondere das Auftreten der Wernicke-Enzephalopathie (5).
Pharmakologische Ansätze Die Tabelle fasst die medikamentöse Therapie von NVP entsprechend den Empfehlungen der deutschen Ärzteschaft zusammen. Die Kategorien A bis C der FDA (Food and Drug Administration) geben die Evidenzlage wieder. Antihistaminika werden in der Frühschwangerschaft erfolgreich zur Behandlung von NVP eingesetzt. Die H1-Rezeptor-Antagonisten der 1. Generation (Diphenhydramin, Dimenhydrinat, Meclozin und Doxylamin) beeinflussen indirekt das Vestibularsystem und verringern die Stimulation des Brechzentrums (3, 41). Zahlreiche Studien zeigten bislang keine Assoziation zwischen vorgeburtlicher Antihistaminikaexposition und Geburtsfehlern (17). Das ACOG (51) empfiehlt derzeit, Doxylamin und Pyridoxin einzeln oder in Kombination zur Erstbehandlung von NVP zu verwenden (vgl. Tabelle). Randomisierte, plazebokontrollierte Studien haben die Wirksamkeit von Vitamin B6 bei der Behandlung von NVP gezeigt (50). Antiemetika wie die zentralen und peripheren Dopaminantagonisten Chlorpromazin und Prochlorperazinmaleat (beide in der Schweiz nicht mehr im Handel) verringern die Symptome bei NVP und HG. Es handelt sich um Antiemetika der FDA-Kategorie C, deren Anwendung im 1. Trimenon der Schwangerschaft mit einem leicht erhöhten Risiko für Geburtsfehler assoziiert ist (26). Promethazin (in der Schweiz nicht mehr im Handel, ein weiteres Mitglied der Phenothiazinfamilie, wird in vielen Ländern trotz dieser Einstufung häufig zur NVP-Therapie eingesetzt (50). Es wurde bislang kein Zusammenhang zwischen Promethazin und teratogenen Wirkungen festgestellt, obwohl es anticholinerge Ne-
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Tabelle:
Empfehlungen für die Therapie von NVP (nausea and vomiting in pregnancy)
FDA-Kategorie
Wirkstoff
A Pyridoxin (Vitamin B6)
A Doxylamin
B Dimenhydrinat
B Diphenhydramin
B Metoclopramid
B Ondansetron1
C Promethazin2
C Prochlorperazin2
C Ingwer
Dosierung 20 mg p.o. 3-mal täglich morgens 12,5 mg p.o. mit 10 mg Pyridoxin, abends 25 mg p.o. 62 mg i.v. täglich; 50 mg p.o. 3- bis 4-mal täglich; Supp. 1-mal täglich 25–50 mg i.v. oder p.o. alle 6–8 Stunden 10 mg p.o. 3-mal täglich 2–4 mg i.v. alle 6–8 Stunden 12,5–25 mg p.o. oder i.v. bis 6-mal täglich 40–60 mg täglich p.o. oral 1–4 g täglich auf mehrere Gaben verteilt
Kategorie A der FDA (Food and Drug Administration): kontrollierte Studien zeigen kein Risiko für den Feten; B: keine Evidenz für Risiken beim Feten; C: unzureichende Studienlage, potenzieller Nutzen rechtfertigt die Anwendung 1 Ausgehend von epidemiologischen Studien wird vermutet, dass Ondansetron orofaziale Fehlbildungen verursacht, wenn es im 1. Trimenon der Schwangerschaft verabreicht wird. Entsprechend einem Rote-Hand-Brief von Oktober 2019 sollte Ondansetron nicht im 1. Trimenon der Schwangerschaft angewendet werden. 2 in der Schweiz nicht mehr im Handel
benwirkungen wie Mundtrockenheit, Schläfrigkeit und Sedierung (50) gibt. Promethazin wird deshalb als Zweitlinienbehandlung für NVP angesehen, insbesondere als Ersatz für Doxylamin (50). Metoclopramid ist ein Dopamin- und Serotoninrezeptorantagonist, der die Magenpassage erhöht und Magenrhythmusstörungen durch Stimulation von Antrumkontraktionen und Antroduodenalkontraktionen lindert (26). Metoclopramid während der Schwangerschaft führt nicht zu vermehrten angeborenen Missbildungen, niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit oder perinatalem Tod. Trotz seiner Wirksamkeit ist die Anwendung infolge der Nebenwirkungen (Schläfrigkeit, Schwindel, Dystonie, Dyskinesie) begrenzt (26). Metoclopramid wird als Third-line-Therapie für NVP angesehen (50). Serotoninrezeptorantagonisten sind die wirksamsten und auch die am häufigsten verschriebenen Antiemetika (37). Ondansetron (Zofran® und Generika), ein hoch selektiver, kompetitiver 5-HT3-Rezeptor-Antagonist, ist plazentagängig. Ein Übergang auf den Feten konnte im 1. Trimenon nachgewiesen werden. Ondansetron wirkt sowohl zentral als auch peripher, indem es Serotoninrezeptoren im Dünndarm und im Brechzentrum blockiert. Die Sicherheit in der Schwangerschaft ist allerdings umstritten (8, 33). Am 1. Oktober 2019 wurde ein Rote-Hand-Brief zu Ondansetron in der Schwangerschaft veröffentlicht. Hintergrund sind die Ergebnisse der auf Verschreibungsdaten beruhenden Studie von Huybrechts et al. (15), die ein gering erhöhtes Risiko für Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten ermittelte. Einige Studien zeigten, dass Patientinnen mit HG, die mit Ondansetron behandelt wurden, signifikant niedrigere Erbrechen-Scores im Vergleich zu den mit Metoclopramid behandelten Patientinnen aufwiesen (23). Ondansetron soll der Kombination aus Pyridoxin und Doxylamin bei der Behandlung von NVP überlegen sein (32). In Anbetracht der gleichen Wirksamkeit von Ondansetron im Vergleich zu Promethazin und der fehlenden sedierenden Wirkung wird Ondansetron bei Frauen bevorzugt, die auf Antiemetika angesprochen haben, jedoch unter der Sedierung leiden.
Sodbrennen und Reflux
Sodbrennen und saurer Reflux während einer Schwangerschaft sollten behandelt werden, da Symptome einer gastroösophagealen Refluxkrankheit mit einem erhöhten Schweregrad von NVP in Verbindung gebracht wurden. Darüber hinaus führt die Refluxbehandlung zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Nicht teratogene Antazida werden als erste Option empfohlen und können zur Behandlung von Frauen mit NVP verwendet werden (25). Histamin-2-RezeptorAntagonisten wie Famotidin (in der Schweiz nicht im Handel) sind weitere Behandlungsoptionen, wenn Antazida unwirksam sind oder werden. H2-Blocker gelten prinzipiell als sicher zur Behandlung von saurem Reflux und/oder Sodbrennen bei NVP. Protonenpumpeninhibitoren (PPI) in der Schwangerschaft sind höchstwahrscheinlich sicher, obwohl Omeprazol in der frühen Schwangerschaft das Risiko für Geburtsfehler erhöhen kann. PPI wurden bei etwa 6000 Schwangerschaften vorwiegend prospektiv untersucht. In keiner der Studien wurde ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko gesehen (http://embryotox.de). Jedoch wird eine hoch dosierte und anhaltende Anwendung von magnesiumtrisilikathaltigen Antazida während der Schwangerschaft nicht empfohlen, da sie mit Nephrolithiasis, Hypotonie und Atemnot beim Fetus einhergeht. Bikarbonathaltige Antazida können eine metabolische Übersäuerung der Mutter und des Fetus sowie eine Flüssigkeitsüberladung verursachen und werden nicht empfohlen. Kortikosteroide scheinen eine antiemetische Wirkung auf die Chemorezeptortriggerzone im Hirnstamm auszuüben und wurden zur Behandlung refraktärer HG-Fälle verwendet. Derzeit gibt es keine etablierten Richtlinien für die Verwendung von Kortikosteroiden bei NVP oder HG, und ihre Verwendung bleibt umstritten.
Stationäre Behandlung
Bei HG-Patientinnen mit schwerer Dehydratation oder Ketonurie wird häufig eine stationäre Aufnahme empfohlen. Eine schnelle Flüssigkeitszufuhr lindert viele HG-Symptome. Zusätzlich tragen eine parenterale Ernährung sowie der
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Ersatz und/oder die Ergänzung von Vitaminen und Mineralien zur Korrektur von Elektrolytstörungen bei (22). Volumen- und Elektrolytersatz (≥ 3 l/Tag), Korrektur eines möglichen Elektrolytungleichgewichts, Verabreichung von Vitaminen und parenterale Verabreichung von Kohlenhydratund Aminosäurelösungen (ca. 8400–10 500 kJ/Tag) werden empfohlen.
Schmerzen bei Schwangeren
Schmerzen im unteren Rückenbereich beziehungsweise an der Lendenwirbelsäule treten häufig während der Schwangerschaft auf, da der Bewegungsapparat durch eine erhöhte Lordose und Weichteilerschlaffung belastet wird. Urologische und neurologische Warnhinweise sollten identifiziert und behandelt werden. Akute Schmerzen im unteren Rückenbereich sollten sorgfältiger untersucht werden, wenn sie mit einem Trauma in der Vorgeschichte, Vaginalblutungen, starken Bauchschmerzen, Flüssigkeitsverlust, Uteruskontraktionen, Veränderungen der Fetalbewegung oder Symptomen der Harnwege in Verbindung gebracht werden (39). Die Behandlung von Rückenschmerzen bei schwangeren Frauen zielt darauf ab, die Belastung des Bewegungsapparats durch Übungen und physikalische Therapie zu lindern. Zusätzliche Therapien wie Paracetamol, Akupunktur, Stützmittel, Warmbäder oder epidurale Steroide können erforderlich sein (27). Neu auftretende Kopfschmerzen oder eine neue Art von Kopfschmerz in der Schwangerschaft müssen weiter untersucht werden, um gefährliche Ursachen (z. B . Meningitis, Subarachnoidalblutung) von häufig auftretenden Erkrankungen (z. B . Sinusitis, Verspannungen oder Migränekopf-
schmerzen) zu unterscheiden (40). Präeklampsie muss bei Kopfschmerzen jenseits der 20. SSW ausgeschlossen werden, indem der Blutdruck streng überwacht und der Urin in Absprache mit einem Gynäkologen auf Eiweiss hin untersucht wird. Acetaminophen (Paracetamol) ist eine erste risikoarme Therapie bei Verspannungs- und Migränekopfschmerz. Andere Medikamente wie Sumatriptan, Dexamethason (nur kurze Einnahme, während des 1. Trimenons Einnahme vermeiden) und Ketorolac (nur im 2. Trimenon) sollten mit Vorsicht angewendet werden, wenn die potenziellen Risiken für die Patientin schwerwiegend oder die Kopfschmerzen refraktär sind sowie Ernährung und Flüssigkeitszufuhr die Patientin insgesamt erheblich beeinträchtigen. Bei plötzlichem Auftreten von fokalen neurologischen Symptomen und Fieber oder Nackensteifheit ist eine weitere Aufarbeitung zunächst mit zerebraler Computertomografie (CT) und ggf. Lumbalpunktion gerechtfertigt (36).
Vorgehen bei leichten Schmerzen: s Paracetamol darf während der gesamten Schwangerschaft
eingenommen werden. s Ibuprofen sollte nur im 1. und im 2. Trimenon eingenom-
men werden. s Cave bei nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) im
letzten Trimenon: vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus; Empfindlichkeit des Ductus arteriosus wächst mit Gestationsalter. s Ab der 28. SSW sollten NSAR nicht mehr eingenommen werden.
Vorgehen bei stärkeren Schmerzen:
s Paracetamol kann in Kombination mit Codein verordnet
werden.
s Bei entsprechender Indikation können Tramadol oder Bu-
prenorphin gegeben werden.
s Bei stärksten Schmerzen und strenger Indikationsstellung:
Morphin.
s Eine Therapie mit Opioiden/Opiaten ist bis zur Entbin-
dung möglich.
s Cave: Entzugssymptome beim Neugeborenen.
s
Univ.-Prof. Dr. med. Elke Roeb, MHAC Gastroenterologie, Med. Klinik II Justus-Liebig-Universität Giessen Universitätsklinikum Giessen UKGM D-35392 Giessen
Interessenlage: Die Autorin hat keine Interessenkonflikte deklariert.
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