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Chronische Erkrankungen in der Schweiz
Zahlen und Fakten auf einen Blick
BERICHT
Während bei erwachsenen Personen in der Schweiz die meisten chronischen Krankheiten mit dem Alter häufiger auftreten, sind etwa 5 Prozent der Kinder und Jugendlichen davon betroffen. Das zeigen Zahlen und Fakten für die Schweiz. Sie zeigen auch, wie beeindruckend hoch der Einfluss des Lebensstils dabei ist.
In der Schweiz sind 2,2 Millionen Menschen von chronischen beziehungsweise nicht übertragbaren Krankheiten betroffen. Unter den fünf häufigsten chronischen Erkrankungen finden sich Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Diabetes und Erkrankungen des Bewegungsapparats. Mit steigendem Alter nehmen diese Krankheiten zu, auch die Mehrfacherkrankungen. Von den 50-Jährigen sind 10 Prozent mehrfach erkrankt, bei den 80-Jährigen liegt der Anteil bei über 30 Prozent. Chronische Erkrankungen sind in der Schweiz heute die häufigste Todesursache. Über 50 Prozent der Männer und über 60 Prozent der Frauen sterben vor dem 70. Lebensjahr infolge von Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf- und chronischen Atemwegserkrankungen (1).
Gefässe, Tumoren und die Psyche
18 Prozent der Personen in der Schweiz leiden unter Hypertonie (2017). Damit ist diese Erkrankung im Steigen begriffen, lag ihr Anteil im Jahr 1992 doch noch bei 14 Prozent. Auch Dyslipidämien haben zugenommen, von 9 Prozent im Jahr 2002 auf 13 Prozent im Jahr 2017. Der Anteil an Diabetespatienten nahm unter den Männern innert 10 Jahren dagegen nur leicht zu (von 4 auf 5%), bei den Frauen blieb dieser Anteil mit 3 Prozent stabil. Interessant ist, dass das Risiko, an Diabetes zu erkranken, mit der Bildung korreliert: Das Risiko für bildungsschwache Personen ist doppelt so hoch (8%) wie für tertiär Ausgebildete (4%) (2). Krebserkrankungen werden jährlich 40 000-mal neu diagnostiziert. Über 20 Prozent erkranken vor dem Erreichen des 70. Altersjahrs an Krebs. Männer am häufigsten an Prostatatumoren, Frauen am häufigsten an Brustkrebs (2). Die mentale Verfassung ist in der Bevölkerung dagegen grösstenteils gut. Etwa 15 Prozent leiden an Symptomen einer mittleren (11%) bis hohen (4%) psychischen Belastung. Dabei ist Depression die häufigste psychische Erkrankung. 10 Prozent der Frauen und 8 Prozent der Männer litten 2017 an einer mittleren bis schweren Depression. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der betroffenen Personen aber ab (2).
Auch Kinder sind betroffen
Gemäss dem neuesten nationalen Gesundheitsbericht (2020) weisen etwa 20 Prozent der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen entweder ein chronisches Gesundheitsrisiko
wie Übergewicht auf oder leben mit einer chronischen Erkrankung oder einer Behinderung. Mehr als 5 Prozent der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben eine chronische Erkrankung wie atopische Rhinitis und Neurodermitis oder Asthma, je etwa 1 bis 5 Prozent eine Adipositas, eine chronische Fettleber oder Hypertonie. Deutlich seltener, bei unter 0,1 Prozent, treten Erkrankungen wie beispielsweise Krebs, Diabetes, Epilepsie oder Zöliakie auf. Einige chronische Erkrankungen nehmen zu, beispielsweise chronisch entzündliche Darmerkrankungen, ein rückläufiger Trend ist bei der Adipositas zu beobachten (3).
Grosser Einfluss des Lebensstils
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Erkrankung bei
einer Person auftritt, hängt unter anderem von verschiedenen
modifizierbaren Verhaltensweisen ab. Wie gross dieser Ein-
fluss ist, zeigte eine Zusammenstellung der Evidenzen von
Swiss TPH im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit
(BAG). Die Studie errechnete das Präventionspotenzial des
Lebensstils auf das Risiko für chronische Erkrankungen.
Dabei zeigte sich, dass Personen, die körperlich aktiv sind,
ein um 25 Prozent tieferes Risiko für kardiovaskuläre Er-
krankungen aufweisen. Körperliche Inaktivität erhöht dage-
gen das Risiko für eine Diabeteserkrankung um 28 Prozent,
für Brust- oder Darmkrebs um 21 Prozent, verglichen mit
körperlich Aktiven.
Risikoreicher Alkoholkonsum steigert das Risiko für Leber-
zirrhose um das bis zu 6-Fache und begünstigt das Auftreten
von Brust-, Darm- und Leberkrebs sowie Myokardinfarkt,
Hirnschlag und Diabetes. Einen grossen Einfluss hat auch
das Rauchen: Das Risiko für Lungenkrebs ist im Vergleich zu
Nichtrauchen 17-fach, für Myokardinfarkt 2- bis 3-fach, für
Hirnschlag 2-fach und für Diabetes um 40 Prozent erhöht.
Auch die Ernährung hat einen Einfluss: Ein hoher Salzkon-
sum erhöht den Blutdruck und vergrössert somit das Risiko
für kardiovaskuläre Erkrankungen. Übergewicht erhöht das
Risiko für Diabetes 2- bis 3-fach, für Adipositas 6- bis 8-fach
gegenüber der restlichen Bevölkerung (4).
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Valérie Herzog
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Referenzen: 1. Bundesamt für Gesundheit: Zahlen und Fakten zu nicht übertragbaren
Krankheiten. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/zahlen-undstatistiken/zahlen-fakten-nichtuebertragbare-krankheiten.html. Letzter Zugriff: 22.4.21. 2. BAG: Gesundheit Taschenstatistik 2020, Neuchâtel 2021. 3. Schweizerisches Gesundheitsobservatorium OBSAN: Gesundheit in der Schweiz – Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Nationaler Gesundheitsbericht 2020. www.gesundheitsbericht.ch. Letzter Zugriff: 22.4.21. 4. Zemp Stutz E et al.: Quantitativer Einfluss verhaltensbezogener Faktoren auf das Auftreten nichtübertragbarer Krankheiten. Zusammenstellung der Evidenzen 2020. Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/das-bag/publikationen/ forschungsberichte/forschungsberichte-nichtuebertragbare-krankheiten.html. Letzter Zugriff: 22.4.21.
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