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BERICHT
Osteoporose
Behandlung gemäss Frakturrisiko
Rund ein Drittel aller über 65-Jährigen stürzt mindestens einmal im Jahr, bei den über 85-Jährigen gar jeder Zweite. Sarkopenie und Osteoporose steigern das Frakturrisiko. Um Frakturen zu vermeiden, braucht es deshalb eine Doppelstrategie, die gleichzeitig auf Muskelkraft und Knochenstabilität abzielt.
Es wäre im Grunde effizienter, Sarkopenie und Frailty zu therapieren, um Stürze und damit die typischen Hüftfrakturen im Alter von vornherein zu vermeiden, sagte KD Dr. med. Diana Frey, Universitätsspital Zürich, an der Fortbildungstagung der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie, die in diesem Jahr als Online-Webinar durchgeführt wurde. Leider gibt es bezüglich der Sarkopeniebehandlung aber zurzeit mehr Fragen als Antworten. Man sucht zwar nach Medikamenten, die bei Sarkopenie wirksam sein könnten, aber bis anhin ist keine medikamentöse Option in Sicht. Behandlung bei Sarkopenie heisst nach wie vor Prävention, das heisst proteinreiche Ernährung, Bewegung und Sport. Im Allgemeinen werden täglich 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen, für ältere Menschen annähernd das Doppelte (1,5 g/kg/Tag). Viele Senioren schaffen das nicht, denn sie haben oft keinen Appetit auf Fleisch, Milchprodukte und Eier. Spezielle Nahrungsmittelprodukte könnten hier hilfreich sein. Auch die Motivation zu Bewegung und Sport ist nicht einfach, doch selbst ganz einfache Massnahmen, wie der altbekannte Tipp, beim Zähneputzen abwechselnd nur auf einem Bein zu stehen, sind besser als nichts. Das wichtigste Ziel der Bewegungsförderung ist es, ein gutes Körpergefühl zu behalten oder neu zu entwickeln.
Neues Konzept für Osteoporosetherapien
Bis anhin konzentrierte man sich bei der Indikationsstellung für eine Osteoporosetherapie auf drei Parameter: Wirbeloder Hüftfraktur, T-Score < –2,5 oder ein hohes 10-JahresRisiko für eine osteoporotische Fraktur. In dem neuen, im letzten Jahr von der Schweizerischen Vereinigung gegen die Osteoporose (SVGO) publizierten Konzept geht es primär um das Frakturrisiko, das in die folgenden Klassen eingeteilt wird: s Niedrig: Osteopenie (T-Score > –2,5 und < –1,0) ohne
weitere Risikofaktoren. s Moderat: T-Score < –2,5, aber keine vorherigen Frakturen
und Frakturrisiko unter der Interventionsgrenze gemäss FRAX®. s Hoch: Vorherige grössere osteoporotische Fraktur (MOF) vor mehr als 2 Jahren und/oder über Interventionsgrenze gemäss FRAX®, aber weniger als 20 Prozent darüber. Der T-Score spielt hier keine Rolle, weil mehr als die Hälfte der Personen mit MOF einen T-Score ≥ –2,5 hat. Ebenfalls ein hohes Risiko haben Patienten unter langfristiger Therapie mit Glukokortikoiden, Aromataseinhibitoren oder Androgensuppression mit T-Score < –1,5 und/oder wenn die FRAX®-Interventionsgrenze überschritten ist.
s Sehr hoch: 10-Jahres-MOF-Risiko gemäss FRAX® mindestens 20 Prozent über der altersadäquaten Interventionsgrenze.
s Imminent: 2-Jahres-MOF-Risiko > 10 Prozent und Wirbel- oder Hüftfraktur innert der letzten 2 Jahre oder kürzlich erlittene MOF bei über 65-Jährigen.
Wiederholte DXA je nach Frakturrisiko
Eine erneute DXA-Messung wird für Personen mit niedrigem Frakturrisiko nach 5 bis 10 Jahren empfohlen (ggf. früher, falls das Frakturrisiko steigt). Für alle anderen Risikogruppen gilt: DXA alle 2 Jahre mit nachfolgender Entscheidung, ob die Therapie weitergeführt oder geändert werden soll.
Osteoporosebehandlung nach Frakturrisiko
Bei einem niedrigen Frakturrisiko werden Lebenstilmass-
nahmen empfohlen sowie Vitamin-D-Supplemente (800–
1000 IU/tgl.), falls die Kalziumaufnahme mit der Nahrung zu
gering ist, auch Kalzium (500–1000 mg/tgl.). Für die anderen
Risikogruppen werden folgende Medikamente und sequen-
zielle Therapien empfohlen:
s Mittleres Risiko: SERM, sofern parallel keine Hormon-
ersatztherapie mit Östrogenen erfolgt. Eine Alternative
sind orale Bisphosphonate, die in dieser Risikogruppe
ebenfalls in Betracht gezogen werden können.
s Hohes Risiko: Bisphosphonate (oral oder i.v.) oder Deno-
sumab.
s Hohes Risiko mit Wirbelfraktur oder Wirbelsäulen-
T-Score < –3,5: Teriparatid (falls keine Kontraindikatio- nen wie Krebserkrankung oder Radiotherapie des Skeletts bestehen), Folgebehandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab. s Sehr hohes/imminentes Risiko mit Hüftfrakturen: Zole- dronat 1-mal pro Jahr (GFR > 35 ml/min) oder Denosu-
mab oder Romosozumab für 1 Jahr (danach folgen
Bisphosphonate oder Denosumab).
s Sehr hohes/imminentes Risiko mit Wirbelfrakturen: Ro-
mosozumab für 1 Jahr oder Teriparatid für 18 bis 24
Monate, in beiden Fällen Folgebehandlung mit Bisphos-
phonaten oder Denosumab.
s
Renate Bonifer
Quellen: Referat von KD Dr. med. Diana Frey an der Fortbildungstagung der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie am 14. Januar 2021 und Ferrari S et al.: 2020 recommendations for osteoporosis treatment according to fracture risk from the Swiss Association against Osteoporosis (SVGO). Swiss Med Wkly. 2020;150:w20352.
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