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STUDIE REFERIERT
Frühe rheumatoide Arthritis
Konventionelle Therapie oder gleich Biologika?
In einer prospektiven, randomisierten Studie zeigte sich, dass eine aktive konventionelle Therapie mit Methotrexat (MTX) plus Kortikosteroiden bei unbehandelten Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) nicht schlechter war als eine Kombination aus MTX und Certolizumab pegol oder Tocilizumab. Nur MTX plus Abatacept schnitt etwas besser ab.
British Medical Journal
Bis anhin wird für unbehandelte Patienten in einem frühen RA-Stadium zunächst eine Therapie mit konventionellen «disease-modifying antirheumatic drugs» (DMARD) empfohlen, meist mit MTX. Von einer aktiven konventionellen Therapie spricht man, wenn zusätzlich Kortikosteroide gegeben werden. Die prospektive, randomisierte Studie sollte klären, ob es nicht doch besser ist, anstelle einer aktiven konventionellen Therapie bei neu diagnostizierten RA-Patienten gleich zu Beginn MTX mit Certolizumab pegol (Cimzia®), Tocilizumab (Actemra®) oder Abatacept (Orencia®) zu kombinieren. Die 3 Biologika stehen für 3 unterschiedliche Wirkmechanismen: die Hemmung des Tumornekrosefaktors (Certolizumab pegol), die Hemmung der T-ZellKostimulation (Abatacept) und die Inhibition von Interleukin 6 (Tocilizumab).
Studiendesign
Als primären Endpunkt wählte man das Erreichen der Remission gemäss Clincal Disease Activity Index (CDAI) nach 24 Wochen (CDAI ≤ 2,8). Als sekundäre Endpunkte wurden auch andere Rheuma-Scores betrachtet (ACR/ EULAR Boolean remission, DAS28, SDAI, EULAR good response). Die Remission wurde von Ärzten beurteilt, die nicht wussten, welche Therapie der Patient erhalten hatte. Die 812 Patienten waren im Mittel 54 ± 15 Jahre alt, der Frauenanteil betrug 68,8 Prozent, und die RA-Symptome bestanden seit durchschnittlich 204 Tagen. Alle Patienten erhielten von
Anfang an MTX. Sie wurden in 4 Gruppen randomisiert: s MTX mit aktiver konventioneller
Therapie (orales Prednison [zu Beginn 20 mg/tgl., innert 9 Wochen auf 5 mg/tgl. reduziert] oder Sulfalazin mit Hydroxychloroquin, kombiniert mit intraartikulären Kortikosteroidinjektionen) s MTX plus Certolizumab pegol s MTX plus Tocilizumab s MTX plus Abatacept.
Konventionelle Therapie schneidet gut ab
Alle 4 Therapien bewirkten hohe Remissionsraten. Nach 24 Wochen betrugen sie gemäss CDAI unter aktiver konventioneller Therapie 42,7 Prozent (95%-Konfidenzintervall: 36,1–49,3%), mit Certolizumab pegol 46,5 Prozent (39,9–53,1%), mit Abatacept 52 Prozent (45,5–58,6%) und mit Tocilizumab 42,1 Prozent (35,3–48,8%). Die Infektionsrate war mit Tocilizumab höher, und gastrointestinale Nebenwirkungen waren unter der konventionellen Therapie häufiger, ansonsten war das Nebenwirkungsprofil in allen Gruppen im Wesentlichen vergleichbar. Entgegen der Hypothese der Studienautoren schnitt die aktive konventionelle MTX-Therapie in der Non-Inferiority-Analyse gemäss CDAI gut ab; als Grenzwert hatte man einen Unterschied von mindestens 15 Prozent definiert. Die aktive konventionelle MTXTherapie unterlag gemäss CDAI nur der MTX-Abatacept-Therapie, nicht aber den MTX-Therapien plus Certolizumab pegol oder Tocilizumab. Alle anderen Rheuma-Scores lieferten für alle
4 Therapien ähnliche Remissionsraten.
Die Studie belege die Wirksamkeit und
die Sicherheit der MTX-basierten, ak-
tiven, konventionellen Therapie mit
Kortikosteroiden sowie numerisch bes-
sere Resultate für Abatacept bei unbe-
handelten RA-Patienten in einem frü-
hen Stadium, so die Studienautoren.
Dass in ihrer Studie das Resultat im
MTX-Arm im Gegensatz zu früheren
Phase-III-Studien der Biologika nicht
schlechter war, führen sie auf die un-
mittelbare, zu Beginn hoch dosierte
Prednisongabe in der aktiven konven-
tionellen Therapie zurück: «Aufgrund
der klinischen Erfahrung und im Ge-
gensatz zu Phase-III-Studien haben wir
Kortikosteroide als Brückentherapie
eingesetzt, weil MTX eine langsam
wirkende Substanz ist.»
RBO s
Hetland ML et al. on behalf of the NORD-STAR study group: Active conventional treatment and three different biological treatments in early rheumatoid arthritis: phase IV investigator initiated, randomised, observer blinded clinical trial. BMJ. 2020;371:m4328.
Interessenlage: Die Studie wurde von Forschungsinstitutionen und Fachgesellschaften aus Finnland, Norwegen, Island, Schweden und Dänemark finanziert. Die Autoren deklarieren Sponsoring und Forschungsmittel von verschiedenen Firmen ausserhalb dieser Studie.
ARS MEDICI 7 | 2021
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