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UEG-Week
Eosinophile Ösophagitis
Mit Therapie die Progression aufhalten
Foto: vh
Dass eine eosinophile Ösophagitis behandelt werden muss, steht für Prof. Alex Straumann, Chairman Swiss EoE Clinic, Universitätsspital Zürich, ausser Frage, denn unbehandelt droht eine allmähliche Fibrosierung mit Wandstarre und Bildung von Strikturen des Ösophagus. An der jährlich stattfindenden United European Gastroenterology Week gab er einen virtuellen Abriss, wie und womit dieser Speiseröhrenerkrankung am besten beizukommen ist.
Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine
chronisch entzündliche, immunvermittelte Er-
krankung der Speiseröhre mit einem meist pro-
gressiven Langzeitverlauf. Gemäss bevölke-
rungsbasierten Studien liegt die Prävalenz in
Europa zwischen 16 und 43 Fällen pro 100 000
Einwohner, die Inzidenz bei 1,7 (1). «Wir kön-
nen somit davon ausgehen, dass in jedem grös-
seren Dorf ein Patient mit bekannter EoE lebt»,
Prof. Alex Straumann
gab Straumann zu bedenken. Unbehandelt führt diese eosinophile Entzündung zu persis-
tierenden Beschwerden und fast obligat zu einer Fibrose des
Ösophagus mit Strikturen und Funktionsverlust (2). Das
schränkt die Lebensqualität der Patienten massiv ein. Hin-
weise für ein erhöhtes Malignomrisiko gibt es bis jetzt jedoch
keine. Gefürchtet sind gemäss Straumann die unberechen-
baren Einklemmungen von Speisen (food impactions), die
stundenlang anhalten können und dabei zu Verletzungen des
Ösophagus und zu Aspiration führen können. Mit einer
wirksamen antientzündlichen Therapie kann das Risiko für
diese «food impactions» weitgehend verhindert werden (3).
Remission möglich
Obwohl die EoE eine chronische Erkrankung ist, kann sie mit einer adäquaten Therapie klinisch bis zur Symptomfrei-
KURZ & BÜNDIG
� Eine aktive eosinophile Ösophagitis (EoE) sollte unbedingt behandelt werden, um einem Remodeling vorzubeugen, «food impactions» zu verhindern und die Lebensqualität zu erhöhen.
� EoE ist eine chronische Erkrankung und bedarf einer Langzeitstrategie.
� Zur First-Line-Therapie gehören die zu schluckenden, topisch wirksamen Kortikosteroide, als Second-Line Medikamente kommen Protonenblocker zum Zug und als dritte Option die Eliminationsdiät.
heit, endoskopisch bis zum unauffälligen Aspekt der Ösophagusoberfläche und histologisch mit weniger als 15 Eosinophilen pro hochauflösendendes Gesichtsfeld meistens zur Remission gebracht werden. Leider flammt aber die Entzündung in den meisten Fällen wieder auf, wenn die Behandlung nach Erreichen der Remission gestoppt wird. Das zeigte sich beispielsweise in einer Langzeitstudie mit Patienten, die vorgängig erfolgreich eine Remission erreicht hatten: Wurde die topische Steroidtherapie mit Budesonid in Form einer Schmelztablette weitergeführt, waren fast 95 Prozent der Patienten auch nach 1 Jahr noch in Remission, erhielten die Patienten aber ein Plazebo, erlitten sie nach median 87 Tagen einen Rückfall (4).
Wie soll eine Therapie aussehen?
Zur Behandlung der EoE gibt es prinzipiell drei verschiedene Optionen: Medikamente, Diät und Dilatation (5). Kortikosteroide sind sehr wirksam und gut ausgetestet. Topische Formulierungen, zum Beispiel Budesonid und Fluticason, sind zu bevorzugen, da sie genauso wirksam sind wie systemische Steroide, aber nicht mit den gefürchteten Steroidnebenwirkungen belastet sind. Für diese beiden Topika ist auch die Evidenz am besten belegt. Zurzeit ist aber von den Zulassungsbehörden (EMA, Swissmedic) erst das topische Budesonid zur Behandlung der EoE zugelassen. In einer Phase-III-Studie erreichten mit der Budesonid-Schmelztablette 93 Prozent der Patienten eine histologische Remission nach 6 Wochen (vs. 0 unter Plazebo) und 59 Prozent eine klinische Remission (vs. 0 Prozent unter Plazebo). Nach weiteren 6 Wochen Therapie stieg die klinische Remissionsrate sogar auf 85 Prozent (6). Als Nebenwirkung kann eine lokale Candidiasis auftreten, die aber nur in etwa 5 Prozent der Fälle behandlungsbedürftig ist und gut auf eine Therapie mit einem Fungizid anspricht. In zweiter Linie können Protonenpumpenhemmer (z. B. Pantoprazol, Esomeprazol) eingesetzt werden. Leider gebe es momentan zu ihrer Wirksamkeit bei der Therapie der EoE noch fast keine Daten, jedoch seien sie den topischen Kortikosteroiden eindeutig unterlegen, so Straumann. Die Hauptwirkung der Protonenpumpenhemmer kommt allerdings nicht über ihre Säurehemmung zustande; diskutiert wird die
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Hemmung von Eotaxin 3, einem Schlüsselzytokin in der EoE-Entwicklung (7).
Diät nur für sehr motivierte Patienten
Eine weitere valable Option ist die Eliminationsdiät (food elimination diet, FED). Falls es gelingt, die allergisierenden Speisekategorien zu identifizieren und zu eliminieren, ist das die einzige kausale Therapie der EoE, die bei konsequenter Anwendung ebenso zu einer dauerhaften Remission führt. Die Identifikation der auslösenden Speisen ist leider mühsam, da die EoE nicht IgE-vermittelt ist und somit praktisch alle Allergietests wertlos sind. Jede Speisekategorie muss somit auf die Messbank gelegt und ihre Wirksamkeit klinisch und endoskopisch kontrolliert werden. Die Schwierigkeit der Elimination auslösender Speisen besteht darin, dass es sich meistens um Grundnahrungsmittel – zum Beispiel Milchprodukte, Weizen, Eier – handelt. Eine diätetische Therapie der EoE ist deshalb nur für sehr motivierte Patienten geeignet und sollte gemeinsam von Ärzten und Ernährungsberatern durchgeführt werden.
Dilatation bringt Linderung
Eine weitere Option ist die Dilatation. Sie erreicht bei Patienten mit fibrostenosiserter EoE in 75 Prozent der Fälle eine deutliche Symptomverbesserung und ist bei vorsichtiger Durchführung mit einer sehr niedrigen Komplikationsrate belastet. Allerdings hat dieser Eingriff keinen Einfluss auf die der EoE zugrunde liegende Inflammation und sollte deshalb nur in Kombination mit einer antientzündlichen Therapie eingesetzt werden (8).
Biologika, wie zum Beispiel Anti-IL-5 (Benralizumab), An-
ti-IL-13 (RCP4046) und Anti-IL-4/13 (Dupilumab), kom-
men erst bei steroidrefraktärer EoE zum Einsatz.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Eosinophilic oesophagitis (EoE): Best pratice». United European Gastroenterology Week (UEGW), 10. bis 14. Oktober 2020, virtuell.
Referenzen: 1. Arias Á et al.: Systematic review with meta-analysis: the inci-
dence and prevalence of eosinophilic oesophagitis in children and adults in population-based studies. Aliment Pharmacol Ther. 2016; 43(1): 3–15. 2. Schoepfer AM et al.: Delay in diagnosis of eosinophilic esophagitis increases risk for stricture formation in a time-dependent manner. Gastroenterology. 2013; 145(6): 1230-6.e62. 3. Kuchen T et al.: Swallowed topical corticosteroids reduce the risk for long-lasting bolus impactions in eosinophilic esophagitis. Allergy. 2014; 69(9): 1248–1254. 4. Straumann A et al.: Budesonide orodispersible tablets maintain remission in a randomized, placebo-controlled trial of patients with eosinophilic esophagitis Gastroenterology. 2020; S00165085(20)35002-2. 5. Straumann A: Diagnosis and treatment of eosinophilic esophagitis. Gastroenterology. 2018; 154(2): 346–359. 6. Lucendo AJ et al.: Efficacy of Budesonide orodispersible tablets as induction therapy for eosinophilic esophagitis in a randomized placebo-controlled trial. Gastroenterology. 2019; 157(1): 74–86.e15. 7. Cheng E et al.: Omeprazole blocks eotaxin-3 expression by oesophageal squamous cells from patients with eosinophilic oesophagitis and GORD. Gut. 2013; 62(6): 824–832. 8. Moawad FJ et al.: Meta-analysis: the safety and efficacy of dilation in eosinophilic oesophagitis. Aliment Pharmacol Ther. 2013; 38(7): 713–720.
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