Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Die frivole Gisela: Die Nachricht, die wir uns in unserer WhatsApp-Gruppe alle wünschen: «Das Coronavirus hat die Gruppe verlassen.»
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Eine der sympathischsten FacebookGruppen heisst «View from my window». Gegründet im März dieses Jahres, als viele Menschen weltweit erstmals wegen Corona zuhause bleiben mussten. Die Regel: Ein einziges Fotos posten: Blick aus dem Fenster. Und irgendwie rückt damit die Welt zusammen, eine virtuelle Solidarität erfasst alle, die da ihren Garten, die Fassade visà-vis, den Blick auf die untergehende Sonne, eine belanglose Strasse, das Meer oder die Dächer einer Stadt posten. Sie möchten sehen, wie es gerade aussieht in Beluga (Alaska), Ripponden (West Yorkshire, UK), Walhalla (Victoria, Australien), Charneux (Belgien), Arad (Israel), Holton (Michigan, USA), Guanabara Bay (Brasilien), Port Coquitlam (Kanada), Geoje Island (Südkorea), Geilo (Norwegen), Teheran, Dublin, Asturias (Spanien), Whangarai (Neuseeland), Stara Baska (Insel Krk, Kroatien), Hedingen (Schweiz)? Kein Problem. Es wohnen überall Menschen wie Sie, mit den gleichen Nöten und Freuden, manche exotisch, einige luxuriös, andere ganz gewöhnlich. Sie alle lernt man einen kurzen Moment lang kennen, verstehen – und irgendwie gern haben. «View from my window» – etwas vom Besten, das Corona hervorbrachte (auch wenn einige Bilder nicht aktuell sind).
sss
Hoffen wir mal, Stefan Zweig habe recht: «Die Vernunft, sie, die ewige und still geduldige, kann warten und beharren. Manchmal, wenn die anderen trunken toben, muss sie schweigen und verstummen. Aber ihre Zeit kommt, immer kommt sie wieder.»
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Verschwörungstheoretiker 2.0: «Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber angesichts der leeren Intensivstationen scheint mir, es muss irgend etwas anderes dahinter stecken …»
sss
Den Gastrobetrieben, Theatern, Hotels, Fitnessclubs, dem Einzelhandel, den Musikern und vielen andern fehlen Milliarden von Franken Umsatz. Existenzgefährdend. Man stutzt: Wo bleibt eigentlich all das Geld, das die Leute in den vergangenen Monaten nicht ausgaben (ausgeben konnten)? Wurden die verhinderten Kunden, Besucher, Gäste, Käufer seit März 2020 um diese Summe reicher? Irgendwo muss das Geld doch geblieben sein.
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Schon die alten Römer wussten: Was immer du tust, tue es klug und beachte das Ende! (Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.) Doch leider: Klug daherzureden, ohne auch so zu handeln – das überlebten nicht mal die Römer.
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Politiker empören sich gern über ein sinnloses Verbrechen und einen feigen Anschlag. Als hätten sie mit sinnvollen Verbrechen und mutigen Anschlägen weniger Probleme. Oder hätten sie?
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«Warum wirst du mich verlassen haben?» Logikaufgabe: Bei wem könnte dieser Satz Sinn ergeben? Die Lösung ist so einleuchtend wie überraschend: Ein betrunkener Hellseher ruft nachts seine zukünftige Ex an. (Quelle: Postillon)
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Das mit den «alten weissen Männern» ist so: «Weiss» ist für Antirassisten keine Hautfarbe, sondern (echtes
Zitat!) eine «politische Kategorie, die mit Macht- und Herrschaftsstrukturen einhergeht». Capito? (Ob «alt» alt bedeutet und «Männer» Männer oder beides einfach etwas Unappetitliches bezeichnet, wäre zu untersuchen, aber bei «weiss» weiss man’s.) Die verschwurbelte Umschreibung von «weiss» = «rassistisch» will nichts anderes sagen, als dass nur Weisse – jedenfalls sofern männlich und alt – «weiss» sein können oder schlimmer, dass alle hautfarben Weissen «weiss» sind. Dass es also keine schwarzen oder braunen Rassisten gibt, und letztlich auch keine Weissen, die nicht rassistisch sind.
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An die Liebe und an Corona glauben viele erst, wenn es sie erwischt.
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Und das meint Walti: Wozu ist Mathe in der Schule gut, wenn man am Ende nicht weiss, welche der vier Ebenen im Backofen nun die mittlere ist.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 24 | 2020