Transkript
FORTBILDUNG
Vorsorgeuntersuchungen in der Frühschwangerschaft
Update 2020: Was ist sinnvoll, was unnötig?
Im Rahmen der ersten regulären Schwangerschaftskontrolle erfolgen nebst einer ausführlichen Anamnese diverse laborchemische Serumanalysen. Bei den meisten dieser Untersuchungen handelt es sich um Routineuntersuchungen, die unabhängig von der Anamnese sind und sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Nicht alle dieser Untersuchungen sind sinnvoll.
Nicole Malah und Martin Müller
Bis jetzt scheint es in der Schweiz keinen Konsens über die Sinnhaftigkeit der einzelnen Routineuntersuchungen in der Frühschwangerschaft zu geben. Momentan hat jede Geburtshelferin und jeder Geburtshelfer ein eigenes Set an Analysen, welche bei Schwangeren durchführt werden. Grundsätzlich handelt es sich um Screeninguntersuchungen, die dann sinnvoll sind, wenn eine Untersuchung ohne grösseren Aufwand und ohne Risiko für Mutter und Kind durchgeführt werden kann. Gleichzeitig sollte bei positivem Resultat eine Intervention/Prävention möglich sein. Im Folgenden evaluieren wir die einzelnen Untersuchungen in der Schwangerschaft. Zu beachten ist, dass wir uns auf Routineuntersuchungen und nicht auf indizierte Untersuchungen fokussieren.
MERKSÄTZE
� Screeninguntersuchungen sind sinnvoll, wenn diese ohne Risiko für Mutter und Kind durchgeführt werden können und die Möglichkeit einer Intervention besteht.
� Eine routinemässige Bestimmung der Toxoplasmoseund Zytomegalieserologie ist aufgrund der unklaren Konsequenzen nicht sinnvoll.
� Bei Mangelzuständen sollten Eisen und Vitamin D substituiert werden.
� Bei erhöhtem Präeklampsierisiko sollte eine Acetylsalicylsäureprophylaxe erfolgen.
� Untersuchungen mit fehlenden oder unklaren Konsequenzen zu unterlassen vermeidet eine Verunsicherung der Patientin und verringert die Kosten.
HIV
Die peripartale HIV-Übertragungsrate von Mutter zu Kind konnte in der letzten Zeit massiv gesenkt werden. Voraussetzung dafür ist die medikamentöse Kontrolle der viralen Aktivität, was eine frühzeitige Diagnose bedingt. Ist die virale Aktivität dank antiretroviraler Therapie nicht mehr nachweisbar (< 400 Kopien/ml), liegt das Übertragungsrisiko bei 1 Prozent, während die Übertragungsrate bei > 30 000 Kopien/ml bei 23 Prozent liegt (1). Somit wird ein HIV-Screening in der Frühschwangerschaft empfohlen und auch von praktisch allen Patientinnen akzeptiert.
Lues
Eine maternale Syphilisinfektion birgt das Risiko einer transplazentaren Übertragung des Lueserregers Treponema pallidum. Die Übertragungsrate ist vom Stadium der Syphilis abhängig. Sie liegt bei frühem Krankheitsstadium (primäre oder sekundäre Syphilis) mit entsprechend höherer Erregerlast bei 50 Prozent und sinkt im Verlauf auf 10 Prozent (späte latente Syphilis) (2). Die Auswirkungen der vertikalen Übertragung sind ebenfalls vom Gestationsalter abhängig. In der Frühschwangerschaft ist das Abortrisiko und in der Spätschwangerschaft das Frühgeburtsrisiko erhöht. Zusätzlich kann eine fetale Infektion im späteren Schwangerschaftsverlauf zu möglicherweise sonografisch darstellbaren Veränderungen (z. B. Hydrops fetalis und/oder Wachstumsrestriktion) und letztlich zu Lues connata führen (3). Eine frühe Diagnose erlaubt eine rechtzeitige Therapie mit Penicillin. Bei adäquater Therapie wird das Risiko eines intrauterinen Fruchttodes (IUFT) um 82 Prozent, das Risiko einer Frühgeburt und einer Wachstumsrestriktion um 65 Prozent und das Risiko einer Lues connata um 97 Prozent reduziert (4). Bei Penicillinallergie sollte eine Desensibilisierung erfolgen (5).
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FORTBILDUNG
Hepatitis B
Bei einer perinatalen Infektion mit Hepatitis B verläuft die Infektion häufig chronisch, und sie erhöht das Risiko für eine Leberzirrhose und für ein hepatozelluläres Karzinom. Eine Transmission kann intrauterin, intrapartal oder postpartal (z. B. beim Stillen) erfolgen, wobei die intrapartale Übertragung am häufigsten ist. Ein adäquates Management reduziert das peripartale Übertragungsrisiko von 90 auf 1,1 Prozent (6, 7). Die wichtigste Massnahme ist die aktive und passive Impfung des Kindes innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt. Weiterhin kann bei hoher Viruslast eine antivirale Therapie diskutiert werden (8). Eine Entbindung per Sectio bietet keinen klaren Vorteil (9), und Stillen ist bei durchgeführter Impfung problemlos möglich. Falls die Schwangere bereits dreimal geimpft ist oder einen dokumentierten Titer von einmalig > 100 IE/l respektive nach mehr als 3 Jahren von > 10 IE/l hat, ist von Immunität auszugehen. Bei erhöhten Risiken wie Dialyse oder Immunsuppression sollte trotzdem eine aktive Infektion (Nachweis des HbsAG) ausgeschlossen werden.
Hepatitis C
Derzeit ist die Hepatitis C in Industrienationen die häufigste Ursache für eine chronische Hepatitis des Kindes (10). Wie bei Hepatitis B kann die Transmission intrauterin, intrapartal oder postpartal erfolgen. Die Übertragungsrate liegt bei etwa 5 Prozent, und sie wird beeinflusst durch die Höhe der Viruslast oder eine Co-Infektion (z. B. HIV), welche das Risiko verdoppeln kann (11). Eine Entbindung per Sectio sowie ein Verzicht auf das Stillen (ausser bei blutigen Brustwarzen) senken die Infektionsrate nicht (12). Eine peripartale Infektion führt in 80 Prozent der Fälle zur chronischen Hepatitis beim Kind (13). Zu beachten ist, dass eine definitive pädiatrische Diagnostik erst 18 Monate postpartal möglich ist (14a). Die üblichen Medikamente zur Behandlung der Hepatitis C sind in der Schwangerschaft kontraindiziert oder experimentell (14b). Derzeit ist die einzige Konsequenz einer Diagnose in der Frühschwangerschaft, wann immer möglich auf invasive fetale Diagnostik (z. B. Amniozentese) zu verzichten und einen prolongierten Blasensprung zu vermeiden (15a). Eine kürzlich publizierte Empfehlung der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schlägt ein generalisiertes Screening auf Hepatitis C bei einer Prävalenz > 0,1 Prozent vor (15b).
Rubella
Eine transplazentare Rubellainfektion kann insbesondere in den ersten 16 Wochen der Schwangerschaft zu schweren Fehlbildungen im Sinne einer Rötelnembryopathie beziehungsweise Fetopathie führen. Bei einer Infektion nach 20 Wochen ist eher eine Wachstumsrestriktion zu erwarten. Die Übertragungsrate bei maternaler Infektion variiert je nach Gestationssalter zwischen 25 und 100 Prozent. Im 1. Trimester liegt sie bei 81 Prozent (16), sodass eine fetale Infektion mittels Amniozentese mit Virusnachweis aus dem Fruchtwasser häufig erwogen wird. Eine kausale Therapie ist nicht vorhanden, und bei schweren Fehlbildungen wird häufig ein Schwangerschaftsabbruch diskutiert.
Ist eine Patientin zweimalig gegen Röteln geimpft, kann auf die Serologie verzichtet werden, da dann eine Immunität auch bei niedrigem Titer angenommen werden kann (17). Ist die Patientin jedoch nicht geimpft und seronegativ, sollte während der Schwangerschaft eine Prävention durch Verhaltensmassnahmen empfohlen werden. Ausserdem sollte zur Nachimpfung im Wochenbett im Hinblick auf weitere Schwangerschaften geraten werden. Eine Impfung in der Schwangerschaft ist zwar wegen des Lebendimpfstoffes kontraindiziert, jedoch wurde eine Rötelnembryopathie nach einer Impfung in der Schwangerschaft bisher nicht dokumentiert (18). Eine präkonzeptionelle Impfung aller Frauen mit Kinderwunsch wäre sinnvoll und wünschenswert.
Varizellen
Ähnlich wie bei der Rubellainfektion kann eine transplazentare Ansteckung des Embryos oder Feten insbesondere zwischen der 8. und der 20. Schwangerschaftswoche zu schweren Fehlbildungen führen (19). Das Risiko einer kongenitalen Varizellenerkrankung bei erkrankter Mutter beträgt jedoch nur 2 Prozent (zwischen der 13. und 20. Schwangerschaftswoche) respektive < 1 Prozent (vor der 13. Schwangerschaftswoche) (19). Sonografische Veränderungen können hinweisend sein, die Diagnose aber erfolgt mittels Amniozentese. Anders als bei einer Rubellainfektion gibt es bei Varizellen die Möglichkeit, das Übertragungsrisiko mittels zeitnaher maternaler Immunglobulingabe zu senken (19, 20). Ein separates Krankheitsbild ist die neonatale Varizelleninfektion, welche bei maternaler Infektion um die Geburt (–5 Tage bis +2 Tage) entstehen kann. Die neonatale Mortalität liegt bei zu 30 Prozent (21), sodass bei einer peripartalen Varizelleninfektion die Entbindung möglichst hinausgezögert werden und/oder das Neugeborene zeitnah Immunglobuline erhalten sollte. Wie bei Rubella sollte auch bei Varizellen bei seronegativen Frauen mit Kinderwunsch auf eine präkonzeptionelle Impfung geachtet werden, da eine Impfung während der Schwangerschaft ebenfalls kontraindiziert ist. Eine Reaktivierung einer abgelaufenen Varizelleninfektion im Sinne eines Herpes zoster ist in der Schwangerschaft anders als eine Neuinfektion ungefährlich, da es dabei nicht zu einer Virämie kommt (19).
Parvovirus B19
Parvovirus B19 infiziert typischerweise sich rasch teilende Zellen und ist zytotoxisch für die Vorläuferzellen der Erythrozyten (22). Eine transplazentare Infektion kann somit zur fetalen Anämie und zum Hydrops fetalis führen. Das Risiko für IUFT liegt bei maternaler Infektion bei insgesamt 6 Prozent, und es sinkt mit abnehmendem Gestationsalter (23). Sollte bei der Schwangeren eine Serokonversion nachgewiesen werden, sind serielle Ultraschalluntersuchungen zur frühzeitigen Detektion einer fetalen Anämie und eines Hydrops indiziert (24). Bei Verdacht auf fetale Anämie (Vmax der ACM über 1,5 MoM) erfolgt in der Regel eine Chordozentese und gegebenenfalls eine intrauterine Transfusion. Das verbessert das fetale Outcome (25), und ein Screening ist somit sinnvoll.
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Toxoplasmose
Mit einem zunehmenden Gestationsalter nimmt zwar die Rate der transplazentaren Toxoplasmosetransmission zu, aber der Schweregrad der fetalen Morbidität nimmt ab (26). Eine fetale Infektion kann mittels Amniozentese bestätigt werden, und eine potenzielle Therapie mit Spiramycin und/oder Pyrimethamin/Sulfonamid kann erfolgen (27). Es gibt jedoch mehrere Probleme beim Screening auf Toxoplasmose: Das Hauptproblem ist die hohe Rate falsch positiver Befunde bei der Bestimmung von Antikörpern. Ein positives IgM kann über Jahre persistieren (27), ebenso die niedrige IgG-Avidität, welche grundsätzlich für eine frische Infektion spricht (28). Somit müsste ein wirksames Toxoplasmosescreening periodisch erfolgen, um eine asymptomatische Infektion möglichst schnell zu diagnostizieren, zumal eine Therapie dem Fötus nur bei frühem Beginn (idealerweise innert 3 Wochen) nützt (29). Ein repetitives Screening erhöht aber die Kosten und kann oft nicht zuverlässig durchgeführt werden. Auch die Rate falsch positiver Befunde mit nachfolgenden unnötigen Behandlungen steigt somit an. Sogar bei monatlichem Screening, wie in Frankreich, spricht nur eine schwache Datengrundlage für eine verminderte transplazentare Transmission nach der Therapie, auch wenn möglicherweise die Schwere der fetalen Erkrankung reduziert wird (27). Nicht zu vergessen ist eine mögliche Reinfektion mit einem anderen Toxoplasmosestamm bei einer als immun geltender Patientin (30). In Anbetracht der diversen Stolpersteine wird ein generelles Screening heute nicht mehr empfohlen. Eine Toxoplasmoseserologie kann allerdings bei maternalen Symptomen (z. B. Lymphadenopathie, Fieber) oder suggestiven sonografischen Befunden durchgeführt werden. Eine Prävention mittels Hygienemassnahmen sollte jedoch allen Schwangeren empfohlen werden.
Ferritin und Hämoglobin
Die Anämie in der Schwangerschaft ist ein häufiges Problem, auch wenn ein gewisser Verdünnungseffekt wegen des grösseren Plasmavolumens physiologisch ist. Die Grenzwerte liegen bei einem Hämoglobin (Hb) von 110 g/l im 1. und 3. Trimenon und bei einem Hb von 105 g/l im 2. Trimenon (34). Der häufigste Grund einer Anämie ist ein Eisenmangel. Ein Ferritin von < 30 mg/l weist auch bei normalem Blutbild auf leere Eisenspeicher hin (35). Die Bestimmung sollte immer einschliesslich des CRP erfolgen, um einen falsch hohen Wert im Rahmen einer Entzündung auszuschliessen. Im Zweifel muss eine zusätzliche Bestimmung der Transferinsättigung durchgeführt werden. Da der Eisenbedarf in der Schwangerschaft hoch ist, ist eine frühzeitige Substitution sinnvoll, um eine Eisenmangelanämie zu vermeiden. Die Substitution sollte primär per os erfolgen. Der Erfolg der Therapie sollte frühestens nach 2 bis 3 Wochen überprüft werden (36). Bei ungenügendem Anstieg von Ferritin und Hb, Unverträglichkeit oder hohem peripartalen Blutungsrisiko (z. B. Plazenta praevia) ist eine parenterale Substitution indiziert. Liegt trotz hohem Ferritin eine Anämie vor, sollten andere Ursachen wie Vitamin-B12-Mangel oder eine Hämoglobinopathie ausgeschlossen werden. Ein Vitamin-B12-Mangel sollte insbesondere bei makrozytärem Blutbild in Betracht gezogen werden. Er ist bei Vegetarierinnen häufig und kann parenteral substituiert werden. An eine Hämoglobinopathie sollte man insbesondere bei gewissen ethnischen Gruppen denken. Ein tiefes mittleres korpuskuläres Volumen (MCV) mit Mentzer-Index (MCV/ Erythrozytenzahl) < 13 kann auf eine Thalassämie hinweisen. Die Diagnose wird mittels Hb-Elektrophorese gestellt. Sollte sich eine heterozygote Hämoglobinopathie bestätigen, müssen eine Partnerdiagnostik und gegebenfalls eine invasive Pränataldiagnostik angeboten werden (37).
Zytomegalievirus
Zytomegalie ist die häufigste kongenitale virale Infektion. Eine Infektion kann asymptomatisch oder symptomatisch ablaufen, wobei der Schweregrad der Symptome stark variieren kann. Die Langzeitfolgen für das betroffene Kind sind schwer vorherzusagen. Auch ein Zytomegaliescreening stellt uns vor diverse Probleme. Die Zytomegalieserologie ist nicht leicht zu interpretieren, da IgM nicht bei allen akuten Infektionen zu finden ist, nach einer akuten Infektion persistieren, bei einer Reaktivierung erneut positiv werden und auch im Rahmen von anderen viralen Infektionen (z. B. EBV) positiv werden kann. Wie bei der Toxoplasmose sind auch bei der Zytomegalie eine Neuinfektion mit einem anderen Stamm sowie eine Reaktivierung möglich, was die Interpretation zusätzlich erschwert (31). Diagnostisch für eine neue Infektion ist eine Serokonversion mit neu positivem IgG oder (in geringerem Ausmass) ein Nachweis von IgG mit tiefer Avidität (32). Es gibt keine erwiesenermassen wirksame Therapie: Die Gabe von Immunglobulinen war in der einzigen randomisierten, kontrollierten Studie nicht wirksamer als Plazebo (33). Die Zytomegalieserologie sollte deshalb nur bei maternalen Symptomen oder suggestiven sonografischen Befunden erwogen werden.
Vitamin D
Tiefe Vitamin-D-Spiegel in der Schwangerschaft sind assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes, Präeklampsie und SGA-(small for gestational age-)Feten (38). Ob eine Substitution jedoch das Outcome wirklich verbessert und welcher Serumspiegel angestrebt werden soll, ist weiterhin nicht ganz klar (39, 40). Eine perorale Substitution ist einfach durchzuführen, wird von den Schwangeren akzeptiert und sollte deshalb angesichts der aktuellen Datenlage erfolgen.
Alpha-Fetoprotein
Die Bestimmung des Alpha-Fetoproteins (AFP) im maternalen Serum kann Hinweise auf einen Neuralrohrdefekt des Feten geben. Allerdings ist der AFP-Wert von vielen Faktoren abhängig (Gestationsalter, maternales Gewicht, Diabetes mellitus, Ethnizität usw.), welche die Interpretation erschweren. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung der hochauflösenden Ultraschalldiagnostik ist die Analyse mittlerweile obsolet geworden, da ein erhöhter Wert allein nicht viel aussagt und in jedem Fall eine detaillierte Sonografie nach sich zieht. Grundsätzlich sollte aber unabhängig vom AFP-Wert bei allen Feten eine detaillierte Ultraschalluntersuchung von
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Gehirn und Rücken stattfinden. Die AFP-Serologie bietet also keinen zusätzlichen Nutzen.
Ersttrimestertest mit Biochemie und Präeklampsiescreening
Mit einer sonografischen Screeninguntersuchung zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche können gravierende strukturelle Fehlbildungen ausgeschlossen werden. Ausserdem bietet der Ersttrimestertest (ETT; Untersuchung auf fetale Nackenfalte, Biomarker-PAPP-A und freies bHCG sowie Anamnese) die Risikokalkulation für fetale Aneuploidien. Wichtig ist eine umfassende Aufklärung vor der Untersuchung. Seit kurzer Zeit ist es möglich, zum Zeitpunkt des ETT ein kombiniertes Präeklampsiescreening durchzuführen. Dabei wird das Risiko mit Einbezug von anamnestischen Faktoren, des Widerstands in den uterinen Gefässen und des Biomarkers PlGF (placental growth factor) berechnet. Das kombinierte Präeklampsiescreening bietet eine bessere Performance als ein Screening allein mit anamnestischen Faktoren (41). Sollte sich ein erhöhtes Risiko ergeben, kann dieses durch die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) 150 mg (0-0-0-1) massiv gesenkt werden (42). Derzeit ist das Präeklampsiescreening nicht in unseren Schwangerschaftsrichtlinien enthalten, aber sicherlich sinnvoll.
Schlussbemerkungen
Aufgrund der Häufigkeit der Routineuntersuchungen ist es
wichtig, dass wir uns bewusst sind, warum diese durchge-
führt werden. Wir sollten den Mut haben, Untersuchungen
mit fehlenden oder unklaren Konsequenzen zu unterlassen.
So kann eine Verunsicherung der Patientin vermieden wer-
den, und es entstehen keine überflüssigen Kosten für das
Gesundheitswesen. Es ist jedoch wichtig, essenzielle Unter-
suchungen durchzuführen und somit die entsprechenden
Grundsteine für einen idealen Verlauf der Schwangerschaft
zu legen.
s
Prof. Dr. Dr. med. Martin Müller Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital Bern 3010 Bern E-Mail: martin.mueller@insel.ch
Interessenlage: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel bestehen.
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