Transkript
STUDIE REFERIERT
Hypertonie
Monotherapie mit Blutdrucksenkern im Vergleich
In einer Netzwerkmetaanalyse mit plazebokontrollierten Studien zeigte sich, dass die verschiedenen Medikamentenklassen als Monotherapie bei Hypertonie das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in einem recht ähnlichen Ausmass vermindern.
JAMA Network Open
Für die Therapie bei Hypertonie werden ACE-Hemmer, Sartane, Kalziumkanalantagonisten oder Diuretika empfohlen. Welche Substanzklasse als Monotherapie zunächst verordnet wird, richtet sich nach Risikofaktoren und/oder Begleiterkrankungen des Patienten sowie dem Nebenwirkungsprofil der verschiedenen Substanzklassen. Die Autoren der kürzlich publizierten Studie wollten herausfinden, ob es Unterschiede zwischen den genannten Substanzklassen bezüglich deren Wirksamkeit zur Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse gibt, wenn sie als Monotherapie eingesetzt werden. Sie zogen dafür 46 plazebokontrollierte Hypertoniestudien mit insgesamt 248 887 Patienten zurate, die seit 1990 publiziert worden waren. Zusätzlich zu den eingangs genannten Medikamentenklassen berücksichtigten sie auch Betablocker, die von der Schweizerischen Hypertoniegesellschaft nicht mehr als First-Line-Antihypertonika empfohlen werden. Bei den Teilnehmern der für die Netzwerkmetaanalyse ausgewählten Studien scheint es sich um Hypertoniker gehandelt zu haben, wie sie auch in der Praxis häufig anzutreffen sind. Sie waren im Durchschnitt um die 65 Jahre alt
und hatten keine schwerwiegenden Komorbiditäten; etwas mehr als die Hälfte waren Männer. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wurde von verschiedenen Substanzklassen im Vergleich zu Plazebo in etwa gleichem Ausmass gesenkt, mit kleinen Unterschieden im Detail. So wurde das generelle Risiko für alle kardiovaskulären Ereignisse zusammengenommen um 17 bis 29 Prozent vermindert. Betrachtet man die einzelnen Substanzklassen, scheint es dabei eine Rangfolge zu geben, die Konfidenzintervalle sind jedoch breit: ACE-Hemmer (–29% [17–40%]), Kalziumkanalantagonisten (–27% [16–36%]), Diuretika (–27% [15–38%]), Sartane (–21% [6–33%]) und Betablocker (–17% [2–30%]). Die Studie erbrachte insofern keine überraschenden Resultate, und sie steht in Einklang mit früheren Metaanalysen. Die Autoren der vorliegenden Publikation berichten, dass man 143 Hypertoniker mit Kalziumkanalantagonisten behandeln müsste, um 1 kardiovaskulär bedingten Todesfall zu verhindern. Um 1 Herzinfarkt zu verhindern, müssten 42 Hypertoniker einen ACEHemmer nehmen. Mit einem Diuretikum als Monotherapie müssten es hin-
gegen 100 Hypertoniker sein, um eben-
falls 1 Herzinfarkt zu vermeiden. Um
1 Schlaganfall zu verhindern, brauche
es 63 Hypertoniker mit Kalziumkanal-
antagonisten oder 48 mit Diuretika.
In diesem Zusammenhang sei es auch
wichtig zu erwähnen, dass die Assozia-
tion zwischen einer Hypertoniebehand-
lung und weniger kardiovaskulären Er-
eignissen in klinischen Studien immer
stärker sei als im wirklichen Leben, be-
tonen die Autoren der Metaanalyse.
Studienprobanden sind in der Regel
hoch motiviert, und die Medikation
wird im Rahmen einer Studie meist zu-
verlässiger eingenommen als im Alltag.
Für die Praxis interessant sind auch die
Nebenwirkungsprofile der einzelnen
Substanzklassen, die in der Tabelle zu-
sammengefasst sind.
RBO ▲
Wei J et al.: Comparison of cardiovascular events among users of different classes of antihypertension medications – a systematic review and network meta-analysis. JAMA Network Open 2020; 3(2): e1921618.
Interessenlage: Ein Autor der referierten Studie wurde von einem Statistikanbieter unterstützt, ein weiterer deklariert Sponsoring durch ein pharmazeutisches Unternehmen, alle anderen geben keine Interessenkonflikte an.
Tabelle:
Nebenwirkungsprofile der Substanzklassen in der Netzwerkmetaanalyse
Nebenwirkung Ödeme
Plazebo 3,7%
ACE-Hemmer 0,5%
Kalziumkanalantagonisten 17,1%
Sartane 15,1%
Betablocker 8,7%
Husten
16,1%
8,3%
9,6%
2,7%
4,1%
Kopfschmerzen oder Hypotonie
Schwindel
8,8% 10,2%
0,7% 1,7%
7,9% 7,5%
10,8% 14,8%
1,4% 9,1%
Diuretika 9,9% 5,4%
7,4%
9%
ARS MEDICI 13 | 2020
419