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COVID-19
Wie sinnvoll sind Schutzmasken?
Seit sich das SARS-CoV-2-Virus ausbreitet, wird diskutiert, wie sinnvoll das Tragen von Schutzmasken ist. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Masken und ihr Schutzpotenzial.
War zu Beginn der COVID-19-Pandemie der Nutzen von Masken in der breiten Bevölkerung noch umstritten, kristallisiert sich nun heraus, dass ein Mund-Nasen-Schutz doch vorteilhaft sein kann und immer häufiger von Experten empfohlen wird. Doch nach wie vor stellt Schutzausrüstung weltweit eine Mangelware dar. Welche Alternativen gibt es zu den professionellen Atemschutzmasken, und welchen Schutz bieten die unterschiedlichen Schutzmaskentypen? Im Folgenden werden die vier verschiedenen Schutzmasken, ihre Besonderheiten und ihr Schutzpotenzial vorgestellt.
1. Chirurgischer beziehungsweise medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS-Masken) oder umgangssprachlich «OPMaske»: Er besteht aus mehreren dünnen Lagen Papier und Vlies. Er dient vor allem dem Fremdschutz und schützt das Gegenüber vor der Exposition potenziell infektiöser Tröpf-
Empfehlungen für die Schweiz
s Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt für Gesundheitsfachper-
sonen im Umgang mit symptomatischen oder COVID-19-positiven
Personen eine chirurgische Maske (Typ II oder IIR) zu tragen. Bei aero-
solgenerierendenTätigkeiten wie Bronchoskopie, Reanimation, nicht
invasive Beatmung, Absaugen mit offenem System ist das Tragen
einer FFP2/3-Maske empfohlen. Chirurgische Masken können wäh-
rend 8 Stunden getragen werden, auch wenn sie feucht sind,
FFP2/3-Masken können über die ganze Schicht hinweg getragen wer-
den (1).
s Gemäss Empfehlungen des Nationalen Zentrums für Infektionsprä-
vention (Swissnoso) zu Vorsorgemassnahmen in Spitälern können
chirurgische und FFP2-Masken bei Knappheit grundsätzlich mehr-
mals vom gleichen Benutzer getragen werden. Die gebrauchte Maske
soll zwischen zwei Einsätzen in einem sauberen, luftdurchlässigen
Behälter (z. B. Papiertüte, keineTupperware) aufbewahrt werden. Die
Hände sind vor und nach dem Berühren der Maske mit einem alko-
holischen Desinfektionsmittel zu reinigen (2).
vh s
Referenzen: 1. BAG-Empfehlungen, Stand 21.4.20: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/
krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/ novel-cov/information-fuer-die-aerzteschaft/schutzmassnahmen.html 2. Empfehlungen Swissnoso, Stand 21.4.20: www.swissnoso.ch
chen desjenigen, der den Mundschutz trägt. Er stellt keine Atemschutzmaske dar, reduziert jedoch die Abgabe von infektiösen Tröpfchen in die Umgebung. Den Träger schützt er (nur) vor makroskopischen Tröpfchen aus dem Auswurf zum Beispiel eines Patienten. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erklärt die hauptsächlich einseitige Schutzwirkung wie folgt: Da der Träger je nach Sitz des MNS im Wesentlichen nicht durch das Vlies des MNS einatmet, sondern die Atemluft an den Rändern des MNS vorbei angesogen wird, bieten MNS für den Träger in der Regel kaum Schutz gegenüber erregerhaltigen Tröpfchen und Aerosolen. Sie können jedoch Mund- und Nasenpartie des Trägers vor einem direkten Auftreffen grösserer Tröpfchen des Gegenübers schützen sowie vor einer Erregerübertragung durch direkten Kontakt mit den Händen (1, 2). 2. FFP2/3-Masken (FFP = filtering face piece): Diese filtrierenden Atemschutzmasken haben im Gegensatz zu chirurgischen MNS-Masken die Funktion, auch den Träger zu schützen. Diese Masken weisen eine deutlich höhere Dichtigkeit als die chirurgischen MNS-Masken auf. Hierauf bezieht sich auch die Klassifizierung FFP1 bis 3: Masken der FFP-Klasse 1 dürfen bei einem mittleren Partikeldurchmesser von 0,6 µm eine «Gesamtleckage» (= Undichtigkeit) von höchstens 25 Prozent aufweisen, Masken der FFPKlasse 2 von höchstens 11 Prozent und Masken der FFPKlasse 3 von höchstens 5 Prozent (1). Zur Reduktion des Atemwiderstandes werden diese Masken auch mit Ausatemventil angeboten. Das BfArM macht in diesem Zusammenhang auf einen wichtigen Unterschied aufmerksam: Masken ohne Ventil filtern sowohl die eingeatmete Luft als auch die Ausatemluft und bieten daher sowohl einen Eigenschutz als auch einen Fremdschutz. Masken mit Ventil filtern nur die eingeatmete Luft und sind daher nicht für den Fremdschutz ausgelegt. 3. «Community-Masken»: selbst genähte Behelfs-Mund-Nasen-Masken aus handelsüblichen Stoffen. Hierbei handelt es sich ausdrücklich nicht um ein Medizinprodukt. Eine Schutzwirkung ist nicht nachgewiesen; durch das Tragen kann jedoch die Geschwindigkeit des Atemstroms oder der Speicheltröpfchenauswurf reduziert werden, und die Masken können das Bewusstsein für Social Distancing sowie für einen gesundheitsbezogenen achtsamen Umgang mit
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Wiederaufbereitung von Masken in Ausnahmefällen
Um die Lieferengpässe zu überbrücken, wurde am 31. März 2020 eine Lösung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Bundesministerium für Gesundheit vorgeschlagen: ein neuartiges Wiederverwendungsverfahren, durch das in Ausnahmefällen Atemschutzmasken maximal dreimal durch ein Erhitzungsverfahren und unter Einhaltung besonderer Sicherheitsauflagen wiederaufbereitet werden können (5). Das Verfahren zur Wiederverwendung von Schutzmasken in Einrichtungen des Gesundheitswesens wurde unter Einbeziehung des Robert-Koch-Instituts (RKI), des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) entwickelt. Das neue Verfahren erfolgt demnach durch das ordnungsgemässe Personifizieren, Sammeln und Dekontaminieren der Masken durch Erhitzen. Es könne in Ausnahmefällen, wenn nicht ausreichend persönliche Schutzausrüstung vorhanden sei, in den Einrichtungen des Gesundheitswesens mit vorhandenen Mitteln kurzfristig umgesetzt werden, ohne das Schutzniveau zu senken. In der Kurzform lauten die Empfehlungen: s MNS-Masken können nach geeigneter Wiederaufbereitung – bei
65 bis 70 °C für 30 Minuten – wiederverwendet werden. s FFP2/3-Masken mit CE-Kennzeichnung oder solche, die nach dem
Prüfgrundsatz der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) zugelassen sind, können ebenfalls nach Hitzebehandlung wiederverwendet werden. s FFP2/3-Masken aus den USA, Kanada, Australien oder Japan sind vor Wiederaufbereitung einem Schnelltest zurTemperaturbeständigkeit zu unterziehen.
Masken chinesischer Herkunft dürften bei Importen aktuell den grössten Mengenanteil ausmachen. Sie fallen unter die Nummer 2 und können unter den genannten Bedingungen wiederaufbereitet werden.
Die ausführlichen Hinweise lesen Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (5). Weitere wichtige Massnahmen, die bei einer Wiederverwendung von Schutzmasken zu beachten sind, finden Sie auf den Seiten des RKI (6).
sich und anderen schärfen (2). Einige Regeln sind jedoch bei der Anwendung zu beachten. 4. Gesichtsmasken mit Visier: Diese Schutzvisiere aus transparentem Kunststoff kommen im medizinischen Bereich als zusätzlicher Spritzschutz bei Operationen oder zahnmedi-
Masken ohne Ventil filtern sowohl die eingeatmete Luft als auch die Ausatemluft und bieten daher sowohl einen Eigenschutz als auch einen Fremdschutz. Masken mit Ventil filtern nur die eingeatmete Luft und sind daher nicht für den Fremdschutz ausgelegt.
zinischen Eingriffen zum Einsatz. In den einschlägigen Empfehlungen der Behörden zu COVID-19 finden Sie derzeit keine Erwähnung. Dennoch können Sie in der Ärzte-
schaft als ergänzende Schutzmassnahme zu den medizinischen MNS- beziehungsweise FFP-Masken in Erwägung gezogen werden, als solche werden sie zum Beispiel auch in den DEGAM-Benefits der vergangenen Wochen empfohlen. Immer mehr fachfremde Unternehmen und auch Privatpersonen, die im Besitz von 3-D-Druckern sind, beteiligen sich zurzeit an der Produktion solcher Schutzvisiere, um den Gesundheitssektor (oft regional) zu unterstützen. Vorlagen für 3-D-Drucker und für weitere handgemachte Visiere findet man mittlerweile zahlreich im Internet.
Mangel an Schutzmasken
Von der österreichischen Regierung wurde sie bereits am 1. April 2020 eingeführt, in Deutschland wird sie im Zuge der schrittweisen Lockerungen der Schutzmassnahmen ebenfalls heiss diskutiert – die Maskenpflicht. Das Hauptproblem: Die Schutzausrüstung ist in Zeiten der Pandemie bekannterweise ein sehr knappes Gut. Der Mangel an Schutzmasken und -kleidung betrifft nicht nur die Versorgung von COVID-19-(Verdachts-)Patienten, sondern auch die Regelversorgung in Spitälern und Praxen. Vor einer generellen Maskenpflicht wird daher von offizieller Seite von verschiedenen Ärzteverbänden gewarnt, da sie den Mangel an Schutzausrüstung dort, wo sie am meisten gebraucht wird, noch weiter befeuern könnte. Schutzmasken sollten für den medizinischen Gebrauch primär den Spitälern, Arztpraxen und Pflegeheimen vorbehalten sein. Zumindest während des herrschenden Versorgungsengpasses dürfen professionelle Atemschutzmasken dem Markt nicht entzogen werden und sollten dem medizinischen Personal vorbehalten sein.
Sind «Community-Masken» eine Alternative?
Darüber hinaus wird das Tragen selbst gefertigter Masken für den privaten Alltag aber mittlerweile als zusätzliche Vorsichtsmassnahme begrüsst, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen (3). Diese Einschätzung zeichnet sich nach und nach bei vielen Experten ab. Auch auf den Seiten der Deutschen Lungenstiftung e.V. liest man, dass, um die Viruslast zu minimieren, am besten jeder beim Sprechen einen Mundschutz tragen solle – das könne auch ein selbst genähter Mundschutz sein. Personen, die solche Masken tragen möchten, sollten unbedingt einige Regeln beachten. Hierauf weist auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hin und warnte davor, dass das Tragen von Masken ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln und dazu führen könnte, dass andere sehr wichtige Hygienemassnahmen wie das Händewaschen vernachlässigt werden könnten. Letzteres ist vor allem auch beim An- und Ablegen einer jeden Maske wichtig, und es ist zu berücksichtigen, dass auch die Aussenfläche der Maske potenziell erregerhaltig ist. Die Maske muss richtig über Mund, Nase und Wangen platziert sein und an den Rändern möglichst eng anliegen, um das Eindringen von Luft an den Seiten zu minimieren. Ebenso ist trotz Maske der empfohlene Sicherheitsabstand einzuhalten. Eine durchfeuchtete Maske sollte sofort getauscht werden. Nach dem Ablegen einer Maske sollte diese direkt entsorgt werden oder im Falle der selbst genähten Baumwollmasken bei 60 bis 95 °C gewaschen und anschliessend vollständig getrocknet oder bis dahin in einem Beutel luftdicht verschlossen werden (2).
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Noch keine belegbare Studie zur Filterfunktion
Bis heute (Stand: 20.4.2020) gibt es leider noch keine belast-
baren wissenschaftlichen Belege für das Tragen von medizi-
nischen Gesichtsmasken oder Baumwollmasken durch Pas-
santen im öffentlichen Raum zum Schutz vor SARS-CoV-2.
Erste Untersuchungen geben Hinweise, jedoch sind die Fall-
zahlen noch viel zu gering, um aussagekräftige Schlüsse zu
ziehen. Die erste bekannt gewordene Untersuchung hierzu
wurde am Asan Medical Center in Seoul durchgeführt (4),
allerdings an nur vier COVID-19-Patienten. Diese wurden
angewiesen, jeweils ohne Maske, mit medizinischer Gesichts-
maske und Baumwollmaske in eine 20 cm entfernte Petri-
schale zu husten. Nach Auswertung der Viruslast auf den
Petrischalen sowie den Aussen- und den Innenseiten der Mas-
ken konnte keine der beiden untersuchten Masken SARS-
CoV-2 ausreichend filtern. Erstaunlicherweise wurde aber
eine höhere Viruslast auf der Aussenfläche der Masken im
Vergleich zu der Innenfläche nachgewiesen.
Die Autoren vermuten, dass das auf aerodynamische Eigen-
schaften zurückzuführen sein könnte, durch die ein turbulen-
ter Hustenstrahl um den Maskenrand herum die Aussenfläche
kontaminiert. Auch ein Durchdringen der Maske von kleinen
Aerosolen des Virus durch hohe Geschwindigkeiten halten sie
für möglich. Trotz der Einschränkung der Untersuchung
(n = 4) verdeutlicht das, wie wichtig es ist, sich auch beim
Tragen einer Maske die Hände zu waschen und das Gesicht
nicht zu berühren.
s
Stand der Informationen zum Redaktionsschluss (20.4.2020).
Dieser Artikel stammt aus «Der Allgemeinarzt» 8/2020. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin.
Referenzen: 1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachange-
stellten (AWMF): Arbeitskreis «Krankenhaus- & Praxishygiene»: AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/032; Leitlinie zur Hygiene in Klinik und Praxis. Hygieneanforderungen bei ausgewählten respiratorisch übertragbaren Infektions-Erkrankungen (aerogen und Tröpfchen). (https://www. awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/029_AWMF-AK_ Krankenhaus-_und_Praxishygiene/HTML-Dateien/029-032l_S1_Hygiene_ respiratorisch-uebertragbare_Infektionserkrankungen_2016-01.html) 2. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Empfehlungen des BfArM zur Verwendung von Masken (https://www.bfarm.de/ SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken. html;jsessionid=1A479A816D6F868E55B8F62BF63F4362.1_cid344) 3. Pressemitteilung des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) vom 1. April 2020. 4. Bae S et al.: Effectiveness of surgical and cotton masks in blocking SARS– CoV-2: a controlled comparison in 4 patients. Ann Intern Med 2020; DOI: 10.7326/M20-1342. 5. Vorlage für den Krisenstab der Bundesregierung vom 31.3.2020; Einsatz von Schutzmasken in Einrichtungen des Gesundheitswesens (http:// www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeitsschutz/ einsatz-schutzmasken-einrichtungen-gesundheitswesen.pdf?__blob= publicationFile) 6. Robert-Koch-Institut: Mögliche Massnahmen zum ressourcenschonenden Einsatz von Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP-Masken in Einrichtungen des Gesundheitswesens bei Lieferengpässen im Zusammenhang mit der neuartigen Coronavirus-Erkrankung COVID-19 (https://www.rki. de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Ressourcen_ schonen_Masken.pdf?__blob=publicationFile)
Yvonne Emard
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