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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Allergien und COVID-19
Nasale Glukokortikosteroide nicht absetzen
Viele Allergiker und Hausärzte sind verunsichert, weil in der Berichterstattung zur COVID-19-Pandemie wiederholt davon die Rede war, dass Kortisonpräparate das Risiko erhöhten, an COVID-19 zu erkranken, beziehungsweise einen schwereren Verlauf der Erkrankung bewirken könnten. Mehrere deutsche Fachgesellschaften haben nun eine gemeinsame Empfehlung für den Gebrauch von Glukokortikosteroiden bei entzündlicher allergischer Rhinitis und chronischer Rhinosinusitis im Zusammenhang mit COVID-19 formuliert. Sie stellen klar, dass Erwachsene und Kinder mit allergischer Rhinitis oder chronischer Rhinosinusitis ihre verordneten nasalen Glukokortikoide konsequent und regelmässig in der individuell verordneten Dosis weiterhin anwenden sollen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass nasale Glukokortikosteroide in den zugelassenen Dosierungen und Indikationen mit einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion einhergehen oder einen schwereren Verlauf der COVID-19-Erkrankung auslösen.
Im Gegenteil: Mit der Chronifizierung einer allergischen Rhinitis und der chronischen Rhinosinusitis sind häufig Epithelschädigungen und Gewebedestruktionen verbunden, die Virusinfektionen Vorschub leisten können. Überdies kann die schlechtere Kontrolle einer allergischen Rhinitis oder chronischen Rhinosinusitis Asthmaexazerbationen begünstigen. Eine gute antientzündliche Kontrolle der oberen und unteren Atemwege durch topische Steroide ist nach gegenwärtigem Stand des medizinischen Wissens der beste Schutz vor durch Viren ausgelösten Exazerbationen. Patienten, die ihre Therapie unterbrechen und dadurch eine schlechtere Kontrolle ihrer Atemwege erleiden, sind wahrscheinlich auch anfälliger für schwere Verläufe bei viralen Infektionen. Etwas anders sehen die Empfehlungen für die Anwendung systemischer Glukokortikoide bei allergischer Rhinitis und chronischer Rhinosinusitis aus. Diese Medikamente könnten tatsächlich die Immunabwehr gegen COVID-19 schwächen. Systemische Glukokortikosteroide sollten bei allergischer Rhinitis
und chronischer Rhinosinusitis in der derzeitigen COVID-19-Pandemie zurückhaltend und nur bei fehlender therapeutischer Alternative eingesetzt werden. Es gilt abzuwägen, ob das Risiko einer Asthamexazerbation für den Patienten gefährlicher ist als eine möglicherweise verminderte Immunabwehr, zumal eine Asthmaexazerbation per se auch ein Risikofaktor für schwere Verläufe von COVID-19 ist. Die ausführlichen Empfehlungen finden Sie hier: www.rosenfluh.ch/qr/empf-steroide Ebenfalls empfehlenswert ist ein Video, in dem Prof. Peter Schmid-Grendelmeier, Universitätsspital Zürich, die wichtigsten Punkte für Allergiepatienten in COVID-19-Zeiten erläutert: www.rosenfluh.ch/qr/video-grendelmeier RBO s
Klimek L et al.: Stellungnahme zur Anwendung von Glukokortikosteroiden bei entzündlichen Erkrankungen der oberen Atemwege (u. a. allergische Rhinitis/chronische Rhinosinusitis) bei COVID-19. www.adea.de, abgerufen am 6. April 2020.
COVID-19
Tränen nur bei Bindehautentzündung positiv auf SARS-CoV-2
Von der Tränenflüssigkeit geht laut einer aktuellen Studie aus Singapur nur eine geringe Ansteckungsgefahr aus (1). Die Wissenschaftler nahmen bei 17 Patienten, die wegen COVID-19 in stationärer Behandlung waren, über drei Wo chen Tränenproben aus beiden Augen. In keinem Fall konnten sie SARS-CoV-2 nachweisen. Anders verhält es sich, wenn eine infizierte Person zugleich an einer Bindehautentzündung leidet. In diesem Fall fand sich das Virus laut einer chinesischen Studie mit 30 Teilnehmern auch in der Tränenflüssigkeit (2).
Nach derzeitigem Kenntnisstand haben weniger als 1 Prozent der COVID-19Patienten Anzeichen einer Bindehautentzündung (3). Typische Symptome einer durch Viren ausgelösten Bindehautentzündung sind ein Fremdkörpergefühl in den Augen, Jucken, Brennen oder Rötung. Man sollte aber nicht gleich eine Coronainfektion befürchten, vor allem wenn andere typische Symptome wie Husten, Fieber oder Abgeschlagenheit fehlten, heisst es in der Medienmitteilung der Stiftung Auge. Gerade im Frühjahr seien die Sym ptome einer Bindehautentzündung eher
auf eine Pollenallergie zurückzuführen.
Wegen des milden Winters bereiten
viele Pollenarten den Allergikern bereits
seit Februar Probleme.
RBO/Stiftung Auge s
Medienmitteilung der Stiftung Auge, 6. April 2020. 1. Yu Jun IS et al.: Assessing viral shedding and
infectivity of tears in coronavirus disease 2019 (COVID-19) patients. Ophthalmology 2020, in press. 2. Xia J et al.: Evaluation of coronavirus in tears and conjunctival secretions of patients with SARS-CoV-2 infection. J Med Virol 2020; online Feb 26th. 3. Guan W et al.: Clinical characteristics of coronavirus disease 2019 in China. N Engl J Med 2020; online Feb 28th.
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ARS MEDICI 8 | 2020
Neurologie
Weniger Stroke-Patienten während Lockdown
Rückspiegel
In der Schweiz melden mehrere StrokeCenter, dass weniger Patienten mit akuten Schlaganfallsymptomen ins Spital kommen. «Wir haben die Daten von 7 der 10 grossen Schweizer Stroke-Center erhalten. Der Rückgang seit dem Lockdown beträgt im Schnitt 21,4 Prozent. Die Schweregrade bleiben unverändert», so Prof. Krassen Nedeltchev, Präsident der Swiss Stroke Society. Ob es sich dabei um einen Zufall handelt oder um eine Nebenwirkung der Massnahmen zur Ein-
dämmung der COVID-19-Pandemie ist un-
klar. Die Schweizerische Patientenorganisa-
tion Fragile Suisse befürchtet, dass auch die
Angst vor SARS-CoV-2-Infektionen im S pital,
die Sorge, das Gesundheitssystem zu belasten,
und die häusliche Isolation Ursachen dafür
sein könnten, dass Schlaganfallpatienten
nicht erkannt und nicht ins Spital gebracht
werden.
RBO s
Medienmitteilung von Fragile Suisse, 3. April 2020.
Infektiologie
Wie sich gehustete Luft verbreitet
Mit einem sogenannten Schlierenspiegel werden selbst kleinste Luftströmungen sichtbar. Normalerweise nutzen Bauphysiker diese Technik, um Raumluftströmungen zu untersuchen. Nun zeigen sie in einem Video (https://vimeo.com/399120258), wie sich ausgehustete Tröpfchen in der Luft verteilen. Je nachdem ob in die Hand, in die Armbeuge oder in eine Schutzmaske gehustet wird, breitet sich die Atemluft unterschiedlich aus. Beim Husten in die Hand erfolgt die stärkste Ausbreitung, zudem werden die Hände kontaminiert, die dann beim Anfassen von Objekten oder Flächen die Erreger weiterverbreiten. Die Armbeuge hält schon viel mehr ab, noch besser sind Schutzmasken, aber auch sie sind kein vollständiges Hindernis.
Das Erkennen der Luftströmungen in einem
Schlierenspiegel beruht auf einem ähnlichen
Prinzip wie das Phänomen, dass die Luft über
dem Asphalt einer überhitzten Strasse im
Sommer zu flimmern scheint. Wie die erhitzte
Luft über der Strasse hat die warme, feuchte
Atemluft eine andere Dichte als die sie um-
gebende kühlere Luft. Diese Dichteunter-
schiede werden im Foto oder Video als dunkle
Flecken sichtbar. Da die Dichteunterschiede
bei Raumluftströmungen sehr gering sind,
kann man diese nicht mit blossem Auge, son-
dern nur mithilfe eines Schlierenspiegels er-
kennen.
VH s
Medienmitteilung der Bauhaus-Universität Weimar auf idw-online, 20. März 2020.
Gesundheitswesen
COVID-19-Register für die Schweiz
Ab sofort steht allen Schweizer Spitälern ein COVID-19-Register zur Verfügung, das mit dem weitverbreiteten Kliniksystem KISIM kompatibel ist. Die Patientendaten könnten direkt aus KISIM übertragen werden, aber auch aus anderen Systemen sei der Import problemlos möglich, heisst es in einer Medien mitteilung der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der Chirurgie (AQC). «Da in jedem Spital der Schweiz Ärzte schon mit unserem System arbeiten, dürfte auch viel
Anwenderwissen vor Ort vorhanden sein», so Dr. Luzi Rageth, Geschäftsführer der Adjumed Services AG, die das System entwickelt hat. Das Register ermöglicht auch Auswertfunktionen für die Kantonsärzte und das BAG. Direktlink auf die COVID-19-Supportseite des Registers: https://adjumed.com/support/familie-covid-19/ RBO s
Medienmitteilung der AQC, 3. April 2020.
Vor 10 Jahren
Frauenherzen pumpen anders
Die Kardiologin Daniela Föll und ihr Team am Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau vergleichen im MRI die anatomischen Charakteristika des schlagenden Herzens bei Männern und Frauen. Dabei zeigen sich nicht nur die zu erwartenden altersbedingten Veränderungen. Je älter die Probanden sind, umso deutlicher zeigen sich auch einige Unterschiede zwischen dem Pumpen des Herzens bei Männern und Frauen. So kontrahieren Frauenherzen mit zunehmendem Alter in der Längsachse langsamer und weniger ausgeprägt als Männerherzen. Das Gleiche gilt für die apikale Rotationsbewegung des Herzens in der Diastole.
Vor 50 Jahren
Apollo 13
Am 11. April startet mit Apollo 13 die dritte Mondfahrt US-amerikanischer Astronauten. Zwei Tage später explodiert ein Sauerstofftank an Bord des Raumschiffs. Die Mondlandung fällt aus, aber das Raumschiff nimmt beim Umfliegen des Mondes Schwung für den Heimweg. Mit Improvisationsgeschick und viel Glück gelingt den drei Astronauten die Rückkehr zur Erde. Die Mondlandefähre wird dabei zeitweise zum «Rettungsboot». Erst für die Landung kehrt die Besatzung in das Raumschiff zurück.
Vor 100 Jahren
Darmverschluss wegen Unterernährung
Zu wenig Nahrung sei der Grund für die wachsende Inzidenz von Hernien, Invaginationen und Ileus, heisst es in der «Deutschen Zeitschrift für Chirurgie». Durch das fehlende Körperfett werde einerseits das Bauchfell dehnbar und schlaffer, und andererseits seien die Därme beweglicher als sonst. Dadurch nähmen sie «Lagen ein, die ihnen sonst wegen ihrer guten Fettverpackung unmöglich wären».
RBO s
ARS MEDICI 8 | 2020