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STUDIE REFERIERT
Psoriasis/Psoriasisarthritis
Vergleich des Infektionsrisikos unter Biologika
In einer retrospektiven Kohortenstudie waren Interleukin-(IL-)12/23-Inhibitoren bei biologikanaiven Patienten mit Psoriasis oder Psoriasisarthritis mit einem geringeren Risiko für schwere Infektionen verbunden als TNF-Hemmer und IL-17-Inhibitoren. Bei biologikaerfahrenen Patienten zeigte sich dagegen im Hinblick auf das Infektionsrisiko kein Unterschied zwischen den Biologika.
Annals of the Rheumatic Diseases
TNF-(Tumornekrosefaktor-)Hemmer haben die Versorgung von Patienten mit Psoriasis (PsO) und Psoriasisarthritis (PsA) verbessert. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) dann auch weitere Biologika wie IL12/23- und IL-17A-Inhibitoren für diese Indikationen zugelassen. Neben ihrer guten symptomatischen Wirksamkeit bei PsO und PsA trugen die Biologika in randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) allerdings auch zu einem erhöhten Risiko für schwere Infektionen bei. Bis anhin stehen jedoch nur wenige Daten zum Vergleich der Sicherheit der einzelnen Substanzen zur Verfügung.
Retrospektive Kohortenstudie
In einer retrospektiven Kohortenstudie untersuchten Xinton Li von der John Hopkins University in Baltimore (USA) und seine Arbeitsgruppe nun, ob der Behandlungsbeginn mit IL-17-, IL12/23- oder TNF-Inhibitoren bei PsOoder PsA-Patienten im klinischen Alltag mit einem unterschiedlichen Risiko für schwere Infektionen verbunden ist. Dazu stellten die Wissenschaftler eine Kohorte erwachsener krankenversicherter Personen in den USA zusammen, bei denen zwischen 2015 und 2018 eine PsO oder PsA diagnostiziert worden war. Als Studienmedikamente dienten ▲ IL-17-Inhibitoren: Ixekizumab (Taltz®)
oder Secukinumab (Cosentyx®/-SensoReady®) ▲ IL-12/23-Inhibitoren: Ustekinumab (Stelara®) ▲ TNF-Hemmer: Adalimumab (Humira®), Certolizumab pegol (Cimzia®), Etanercept (Enbrel®; Biosimilars: Benepali®, Erelzi®) Golimumab (Simponi®), Infliximab (Remicade®; Biosimilars: Inflectra®, Remsima®).
Als Endpunkt definierten die Forscher die Notwendigkeit infektionsbedingter Hospitalisierungen nach Behandlungsbeginn.
Unterschiedliches Infektionsrisiko
Die Forscher schlossen 11 560 Behandlungsepisoden bei 9305 Patienten in ihre Untersuchung ein. Dabei handelte es sich um 6043 PsO-, 1869 PsA- und 3648 PsO/PsA-Behandlungsepisoden. Das durchschnittliche Alter der Patienten lag bei 46 Jahren, und 53 Prozent der Teilnehmer waren Männer. Insgesamt kam es unter den Biologika zu 190 schweren Infektionen (2%) innerhalb eines Follow-up von 9264 Personenjahren. Am häufigsten handelte es sich um Sepsis und Pneumonie. Die klassenspezifischen Inzidenzraten (IR) pro 100 Personenjahre waren unter IL-17- und TNF-Hemmern vergleichbar, jedoch signifikant niedriger unter IL-12/13-Inhibitoren. Die IR unterschieden sich bei PsO- und PsA-Patienten nicht signifikant. Nach einer Propensity-Score-Gewichtung und einem Abgleich unausgewogener Kovariaten zu Baseline zeigte sich unter IL-17-Inhibitoren kein erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zu TNF-Inhibitoren (Hazard Ratio [HR]: 0,89; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,48–1,66) oder zu IL-12/13-Hemmern (HR: 1,12; KI: 0,62–2,03). IL-12/23-Inhibitoren waren dagegen mit einem um 41 Prozent geringeren Infektionsrisiko im Vergleich zu TNF-Hemmern verbunden (HR: 0,59; KI: 0,39–0,90).
Subgruppenanalysen
Dieses Ergebnis blieb im Rahmen von Subgruppenanalysen in der PsOGruppe (aber nicht bei PsA-Patienten) und in der biologikanaiven Gruppe
(aber nicht bei biologikaerfahrenen Patienten) bestehen. In der biologika naiven Gruppe wurde zudem unter IL-17-Inhibitoren ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zu den IL-12/23-Hemmern beobachtet (HR: 3,34; KI: 1,10–10,12).
Diskussion
«Bei biologikanaiven Patienten war das Risiko für schwere Infektionen unter IL-17-Inhibitoren und TNF-Hemmern vergleichbar, unter IL-12/23-Inhibitoren jedoch signifikant geringer. Bei biologikaerfahrenen Patienten unterschied sich das Infektionsrisiko unter den drei Biologikaklassen dagegen nicht signifikant», fassen die Autoren zusammen. Zu den Limitationen der Studie gehören die kurze Beobachtungsdauer und die Beschränkung der Studienpopulation auf krankenversicherte Personen. «Insgesamt weisen die Ergebnisse jedoch darauf hin, dass sich das Infektionsrisiko im Zusammenhang mit verschiedenen Biologika bei PsO- und PsA-Patienten sowie zwischen biologikanaiven und biologikaerfahrenen Personen unterscheiden könnte», schreiben die Forscher. Angesichts der zwar geringen absoluten Effektgrösse (Differenz < 1 pro 100 Personenjahre), jedoch deutlicher relativer Risikoreduktion sollte das potenziell relevante Signal im Hinblick auf weniger Infektionen unter IL-12/23-Inhibitoren ihrer Ansicht nach in weiteren Studien genauer untersucht werden.PSs
Quelle: Li X et al.: Comparative risk of serious infections among real-world users of biologics for psoriasis or psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2020; 79(2): 285–291.
Interessenlage: Die Studie wurde vom Center for Drug Safety and Effectiveness an der John Hopkins Bloomberg School of Public Health finanziert. Die Autoren der Studie deklarieren keine Interessenkonflikte.
ARS MEDICI 6 | 2020
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