Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Die Amis haben einfach keine Kultur. Die wissen nicht mal, wo Belgien liegt, und schon gar nicht, wie die Hauptstadt von Portugal heisst. Peinlich! Wirklich? Nun, dann fragen Sie einfach mal Ihren Nachbarn, wo Iowa liegt – ist immerhin etwa fünfmal so gross wie Belgien. Oder wie die Hauptstadt von Arizona heisst? Phoenix hat dreimal mehr Einwohner als Lissabon. Anders gefragt: Ist Überheblichkeit, gepaart mit Nichtwissen, eigentlich auch ein Kulturmerkmal?
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In Deutschland zählen moralisch überhöhte Meinungen mehr als demokratische Mehrheiten. Wie sagte ein Jungpolitiker: «Wir müssen Demokratie ganz neu denken.» Aber sicher, kann man m achen. Neu gedacht heisst sie «Diktatur».
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In Davos hat die versammelte Schwafel- Weltprominenz generös beschlossen, das Klima durch das Pflanzen von Bäumen zu retten. 1 000 000 000 000 (1 Billion) sollen es sein – man will ja nicht schmürzeln. Wo die Bäume gepflanzt werden sollen? Gute Frage. Wenn man ihnen fünf Meter Abstand voneinander gewährt (sie sollen ja dereinst Platz haben zum Wachsen), ergibt das 40 000 Bäume pro Quadrat kilometer (qkm2). Platzbedarf insgesamt also 25 Mio. qkm2 Land. Zum Vergleich: die Schweiz hat 41 000 qkm2, die EU zirka 4,5 Mio., Russland deutlich mehr, bloss dort steht schon viel Wald. China bietet grad mal 9,6 Mio. und Australien sogar nur 7,7 Mio. qkm2. Und vielerorts leben Menschen in Städten, gibt’s Landwirtschaft, ist es zu heiss oder zu kalt oder zu trocken oder zu steinig. Wohin also mit all den Bäumchen? Als Schweizer würde man gerne den bescheideneren Vorschlag wagen: Soll doch jeder Erdenbürger genau einen Baum pflanzen; das wäre schon viel und immer noch nur ein Hundertvierzigstel des WEF-Giga-Aufforstprojekts.
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In Genf sollen die grünen «Männchen» auf den Fussgängerampeln gender korrekt durch «Frauchen», Queers und Transen oder jedenfalls ein quotenkorrektes Gemisch aus allen Geschlechtern ersetzt werden. Da stellt sich die Frage: Warum Gerechtigkeit nur bei den Geschlechtern? Warum nicht auch bezüglich Lebensalter, Beruf oder Frisur? Warum also sollen nicht Kinder, Erwachsene und Greise, Verkäuferinnen und Ärzte, Glatzköpfige und Dreadlockige die Fussgängerampeln zieren und so die Gesellschaft quotengerecht abbilden? Zu kompliziert? Tja, Gerechtigkeit ist eben ein anspruchsvolles Projekt.
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Die frivole Gisela: Meine Grossmutter lehrte uns: «Das gehört sich nicht.» Den Satz hört man heute nicht mehr. Nicht in der Wirtschaft und nicht in der Politik.
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Auch in Nordkorea, Saudi-Arabien oder China herrscht «Meinungsfreiheit»: Jeder darf seine Meinung frei äussern; er muss halt nur damit rechnen, deswegen Job oder Kopf zu verlieren oder im Gefängnis zu landen. Sollte Meinungsfreiheit nicht bedeuten, dass man keine existenziellen Folgen gewärtigen muss, wenn man Unliebsames sagt? Eigentlich schon. Wenn die Fluglinie Swiss Läderach-Schokolade aus dem Sortiment wirft, nicht weil sie müffelt, sondern weil die Läderach-Bosse kuriose – «fundamentalistische», wie man hört – christliche Werte vertreten, dann hat das schon ein leicht nordkoreanisches «Gschmäckle». Es ist leider so: Auch in meinungsfreiheitlichen europäischen Landen kann man locker seine Stelle oder einen Auftrag verlieren, wenn man Meinungen äussert, die nicht dem Mainstream folgen. Andererseits: Muss man
wirklich jedes exzentrische Weltbild akzeptieren oder tolerieren? Islamistische Ideologien etwa oder Scientologen? Die Probe aufs Exempel im aktuellen Fall wäre am ehesten die Frage: Wie geht man bei Läderachs mit Mitarbeitern um, die völlig anderer Meinung sind?
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Wissen Sie noch, was «Je suis Charlie» bedeutete? Haben Sie in den letzten Jahren viele Islam- oder Mohammed-Karikaturen gesehen? Auch nicht? Dann war das Attentat offenbar doch erfolgreich.
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Sie trinken ab und zu Champagner? Selten und mit etwas schlechtem Gewissen? Lassen Sie’s (das schlechte Gewissen!). Lily Bollinger, Tochter von Baron Olivier Law von Lauriston-B oubers und Berthe de Marsay, die 1923 Jacques Bollinger, Generaldirektor von Bollinger Champagne und Enkel des Gründers Jacques Joseph Bollinger, heiratete, meint dazu: «Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin; und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber rühre ich ihn nicht an, ausser wenn ich Durst habe.» («Bollinger» ist übrigens der Lieblingschampagner von James Bond.)
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Und das meint Walti: Ich wollte heute eigentlich die Welt erobern, aber ausgerechnet heute regnet’s.
Richard Altorfer
88 ARS MEDICI 4 | 2020