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Titel
Pneumologie – Bei chronischem Husten oder Anstrengungsasthma grosszügig Spirometrien durchführen
Untertitel
Interview mit Prof. Dr. med. Jörg Leuppi Chefarzt Medizinische Universitätsklinik Kantonsspital Baselland Liestal
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Rubrik
Rückblick 2019/Ausblick 2020
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Artikel-ID
43478
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Rückblick 2019/Ausblick 2020

Pneumologie
Prof. Dr. med. Jörg Leuppi Chefarzt Medizinische Universitätsklinik Kantonsspital Baselland Liestal
Bei chronischem Husten oder Anstrengungsasthma grosszügig Spirometrien durchführen
Welche neuen Erkenntnisse des letzten Jahres in Ihrem Fachgebiet fanden Sie besonders spannend?
Da gibt es gleich ein paar wichtige Studien zu nennen. Zum Beispiel zeigte die Studie zur Behandlung von Patienten mit fibrosierender Lungenerkrankung mit Nintedanib (Ofev®) einen klaren Nutzen (1). Eingeschlossen waren Patienten, die keine eindeutige idiopathische Lungenfibrose beziehungsweise «usual interstitial pneumonia» (UIP) aufwiesen, aber unter einer fibrosierenden Lungenerkrankung mit raschem Abfall der Lungenfunktion litten. Die mit Nintedanib behandelten Patienten profitierten deutlich von der Therapie, so war deren jährliche Verschlechterung der forcierten Vitalkapazität signifikant niedriger als unter Plazebo. Eine Kohortenstudie aus Grossbritannien verglich die Effektivität der Tripletherapie (inhalative Kortikosteroide, lang wirksame Beta-2-Mimetika und lang wirksame Anticholinergika) mit der dualen Bronchodilatation (lang wirksame Beta-2-Mimetika und lang wirksame Anticholinergika) bei Patienten mit häufigen Exazerbationen (2). Dabei konnte die Tripletherapie bei gewissen Patienten die Exazerbationshäufigkeit verringern. Das Ausmass der Risikoreduktion war klar abhängig von der Exazerbationsanamnese (je mehr Exazerbationen in der Vorgeschichte, desto grösser der Effekt) und dem Ausmass der Bluteosinophile (mind. 350 Zellen/ml). Eine ebenfalls in Grossbritannien durchgeführte Studie mit Hausärzten zeigte, dass bei ambulant behandelten COPD-Exazerbationen mit einer Messung des C-reaktiven Proteins (CRP) entschieden werden kann, ob eine Indikation für ein Antibiotikum vorliegt. Nimmt man als Cut-off einen CRP-Wert von > 40 mg/l, um ein Antibiotikum zu geben, beziehungsweise einen Wert von <20 mg/l, um kein Antibiotikum zu geben, so spart man deutlich Antibiotika (um 31%), und das bei gleichem Outcome hinsichtlich Re-Exazerbationen beziehungsweise Therapieversagen (3). Ausserdem wurden die Asthma-GINA-Guidelines angepasst. So sollen wir bei mildem Asthma nun nicht mehr nur einen sofort wirksamen Beta-2-Agonisten allein verschreiben, sondern immer zusätzlich ein Kombinationspräparat (Formoterol/inhalatives Kortikosteroid [ICS]) als Notfallmedikament. Man reduziert damit klar die Exazerbationsraten (4). Welche davon könnten Diagnose und/oder Therapie in der Hausarztpraxis künftig verändern? Die Studien aus 2018 und 2019 zum Management von mildem Asthma, zum Beispiel die Arbeit von Beasley et al. (5), welche klar aufzeigten, dass als Notfallmedikament immer ein Kombinationspräparat (ICS/Formoterol) verschrieben werden sollte. Eine alleinige Behandlung mit einem kurz beziehungsweise sofort wirksamen Beta-2-Mimetikum kann zu einer Übermortalität führen. Wurden 2019 in Ihrem Fachbereich Medikamente zugelassen, die die Therapie erheblich verbessern? Die monoklonalen IL-5-Antikörper Mepolizumab (Nucala®) und Reslizumab (Cinqaero®) beziehungsweise der IL-5-Rezeptor-Antikörper Benralizumab (Fasenra®) führen beim eosinophilen Asthma zu einer deutlichen Verbesserung der Asthmakontrolle. Es ist dadurch oft möglich, die Dauersteroidtherapie zu reduzieren oder gar zu stoppen. Auf welche Studienresultate sind Sie 2020 besonders gespannt? Als neue potenzielle Zielstruktur bei der Behandlung des Asthmas wurde das epitheliale Zytokin TSLP (thymic stromal lymphopoietin) identifiziert, das in Haut und Schleimhäuten gebildet wird und mehrere Entzündungswege bei verschiedenen Erkrankungen, unter anderem auch bei Asthma, steuert. Dort setzt der neue Wirkstoff Tezepelumab an, der entwickelt wurde, um TSLP zu blockieren. Über Ergebnisse aus einer Phase-II-Studie wurde bereits 2017 berichtet, für 2020 sind weitere Resultate zu erwarten. Damit geht die Hoffnung einher, dass wir bald auch eine neue Therapieoption für nicht eosinophiles und nicht allergisches Asthma haben. Und was «fürchten» Sie am meisten? Dass zu viele COPD-Patienten unnötigerweise zusätzlich ICS bekommen werden. Die Tripletherapie sollte wirklich jenen Patienten mit häufigen Exazerbationen und/oder einer Eosino­philie vorbehalten sein. Was ist Ihre wichtigste Botschaft für die Kolleginnen und Kollegen in der Hausarztpraxis 2020? Macht weiterhin grosszügig Spirometrien bei Patienten mit chronischem Husten und/oder Anstrengungsatemnot. Findet sich eine obstruktive Ventilationsstörung, dann unbedingt einen Broncholysetest durchführen. Zeigt sich dabei eine Reversibilität, dann liegt ein Asthma vor; findet sich aber eine fixierte Obstruktion, so hat man eine COPD diagnostiziert. s Referenzen: 1. Flaherty KR et al.: Nintedanib in progressive fibrosing interstitial lung diseases. N Engl J Med 2019; 381(18): 1718–1727. 2. Voorham J et al.: Comparative effectiveness of triple therapy versus dual bron- chodilation in COPD. ERJ Open Res 2019; 5: 00106–2019. 3. Butler CC et al.: C-reactive protein testing to guide antibiotic prescribing for copd exacerbations. NEJM 2019; 381: 111–120. 4. Ginasthma.org 5. Beasley R et al.: Controlled trial of budesonide-formoterol as needed for mild asthma. N Engl J Med 2019; 380: 2020–2030. 54 ARS MEDICI 3 | 2020