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Titel
Innere Medizin – Eine Hepatitis-C-Therapie ist meist nicht mehr komplizierter als eine Antibiotikabehandlung
Untertitel
Interview mit PD Dr. med. Philip Bruggmann Chefarzt Innere Medizin Arud Zentrum für Suchtmedizin Zürich
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Rückblick 2019/Ausblick 2020
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43476
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Rückblick 2019/Ausblick 2020

Innere Medizin
PD Dr. med. Philip Bruggmann Chefarzt Innere Medizin Arud Zentrum für Suchtmedizin Zürich
Eine Hepatitis-C-Therapie ist meist nicht mehr komplizierter als eine Antibiotikabehandlung
Welche neuen Erkenntnisse des letzten Jahres in Ihrem Fachgebiet fanden Sie besonders spannend?
Die Dynamik im Bereich der Entwicklung der Hepatitis-C-Therapie ist beeindruckend. Von einer belastenden, risikoreichen und komplexen Behandlung mit mässigen Heilungschancen und vielen Kontraindikationen wandelte sie sich in wenigen Jahren zu einer hoch potenten, sehr gut verträglichen, einfachen Therapie mit über 95 Prozent Heilungschance. Und als weiterer Entwicklungsschritt wird die Hepatitis-C-Therapie nun von einer Spezialistenangelegenheit zu einer dankbaren Aufgabe für die Grundversorgung.
Welche davon könnten Diagnose und/oder Therapie in der Hausarztpraxis künftig verändern?
In den meisten Fällen ist eine Hepatitis-C-Therapie nicht mehr komplizierter als eine Antibiotikabehandlung. Daher hat Hepatitis Schweiz das HepCare-Projekt ins Leben gerufen, das Grundversorgenden erlaubt, diese Therapie selbst in der eigenen Praxis durchzuführen. Unterstützt werden sie dabei von einem Netzwerk von Spezialisten, die im Idealfall aufgrund eines Aktenkonsils ein Rezept für die Hepatitis-C-Therapie ausstellen und dem Hausarzt für allfällige Fragen im Hintergrund bereitstehen. Bereits unter Therapie geht es den meisten Behandelten deutlich besser, da die Hepatitis-C-assoziierten Symptome wie Fatigue, Konzentrationsstörungen, Gelenkschmerzen und Verdauungsbeschwerden verschwinden. Geheilte Hepatitis-C-Betroffene berichten über deutlich bessere Lebensqualität, mehr Energie und verbessertes Wohlbefinden. Die Dankbarkeit dem Behandler gegenüber ist entsprechend gross.

Auf welche Studienresultate sind Sie für 2020 besonders gespannt?
Australien hat vor gut einem Jahr seinen Hausärzten die Möglichkeit gegeben, selbst Hepatitis-C-Therapien durchzuführen. Frankreich hat in diesem Jahr nachgezogen. In Australien werden mittlerweile mehr als 20 Prozent der laufenden Therapien von Grundversorgenden verschrieben. Ich bin gespannt auf die Resultate der dazu laufenden Studien, insbesondere auch darauf, ob dies mithelfen kann, bislang unerreichte Hepatitis-C-Populationen in die Versorgung einzubinden.

Und was «fürchten» Sie am meisten?
Ich bin in erster Linie sehr zuversichtlich, dass wir in der Schweiz unser Ziel der Elimination von Hepatitis C, sprich der Reduktion der Ansteckungen, Folgeerkrankungen und Todesfälle um mindestens 90 Prozent, bis 2030 erreichen. Die Eidgenössische Kommission für Sexuelle Gesundheit hat Ende November ihre Roadmap zur Elimination von HIV und Hepatitis zu Händen des BAG verabschiedet. Dieser gemeinsame Weg mit Nutzen des grossen Potenzials an Synergien ist erfolgversprechend. Nun gilt bei der Ausgestaltung des Nationalen HIV-Folgeprogramms Hepatitis massgeblich zu integrieren, wie es auch der Wille des Bundesrates und des Ständerates ist. Die dadurch entstehenden Ressourcen auf Bundesebene werden entscheidend sein, um die notwendige Arbeit beim Aufklären und Füllen der Versorgungslücken im Bereich Hepatitis realisieren zu können.

Was ist Ihre wichtigste Botschaft für die Kollegen

in der Hausarztpraxis 2020?
Auf jeden Hausarzt kommen zirka 5 bis 7 Personen mit einer

chronischen, unbehandelten Hepatitis C. Ein Teil davon ist

wahrscheinlich noch nicht getestet. Hepatitis-C-geheilte Pa-

tienten sind äusserst dankbare Patienten, denn ihnen wird

meist eine jahrelang bestehende Last von zahlreichen be-

lastenden, meist unspezifischen Symptomen genommen. Be-

handeln Sie Ihre Hepatitis-C-Patienten selbst – es ist eine

dankbare Aufgabe, und das HepCare-Projekt macht dies

möglich (www.hepcare.ch).

s

Wurden 2019 in Ihrem Fachgebiet neue Medikamente zugelassen, die die Therapie erheblich verbessern könnten?
Da aktuellen Therapien sind an Effizienz, Verträglichkeit
und Einfachheit kaum mehr zu überbieten. Daher haben
die meisten Firmen ihre Entwicklungspipelines im Hepati-
tis-C-Bereich geschlossen. Aktuell untersuchen Studien vor
allem, ob in gewissen Situationen, zum Beispiel einer akuten
Hepatitis C, die Therapie verkürzt angewendet werden kann.

ARS MEDICI 3 | 2020

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