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FORTBILDUNG
Lipidmanagement zur Prävention der Atherosklerose
Welche Substanzen und Grenzwerte werden zurzeit empfohlen?
Im Folgenden werden die heute üblichen Lipidsenker sowie die Empfehlungen für das Vorgehen in der Praxis bei Personen zwischen 40 und 75 Jahren aus US-amerikanischer Sicht vorgestellt, ergänzt durch Anmerkungen, inwiefern diese von den aktuellen Schweizer Empfehlungen abweichen.
New England Journal of Medicine
Die Basis jeglichen Lipidmangements zur Prävention der Atherosklerose ist die Förderung eines gesunden Lebensstils. Selbst Personen mit einem genetisch erhöhten KHK-Risiko können allein mit Lebensstilveränderungen die Gefahr, tatsächlich daran zu erkranken, halbieren. Das Halten eines normalen Gewichts, weniger Zucker und verarbeitete Kohlenhydrate zu sich zu nehmen und sich mehr zu bewegen, kann, neben anderen Vorteilen, das Lipidprofil verbessern. Die Review-Autoren betonen, dass auch bei der Notwendigkeit einer medikamentösen Lipidsenkung der gesunde Lebensstil stets ein wichtiger Bestandteil des Lipidmanagements sei.
LDL-Spiegel sagt nicht alles
Die Assoziation von LDL-Cholesterin (LDL-C) und Atheroskleroserisiko veranlasste in der Vergangenheit einige Fachleute zu der Schlussfolgerung, das man das LDL-C so tief wie irgend möglich senken solle, um damit das KHK-Risiko zu minimieren. Das Motto «je tiefer, desto besser» trifft in der Realität jedoch nicht immer zu. So haben einerseits etwa 40 Prozent der KHK-Patienten einen Gesamtcholesterinwert
MERKSÄTZE
� Lebensstilveränderungen hin zu mehr Bewegung, Normalgewicht und gesunder Ernährung sind in allen Atheroskleroserisikoklassen wichtig.
� Statine sind nach wie vor die erste Wahl zur Lipidsenkung.
� Ezetimib, in der Regel in Kombination mit einem Statin, kommt bei sehr hohem Risiko, bei ungenügendem Erfolg einer Statinmonotherapie sowie bei Statinintoleranz infrage.
� PCSK9-Hemmer in Kombination mit der maxialen Statindosis gelten als Drittlinientherapie, wenn eine Kombinationstherapie mit Statinen und Ezetimib nicht ausreicht.
� Die Definition der Risikoklassen und die daraus resultierenden Therapieempfehlungen in den USA unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von den Schweizer Empfehlungen.
nter 5,2 mmol/l und liegen damit unter dem derzeit definierten Grenzwert. Andererseits erleiden viele Personen mit einem moderat erhöhten LDL-C nie ein kardiovaskuläres Ereignis. Darum verliess man 2013 in den Guidelines von ACC/ AHA (American College of Cardiology / American Heart Association) das Prinzip allgemein gültiger Grenzwertempfehlungen und stellte insbesondere die effektive LDL-C-Senkung mittels hoch wirksamer Statine für Personen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko in den Mittelpunkt. In den Folgejahren publizierte Studien untermauerten, dass sowohl das absolute Ausgangsrisiko als auch das prozentuale Ausmass der LDL-C-Senkung einen Einfluss auf die Minderung kardiovaskulärer Risiken mittels Lipidmanagement haben. In die neuen, 2018 und 2019 publizierten ACC/AHA-Guidelines wurden deshalb Empfehlungen für die anzustrebende prozentuale LDL-C-Senkung und gewisse LDL-C-Grenzwerte bezüglich der Indikation von Kombinationstherapien aufgenommen.
Risikoprofil bestimmt Lipidmanagement
Ausgangspunkt des Lipidmanagements ist die Bestimmung des individuellen 10-Jahres-Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse anhand eines Algorithmus, der online verfügbar ist. Die Definition der Risikoklassen in den USA unterscheidet sich von derjenigen in der Schweiz (siehe Kasten). In den USA gilt bereits ein 10-Jahres-Risiko ab 7,5 Prozent als «intermediär», was letztlich eine erhebliche Ausweitung der Indikation für Statine bedeutet. Gemäss ACC/AHA soll das LDL-C bei Pesonen mit einem intermediären Risiko um 30 Prozent gesenkt werden, bei einem hohen Risiko um mindestens 50 Prozent; Letzteres gilt generell für Diabetiker. In den AGLA-Empfehlungen werden hingegen unterschiedliche Zielwerte gemäss Schweizer Risikoklassen definiert (1, 2). Sie lauten für das LDL-C < 1,8 mmol/l bei sehr hohem Risiko, < 2,6 mmol/l bei hohem Risiko und < 3,0 mmol/l bei moderatem Risiko. Bei niedrigem Risiko werden keine LDL-C-Zielwerte vorgegeben, zumal in dieser Klasse in der Schweiz keine medikamentöse Lipidsenkung empfohlen wird.
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ARS MEDICI 24 | 2019
FORTBILDUNG
Kasten:
Kardiovaskuläre Risikorechner und Risikoklassen in den USA und in der Schweiz
USA
Der ACC/AHA-Risikorechner ist unter www.cvriskcalculator.com ver-
fügbar. Er ist gedacht für Personen von 40 bis 75 Jahren (LDL-C ≥ 1,8 bis
< 4,9 mmol/l) und definiert anhand des 10-Jahres-Risikos, ein kardio-
vaskuläres Ereignis zu erleiden, 4 Risikoklassen:
– niedrig
< 5%
– grenzwertig ≥ 5 bis < 7,5%
– intermediär ≥ 7,5 bis < 20%
– hoch
≥ 20%
Schweiz
Für die Schweiz wird der Risikorechner der Arbeitsgruppe Lipide und
Atherosklerose (AGLA) empfohlen, der die hierzulande relevanten Para-
meter (z. B. das im Allgemeinen niedrigere kardiovaskuläre Risiko im
Vergleich mit anderen Regionen) besser berücksichtigt:
https://www.agla.ch/risikoberechnung/agla-risikorechner#infos
Hier werden folgende Risikoklassen definiert:
– niedrig
< 10%
– moderat ≥ 10 bis < 20%
– hoch
≥ 20%
Personen mit LDL-C > 4,9 mmol/l, Blutdruck
> 180/110 mmHg und eGFR 30–59 ml/min/1,73 m2
zählen ohne weitere Berechnung zu dieser
Risikoklasse.
– sehr hoch Personen mit bekannter kardiovaskulärer Erkran-
kung oder Atherosklerose, Typ-2-Diabetes oder
Typ-1-Diabetes mit Endorganschäden oder
chronischer Niereninsuffizienz (eGFR < 30 ml/ min/1,73 m2) zählen ohne weitere Berechnung zu dieser Risikoklasse. Wer braucht ein Statin? Statine sind nach wie vor die erste Wahl für eine medikamentöse Lipidsenkung. ACC/AHA empfehlen sie für grosse Teile der Bevölkerung: – klinisch bestätigte atherosklerotische kardiovaskuläre Er- krankung (= Sekundärprävention) – stark erhöhtes LDL-C (≥ 4,9 mmol/l) – Diabetes – ab einem 10-Jahres-Risiko von 7,5 Prozent – auch bei grenzwertigem 10-Jahres-Risiko (≥ 5 bis < 7,5%), falls risikosteigernde Faktoren vorliegen wie Präeklampsie, frühe Menopause, Rheuma, HIV-Infektion, häufige und frühzeitige KHK in der Familie, Vorfahren aus Südasien, chronische Nierenerkrankung, persistent erhöhte Triglyzeride, ein niedriger Knöchel-Arm-Index (ABI) sowie erhöhte CRP- oder Apolipoprotein-B-Spiegel. ACC/AHA weiteten die Indikation für Statine in dem Bewusstsein aus, dass der Nutzen einer medikamentösen Lipidsenkung in der Primärprävention bei einem 10-Jahres-Risiko zwischen 5 und < 20 Prozent nicht bewiesen ist. Sie empfehlen, im Zweifelsfall das Vorhandensein einer KHK-Atherosklerose im CT zu überprüfen. Die Schweizer Fachleute halten hingegen wenig davon, Personen mit recht niedrigem kardiovaskulärem Risiko Statine zu verordnen. Gemäss Empfehlungen der AGLA sind Statine nur für Personen mit einem hohen und sehr hohen kardiovaskulären Risiko generell indiziert. Bei moderatem Risiko (10-Jahres-Risiko ≥ 10 bis < 20%) raten die Schweizer Experten dazu, Statine lediglich zu erwägen, und bei einem 10-Jahres-Risiko unter 10 Prozent werden gar keine lipidsenkenden Medikamente empfohlen (1, 2). Wer braucht eine Kombinationstherapie? Um den Erfolg einer Lipidsenkung zu kontrollieren, sollten die Blutwerte zu Beginn einer Statintherapie alle 4 bis 12 Wochen kontrolliert werden. Später genügen Kontrollen alle 3 bis 12 Monate. Gemäss ACC/AHA sollen Patienten mit klinisch manifester Atherosklerose ihren LDL-C-Spiegel um mindestens 50 Prozent verringern und Hochrisikopatienten einen Wert ≤ 1,8 mmol/l erreichen. Schaffen sie das nicht mit einem hoch wirksamen Statin (Atorvastatin oder Rosuvastatin) in der maximal tolerierten Dosierung, ist zusätzlich Ezetimib oder ein PCSK9-Hemmer oder beides indiziert (s. Tabelle). Bei einem LDL-C ≥ 4,9 mmol/l sollte ebenfalls Atorvastatin oder Rosuvastatin verordnet werden. Gelingt bei Patienten mit Risikofaktoren keine LDL-C-Senkung unter 2,6 mmol/l, ist eine Add-on-Therapie zu erwägen. Dies entspricht im Wesentlichen den Empfehlungen in der Schweiz (Details siehe [1, 2]). Lipidsenkende Medikamente im Überblick In der Tabelle sind gängige lipidsenkende Medikamente und Substanzen zusammengefasst. Statine sind weiterhin die erste Wahl für eine lipidsenkende Therapie. Sie sollten langfristig eingenommen werden. Im langfristigen Follow-up einer schottischen Studie zeigte sich ein sogenannter «legacy effect», wonach eine 5-jährige Statintherapie auch 20 Jahre später noch positive Effekte zeitigte. Gemäss Metaanalysen randomisierter Studien (in der Sekundärpräventon) können Statine einen Rückgang des relativen Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse (um ca. 22 Prozent) sowie ein vermindertes Mortalitätsrisiko im jeweiligen Studienzeitraum (um ca. 10 Prozent) bewirken. Wie hoch der absolute Nutzen einer Statingabe ist, hängt jedoch vom Basisrisiko der jeweiligen Patienten ab. Die Review-Autoren machen hierzu keine Angaben, sind sich aber sicher, dass für den grössten Anteil der Patienten der potenzielle Nutzen der Statine grösser sei als die Risiken von Nebenwirkungen. Das statinassoziierte Risiko für schwere Muskelschäden, inklusive Rhabdomyolyse, beträgt < 0,1 Prozent (weniger als 1 von 1000 Patienten), das Risiko schwerer Leberschäden zirka 0,001 Prozent (1 von 100 000 Patienten). Unter Statinen ist das Risiko erhöht, an Diabetes zu erkranken. Das Risiko wächst pro Therapiejahr um 0,2 Prozent (abhängig vom individuellen Basisrisiko). Umstritten ist das Ausmass der Nebenwirkung Myalgie; sie wird im klinischen Alltag häufiger berichtet als in kontrollierten Studien. Möglicherweise könnte es sich auch um einen Nozebo-Effekt handeln, so die Review-Autoren. Die noch laufende Studie SAMSON (Self-Assessment Method for Statin Effects or Nocebo) soll diese Frage klären. ARS MEDICI 24 | 2019 841 FORTBILDUNG Tabelle: Verschiedene Klassen von Lipidsenkern Statine Atorvastatin (Sortis®, Generika), Fluvastatin (Lescol®, Generika), Pitavastatin (Livazo®), Pravastatin (Selipran®, Generika), Rosuvastatin (Crestor®, Generika), Simvastatin (Zocor®, Generika) Lipidsenkung ↕ LDL-C um 20–55% Cholesterinresorptionshemmer Ezetimib (Ezetrol® und Generika), Kombinationspräparate mit Atorvastatin, Simvastatin und Rosuvastatin ↕ LDL-C um 15–20% Nebenwirkungen Myalgie, Myopathie, Dyspepsie, erhöhtes Diabetesrisiko bei bestehender Insulinresistenz Diarrhö, Rücken-, Abdominal- und Muskelschmerzen Empfehlungen ACC/AHA Primärprävention bei mittlerem bis hohem kardiovaskulärem Risiko*, generell hoch wirksame Statine bei hohem Risiko Sekundärprävention, LDL-C ≥ 4,9 mmol/l Add-on zu Statin bei sehr hohem Risiko, bei Statinintoleranz oder ungenügender LDL-C-Senkung mit tolerierter Statinmaximaldosis PCSK9-Hemmer Alirocumab (Praluent®), Evolocumab (Repatha®) ↕ LDL-C um 40–65% in Kombination mit Statin und/oder Ezetimib, ↕ LDL-C um 30% mit Evolocumab bei Patienten mit HoFH Reaktionen an Injektionsstelle Drittlinientherapie nach Statin und Ezetimib für Patienten mit schwerer Hypercholesterinämie (HoFH oder HeFH) und/oder manifester kardiovaskulärer Erkrankung mit LDL-C ≥ 1,8 mmol/l bei Bedarf einer zusätzlichen LDL-C-Senkung Gallensäureabsorptionshemmer Colestyramin (Quantalan®), Colestipol (Colestid®), Divistyramin (Ipocol®) ↕ LDL-C um 15–20% Obstipation, Magenbeschwerden, ↕ Triglyzeride, kann andere Medikamente binden und deren Verfügbarkeit einschränken Dritt- oder Viertlinienoption nach Statin plus Ezetimib (falls keine PCSK9-Hemmer verfügbar), bei Statinintoleranz oder ungenügender LDL-C-Senkung mit tolerierter Statin- bzw. Statin-Ezetimib-Maximaldosis Langkettige Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure EPA, DHA verändert LDL-C-Spiegel nicht, ↕ Triglyzeride (TG) um 20–30% Fischgeschmack im Mund, Aufstossen, kann Blutgerinnung verzögern bei TG ≥ 5,7 mmol/l nach Statin; EPA evtl. bei TG 1,7– 5,7 mmol/l unter Statin sinnvoll Fibrate Bezafibrat (Cedur® retard), Fenofibrat (Lipanthyl®; Kombination mit Simvastatin [Cholib®]), Gemfibrozil (Gevilon®) ↕ TG um 40 bis 50% Myositis, Cholelithiasis Zweit- oder Drittlinienoption bei TG ≥ 5,7 mmol/l, nach Statintherapie und therapeutischen Lebensstilveränderungen inkl. sehr fettarmer Diät *unterschiedliche Definitionen und Empfehlungen in den verschiedenen Guidelines ACC/AHA: American College of Cardiology / American Heart Association; EPA: Eicosapentaensäure; DHA: Docosahexaensäure; HeFH: heterozygote familiäre Hypercholesterinämie; HoFH: homozygote familiäre Hypercholesterinämie Die Tabelle ist eine gekürzte und an die Schweiz adaptierte Version der Tabelle in den ergänzenden Unterlagen zur hier referierten Publikation von Michos ED et al. im «New England Journal of Medicine» 2019. 842 ARS MEDICI 24 | 2019 FORTBILDUNG Ezetimib kommt als Add-on zu einer Statintherapie infrage, wenn die LDL-C-Senkung trotz maximal tolerierter Statindosis unbefriedigend ist. Die Review-Autoren geben auf der Basis der IMPROVE-IT-Studie folgende «number needed to treat» an: Um 1 kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern, müssen 50 Patienten 7 Jahre lang damit behandelt werden. Ezetimib kommt auch bei Statinintoleranz infrage. Da bisher keine Studie den Nutzen einer Ezetimibmonotherapie belegen konnte, sollte die maximal tolerierte Statindosis weiterhin genommen werden. PCSK9-Inhibitoren sind monoklonale Antikörper, die s.c. injiziert werden. Sie senken den LDL-C-Spiegel rasant um zirka 60 Prozent. In den bis anhin vorliegenden 2- bis 3-jährigen Studien mit den beiden zurzeit verfügbaren Substanzen Evolocumab und Alirocumab zeigte sich ein Rückgang schwerer kardiovaskulärer Ereignisse von etwa 1,5 Prozent, was einer relativen Risikoreduktion um 15 Prozent entsprach. Eine Reduktion der Mortalitätsrisikos war nicht nachweisbar oder statistisch nicht signifikant. PCSK9-Inhibitoren kommen für Hochrisikopatienten in der Sekundärprävention oder bei schwerer primärer Hypercholesterinämie infrage sowie bei Statininterolanz oder in Fällen, in denen auch die Kombination von Statinen mit Ezetimib nicht die gewünschte Wirkung hatte. Die zum Teil erhebliche LDL-CSenkung bis hin zu Werten von 0,3 mmol/l hatte zumindest kurzfristig keine negativen Folgen; Sicherheitsdaten über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren liegen noch nicht vor. Fibrate, Niacin und Gallensäureabsorptionshemmer waren vor der Ära der Statine bedeutender als heute. Niacinpräparate sind in der Schweiz nicht mehr auf dem Markt. Für die anderen beiden Substanzklassen wird auf die Tabelle verwiesen. Langkettige, ungesättigte Omega-3-Fettsäuren sind eine Option für Patienten mit schwerer Hypertriglyzeridämie (Triglyzeride > 5,6 mmol/l). In der Regel braucht es eine Dosis von 4 g pro Tag, um die Triglyzeridspiegel um 20 bis 30 Prozent zu senken. Studien zur Frage, ob die Gabe der Fettsäuren das kardiovaskuläre Risiko tatsächlich zu senken vermag, lieferten heterogene Resultate, wobei allerdings auch unterschiedliche Dosierungen zum Einsatz kamen. In der REDUCE-IT-Studie mit Ethyl-Eicosapentaensäure (E-EPA) mit Patienten mit erhöhten Triglyzeridspiegeln, deren LDL-C mit Simvastatin kontrolliert wurde, zeigte sich ein positiver
Effekt. Dieser sei jedoch nicht auf alle EPA übertragbar, betonen die Review-Autoren. In den aktuellen Guidelines kommen die Omega-3-Fettsäure nicht vor, dies dürfe sich künftig aber ändern, fügen sie hinzu.
Was ist in der Pipeline?
Neben einer möglichen Rolle von E-EPA bezüglich der Tri-
glyzeride erwähnen die Review-Autoren die Substanzen In-
clisiran, Bempedoinsäure, AKCEA-APO(a)-LRx und Hem-
mer von Angiopoietin-like-Protein 3 (ANGPTL3).
Inclisiran ist ein kurzes RNA-Molekül, das die PCSK9-Syn-
these hemmt. Das Besondere an diesem Ansatz ist, dass die
Wirkung einer einzigen Injektion 9 Monate lang anhielt und
zwei Injektionen ausreichten, um die gewünschte LDL-C-
Senkung zu erreichen. Inclisiran wird zurzeit in einer Pha-
se-3-Studie getestet.
Bempedoinsäure hemmt einen anderen Schritt der Choleste-
rinsynthese als die Statine. Die Substanz konnte eine zusätz-
liche LDL-C-Senkung bei Personen bewirken, bei denen unter
der Statinmaximaldosis das LDL-C nicht unter 1,8 mmol/l
fiel. Eine grössere Studie mit Bempedoinsäure ist in der Re-
krutierungsphase.
Die Substanz mit dem etwas sperrigen Namen AKCEA-
APO(a)-LRx ist ein Antisense-Oligonukleotid, welches Lipo-
protein(a)-Spiegel um bis 90 Prozent senken kann und bisher
in Phase-2-Studien getestet wurde. Ein weiterer Angriffs-
punkt ist das ANGPTL3, das im Lipidstoffwechsel eine Rolle
spielt. Um ANGPTL3 zu beeinflussen, experimentiert man
zurzeit mit Antisense-Oligonukleotiden und Antikörpern;
eine Phase-2-Studie mit Patienten wurde bereits durchge-
führt.
s
Renate Bonifer
Quelle: Michos ED et al.: Lipid management for the prevention of atherosclerotic cardiovascular disease. N Engl J Med 2019; 381: 1557–1567.
Interessenlage: Die drei Autoren des Reviews erklären, dass keine potenziellen Interessenkonflikte bestehen.
Referenzen: 1. von Eckardstein A et al.: Empfehlungen zur Prävention der Atherosklerose 2018: Update der AGLA. Swiss Med Forum 2018; 18(47): 975–980. 2. Herzog V: Schweizerische Empfehlungen zum Management der Dyslipidämie. ARS MEDICI 2019; 14–16: 504–505.
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