Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Wäre ich der Konjunktiv, hätte ich mehr würde.
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Der Laubbläser ist bei Männern (zumindest in südlichen Gefilden) fast so beliebt wie der Rasentrimmer, nur viel zeittypischer: Er macht sehr viel Wind, sehr viel Lärm, und er benötigt sehr viel Energie. Und er macht doch nichts weiter, als heulend dafür zu sorgen, dass ein Problem von links nach rechts – oder umgekehrt – verschoben wird.
sss
Eine Aufzählung der vielen (auch für Frauen) nützlichen Erfindungen, die zornige wie gutmütige «Alte weisse Männer» im Lauf der Jahrhunderte gemacht haben (auch in der Medizin), stiess einigen Leserinnen sauer auf. Stimmt, man muss zugeben: alte weisse Männer haben auch viel Schrott, viel Unnützes und viel Schädliches erfunden. Und umgekehrt: Auch Frauen haben der Gesellschaft viel Sinnvolles und Wertvolles gebracht. Nur geht es bei der Anerkennung für die Leistungen «alter weisser Männer» eben weder um die Qualität noch um die Anzahl der Erfindungen und Aktivitäten, sondern darum, dass der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Erfindern heute darin besteht, dass niemand sich über alte weisse (oder junge nicht weisse) Frauen aufregt, über alte weisse Männer hingegen sehr wohl geschimpft wird. Ein klein wenig satirische Gegensteuer gegen diesen Verso-Sexismus müssten selbstbewusste Frauen eigentlich aushalten können.
sss
Schicksal ist, wenn du etwas findest, das du nie gesucht hast, und dann feststellst, dass du nie etwas anderes wolltest.
sss
Wer den «Klimaleugnern» – oder eher: Klimafatalisten – vorwirft, nicht sehen zu wollen, wie sich das Klima verändert (egal, ob menschen- oder naturgemacht), sollte sich kurz an die Nase fassen. Denn so wie’s beim Klima einen Kipppunkt gibt, jenseits dessen Temperatur, Wind oder Niederschläge sich vielleicht dramatisch aufschaukeln, gibt es auch gesellschaftliche Kipppunkte. Ein in Deutschland tätiger muslimischer Imam machte das deutlich mit seiner Entgegnung auf die Frage: «Was steht bei Ihnen höher, die deutsche Verfassung oder das Scharia-Gesetz?» Antwort: «Solange wir eine Minderheit sind, die deutsche Verfassung. Wenn wir in der Mehrheit sind, die Scharia.» Das war wenigstens ehrlich. Und keiner wird später sagen können, er habe es nicht gewusst.
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Der folgende Satz ist ultimativ richtig: «Entweder man glaubt an die Meinungsfreiheit für Andersdenkende, oder man glaubt überhaupt nicht an die Meinungsfreiheit.» Die Idioten links und die Idioten rechts und leider auch viele Journalisten staatlicher Medien in Deutschland haben sich ultimativ für Letzteres entschieden. Dummerweise haben die an der Macht die Möglichkeit, politische und juristische Mechanismen gegen Meinungsfreiheit zu implementieren. Mit verheerenden Folgen, trotz oder gerade wegen der scheinbar freien sozialen Medien.
sss
Nach der Generation X (oder Y oder Z), der Generation Null Bock, den Millenials u. a. erleben wir heute eine neue Generation: Ein humoriger Zeitgenosse nannte sie Generation Chillstand.
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Wer schreibt nach der Pubertät schon noch Gedichte? Und liest welche? Kaum jemand. Zu kompliziert. Zu anspruchsvoll. Zu langweilig. Nicht cool, nicht sexy. Allenfalls in Form von Raps, in denen mit Gewalt, Drogen und Sex geprahlt wird. «Normale» Gedichte gewinnen ihren Wert aus Worten, die nicht zusammenzupassen scheinen, die Verstand und Gefühl gleichermassen ansprechen, einen sprachlichen Hauch von «Schönheit» vermitteln und mehr diffuse Ahnung als explizites Wissen transportieren. Menschen, die Hunde mögen, werden die folgenden Worte verstehen: «Pelzgespenst, Fellseele mit lachenden Lefzen / du kommst und bleibst und leckst mir das Lachen aus dem Gesicht / aber du frisst auch meine nutzlose Trauer / zerknackst sie, als wäre sie ein Knieknochen vom Kalb» (Joseph Zoderer). Vielleicht halten sogar Hundehasser kurz inne. (Übrigens: Zoderer lohnt sich allemal.)
sss
Nelloptodes gretae heisst der honigfarbene Käfer, der vom Londoner Naturkundemuseum offiziell nach Greta (ja, genau: der Greta) benannt wurde. Er gehört zu den kleinsten Insekten der Welt, wurde in den 60er-Jahren in Kenia entdeckt und: Er hat keine Augen und keine Flügel. Ob das die Namensgeber bedacht haben? Egal, wenn er nur nicht ausstirbt, der Kleine. Das wäre peinlich.
sss
Und das meint Walti: Wenn die Menschen nur von dem sprächen, was sie verstehen, herrschte bald ein grosses Schweigen.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 23 | 2019