Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
Motion vom 8.5.2019
Berufsausübungsbewilligungen für Ärztinnen und Ärzte: Änderung des MedBG für Personen im Alter von über 70 Jahren
Roberta Pantani Nationalrätin SVP Kanton Tessin
Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der jüngsten Änderung des Medizinalberufegesetzes (MedBG) sind in der Schweiz Fälle zum Vorschein gekommen, in denen Ärztinnen und Ärzte gegenwärtig keine kantonale Berufsausübungsbewil-
ligung mehr erhalten. Als Beispiel sei ein Arzt erwähnt, der sein eidgenössisches Diplom am 9. Juni 1971 an einer Schweizer Universität erworben hat. Ende der Achtzigerjahre verfügte dieser Arzt über die Bewilligung, in seinem Wohnsitzkanton seinen Beruf als Chirurg selbstständig auszuüben. Dieser Arzt hat bis 2011 praktiziert und war auch bei der FMH eingetragen. Dann hat er beschlossen, seine Tätigkeit zu unterbrechen. 2019, mit nun über 70 Jahren, möchte er, der eigentlich alle Anforderungen für die Erneuerung der Berufs-
ausübungsbewilligung erfüllt, seine Tätigkeit in seiner Praxis wieder aufnehmen. Dies ist aber nicht möglich, weil er keinen Facharzttitel hat und die Übergangsfrist nach Artikel 67a MedBG abgelaufen ist. Da es sich um eine Verletzung der Wirtschafts- und der Berufsausübungsfreiheit handelt, wird der Bundesrat beauftragt, einen Entwurf zur Änderung des MedBG vorzulegen, mit dem diese offenbar nicht seltenen Fälle verhindert werden können.
STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 14.8.2019
Das Medizinalberufegesetz (MedBG) regelt im Interesse des Gesundheitsschutzes die Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung sowie an die Berufsausübung der Medizinalpersonen, namentlich der Ärztinnen und Ärzte. Dementsprechend ist die privatwirtschaftliche Ausübung des Ärzteberufes in eigener fachlicher Verantwortung bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird erteilt, wenn die Gesuchstellerin bzw. der Gesuchsteller ein eidgenössisches Diplom und einen eidgenössischen Weiterbildungstitel besitzt, vertrauenswürdig ist und physisch und psychisch Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bietet sowie über die notwendigen Kenntnisse der Amtssprache des Bewilligungskantons verfügt. Die Bewilligungsertei-
lung obliegt dem zuständigen Kanton. Dieser prüft im Rahmen der Bewilligungsverfahren, ob die genannten fachlichen und persönlichen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind. Die Voraussetzungen für die Berufsausübungsbewilligung gelten für alle Ärztinnen und Ärzte, unabhängig ihres Alters zum Zeitpunkt der Beantragung einer Berufsausübungsbewilligung. Die Übergangsbestimmungen in Artikel 65 MedBG stellen jedoch sicher, dass gerade ältere Ärztinnen und Ärzte nicht von der Berufsausübung ausgeschlossen werden, weil sie z. B. nicht über einen Weiterbildungstitel verfügen: So sind Ärztinnen und Ärzte, die bereits am 1. Juni 2002 im Besitz einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung waren, vom Weiterbildungsobligatorium befreit.
Vor diesem Hintergrund kann der Bundesrat dem Anliegen der Motion, die Bestimmungen des MedBG über die Berufsausübung seien zugunsten älterer Ärztinnen und Ärzte zu ändern, nicht zustimmen. Die von der Motion monierte Einschränkung der individuellen Wirtschaftsfreiheit entspricht dem Gesetzeszweck des MedBG, die öffentliche Gesundheit zu schützen und betrifft wie dargelegt alle Ärztinnen und Ärzte. Es wäre somit eine nicht zu rechtfertigende rechtliche Ungleichbehandlung, wenn für über 70-jährige Ärztinnen und Ärzte besondere, erleichterte Bewilligungsvoraussetzungen erlassen würden.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Leserbrief
Schamlose Regelung
Betrifft: Editorial in ARS MEDICI Nr. 20/2019, Seite 657
Ihrem Bericht entnehme ich mit grosser Freude, dass einige mutige, noch nicht total abgehalfterte
«Medizinalschlachtrösser» mit der Gründung der «IG Seniorenbewilligung» Bewegung in die schamlose Zürcher Regelung der medikamentösen Eigenund Familienversorgung gebracht haben. Vor zirka einem Jahr wurde ich in einer Apotheke in M., wo bereits mein Vater (mein Vorgänger in meiner Praxis) alle Medikamente bezog, coram publico flegelhaft weggewiesen, als ich mit mei-
nem Rezept in der Hand bedient werden wollte. Demütigend, aber auch bezeichnend, wie mit den Angehörigen unseres Berufsstands heute umgesprungen wird. Gerne werde ich Mitglied der IG Seniorenbewilligung.
J.S. in M. (Name der Redaktion bekannt)
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ARS MEDICI 23 | 2019