Transkript
STUDIE REFERIERT
Antiplättchentherapie bei pAVK
Ticagrelor und Clopidogrel zur Schlaganfallprävention
In einer EUCLID-Substudie war Ticagrelor bei pAVK-Patienten mit einer ausgeprägteren Senkung des Risikos für Schlaganfälle jeglicher Art und für ischämische Schlaganfälle verbunden als Clopidogrel. Im Hinblick auf den primären kombinierten Endpunkt der Hauptstudie (kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, ischämischer Schlaganfall) zeigte sich dagegen kein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen.
Stroke
Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) gelten derzeit als beste Option zur Verhinderung ischämischer Schlaganfälle bei kardiovaskulären Patienten ohne Vorhofflimmern. Dazu gehören auch Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK). Mittlerweile mehren sich die Hinweise, dass bei pAVK und anderen vaskulären Erkrankungen eine intensivierte oder eine duale Antiplättchentherapie mit Vorteilen verbunden sein könnte. So senkte die Kombination Ticagrelor (Brilique®)/ Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin® und Generika) bei Patienten mit vorherigem Herzinfarkt das Schlaganfallrisiko stärker als eine ASS-Monotherapie. Und in einer anderen Studie war Clopidogrel (Plavix® und Generika) bei Personen mit hohem Risiko für atherosklerotische Ereignisse – darunter auch pAVK-Patienten – einer ASS-Behandlung überlegen.
Substudie von EUCLID
Um den Nutzen von Ticagrelor und Clopidogrel zur Schlaganfallprävention bei pAVK-Patienten besser beurteilen zu können, führten Brad Kolls von der Duke University School of Medicine in Durham, North Carolina (USA), und seine Arbeitsgruppe eine Substudie der der internationalen doppelblind randomisierten, kontrollierten Studie EUCLID (Examining Use of Ticagrelor in Peripheral Artery Disease) durch. In der EUCLID-Studie hatten 13 885 symptomatische pAVK-Patienten eine Monotherapie mit Ticagrelor oder Clopidogrel zur Prävention schwerer kardiovaskulärer Ereignisse erhalten. Primärer Endpunkt der Hauptstudie war die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt und ischämischem Schlaganfall.
Im Rahmen ihrer Substudie ermittelten die Forscher nun zunächst die Inzidenz von Schlaganfällen (ischämische und hämorrhagische) und transitorischen ischämischen Attacken (TIA). Ein weiteres Ziel bestand in der Identifizierung von Schlaganfallprädiktoren bei pAVK-Patienten. Abschliessend verglichen die Wissenschaftler die Schlaganfallraten unter Ticagrelor und Clopidogrel.
Schlaganfallinzidenz und Prädiktoren
Während der medianen Beobachtungsdauer von 30 Monaten kam es bei 424 Patienten zu 458 kardiovaskulären Ereignissen. Dabei handelte es sich um 317 ischämische Schlaganfälle, 39 hämorrhagische Schlaganfälle und 102 TIA. Als unabhängige Baselinerisikofaktoren für Schlaganfälle jeglicher Art erwiesen sich das Alter, vorherige Schlaganfälle, vorheriges Vorhofflimmern/ -flattern, Diabetes mellitus, ein Knöchel-Arm-Index < 60, vorherige Amputationen und der systolische Blutdruck. Die Anzahl der Ereignisse des primären kombinierten Endpunkts (kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, ischämischer Schlaganfall) war unter Ticagrelor und Clopidogrel vergleichbar. Bei der gesonderten Betrachtung von Schlaganfällen und TIA ergab sich dann ein differenzierteres Bild. Die nicht adjustierten Raten ischämischer Schlaganfälle (1,9 vs. 2,4%) und der Schlaganfälle jeglicher Art (2,2 vs. 2,7%) waren unter Ticagrelor niedriger als unter Clopidogrel. Dieses Ergebnis blieb auch nach rechnerischem Abgleich für die Baselinefaktoren bestehen. Unter Ticagrelor betrug die adjustierte Hazard Ratio (HR) 0,78 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,62–0,98; p = 0,032), und für
den ischämischen Schlaganfall und für Schlaganfälle jeglicher Art betrug die HR 0,80 (KI: 0,64–0,99; p = 0,038) im Vergleich zu Clopidogrel. Im Hinblick auf hämorrhagische Schlaganfälle (HR: 0,955; KI: 0,51– 1,79; p = 0,886) und TIA (HR: 1,07; KI: 0,72–1,60; p = 0,737) zeigten sich dagegen keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen.
Weitere Studien erforderlich
In der vorliegenden Substudie war Ticag-
relor im Vergleich zu Clopidogrel mit einer
ausgeprägteren Senkung der Raten aller
Schlaganfälle und der ischämischen
Schlaganfälle verbunden – obwohl bezüg-
lich des kombinierten primären End-
punkts in der EUCLID-Studie keine Un-
terschiede zwischen beiden TAH
bestanden.
Diese Beobachtung könnte nach Ansicht
der Autoren darauf hinweisen, dass sich
der Schlaganfall als Endpunkt in einer
Patientenpopulation mit symptomati-
scher pAVK von anderen kardiovaskulä-
ren Endpunkten, wie einem nicht tödli-
chen Herzinfarkt, unterscheidet. Ähnliche
Ergebnisse zeigten sich auch in anderen
Substudien bei der gesonderten Betrach-
tung von Schlaganfällen und anderen kar-
diovaskulären Ereignissen. Die bestmög-
liche Prävention von Schlaganfällen sollte
deshalb in weiteren prospektiven Studien
genauer untersucht werden.
PS s
Quelle: Kolls BJ et al: Stroke in patients with peripheral artery disease. Stroke 2019; 50(6): 1356– 1363.
Interessenlage: Die Studie EUCLID wurde von AstraZeneca finanziert. 10 der 18 Autoren der referierten Substudie haben Gelder von AstraZeneca und anderen Pharmaunternehmen erhalten. Alle anderen erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
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ARS MEDICI 20 | 2019