Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
INTERPELLATION vom 22.3.2019
Wann nimmt der Bundesrat die Einschleppung von Tuberkulose durch Asylbewerber endlich ernst?
Adrian Amstutz Nationalrat SVP Kanton Bern
Die völlig ungenügende und oberflächliche Antwort des Bundesrates auf meine Interpellation ist in Anbetracht der Gefahren für die Menschen in der Schweiz durch das Einschleppen von Tuberkulose nicht akzeptierbar. Es ist bekannt, dass viele Asylbewerber aus den Lagern in Nordafrika und dem Mittleren Osten durch Unter- oder Fehlernährung an einer Abwehrstörung leiden und dadurch für Infektionskrankheiten, besonders die Tuberkulose, viel anfälliger sind und erkranken.
1. Wo, durch wen und wie werden die medizinische Untersuchungen der Asylbewerber ausserhalb der Schweiz in separater Isolation durchgeführt?
2. Welche Ärzte führen nach Schweizer Standards medizinische Untersuchungen der Asylbewerber inklusive Blutlabor und Röntgenbild zum Ausschluss einer Tuberkulose durch?
3. Wie kann vor Ort, in Nordafrika oder dem Mittleren Osten in der Isolation in wenigen Tagen zwischen einer aktiven oder inaktiven (latenten) Tuberkulose unterschieden werden?
4. Ist sich der Bundesrat bewusst, dass in einem geschlossenen Raum unter abwehrschwachen Asylbewerbern die Ansteckung durch Tuberkulose in 8 Stunden erfolgen kann?
5. Ist ihm bewusst, dass laut den «Ärzten ohne Grenzen» die Medikamente gegen Tuberkulose
wegen zunehmender Resistenz immer wirkungsloser sind? 6. Kennt er bei Asylbewerbern mit aktiver Tuberkulose in der Schweiz die sofortigen epidemiologischen und medizinischen Schritte und deren Kosten der Langzeit-Behandlung? 7. Ist sich der Bundesrat bewusst, dass ein Infektionsschutz der Menschen in der Schweiz nur durch eine kontrollierte Aufnahme über die Schweizer Grenze von infektionsfreien Asylbewerbern gegeben ist? 8. Warum wurden die Massnahmen in den gestellten Fragen nicht in den früheren Jahren durchgeführt und überwacht, damit es nicht zu importierten Tuberkulosefällen durch Asylbewerber gekommen wäre?
STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 15.5.2019
1. Seit 2018 werden Resettlement-Missionen des Staatssekretariats für Migration SEM im Libanon und in Jordanien von einem erfahrenen Arzt begleitet. Dieser untersucht die zur Aufnahme vorgeschlagenen Personen, stellt eine Diagnose und gibt eine Behandlungsempfehlung ab. Aufgrund der Untersuchungen vor Ort sind dem SEM gesundheitliche Probleme von Resettlement-Flüchtlingen schon vor deren Einreise in die Schweiz bekannt.
2. Im Rahmen der Sicherstellung der Erkennung, Behandlung und Verhütung von übertragbaren Krankheiten sowie des Zugangs zur Gesundheitsversorgung werden Asylsuchende bei Verdacht auf das Vorliegen einer übertragbaren Krankheit unverzüglich der notwendigen medizinischen Versorgung zugeführt. Allen Asylsuchenden wird zudem eine standardisierte Tuberkulose-Risikoabklärung angeboten. Asylsuchende mit erhöhtem Risiko werden an die Zentrumsärztin oder den Zentrumsarzt für weiterführende Untersuchungen überwiesen. Diese können bei Bedarf Gesuchstellende an Spezialisten überweisen oder dieTuberkulose-Hotline für medizinische Fachpersonen der Lungenliga beiziehen.
3. Verdacht auf bakteriologisch aktive Tuberkulose besteht, wenn bestimmte Symptome wie langanhaltender Husten mit Auswurf bestehen. Nach Anamneseerhebung und körperlicher Untersuchung wird, sofern eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, eine Thorax-Röntgenaufnahme angefertigt. Falls diese den Verdacht erhärtet, wird der Auswurf mikrobiologisch auf Tuberkelbakterien untersucht. Dieses Vorgehen erlaubt mit hoher Wahrscheinlichkeit, eine Lungentuberkulose auszuschliessen und unnötige Massnahmen (z.B. Isolation) zu vermeiden. Nur eine unbehandelte Lungentuberkulose mit Nachweis von Mykobakterien im Auswurf gilt als infektiös.
4. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Ansteckung durch Tuberkulose durch eine an Lungentuberkulose erkrankte Person innerhalb von acht Stunden erfolgen kann, und zwar unabhängig vom Immunzustand der exponierten Person. Nur eine Minderheit der infizierten Personen entwickelt jedoch eine Lungentuberkulose. Das vom BAG und SEM herausgegebene Handbuch zur Verhütung und zum Ausbruchsmanagement von über-
tragbaren Krankheiten in den Asylzentren stellt eine wirkungsvolle Grundlage für das Vorgehen bei Tuberkulose-Verdachtsfällen dar, insbesondere um die Übertragung zu vermeiden. 5. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass Resistenzen gegenüber zwei der wirksamsten und am häufigsten verwendeten Antibiotika für die Behandlung von Tuberkulose (Isoniazid und Rifampicin) weltweit zunehmen und die Therapie damit komplizierter wird. In der Schweiz liegt der Anteil der multiresistenten Isolate jedoch unter 5 Prozent und eine schnelle Diagnose und adäquate Behandlung dieser Sonderform sind gewährleistet. 6. Die Empfehlungen zur Verhütung und zum Ausbruchsmanagement von übertragbaren Krankheiten in den Asylzentren regeln die diagnostische Abklärung und die Umgebungsuntersuchung. Die Kosten der epidemiologischen Untersuchungen werden vom jeweiligen Kanton im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der öffentlichen Gesundheit getragen. Die Kosten der Behandlung schwanken je nach Tuberkuloseform, d.h. Behandlungsdauer, patientenspezifischen Faktoren sowie Resistenz des Erregers. In einer Studie aus dem Jahr 2003 betrug der geschätzte Medianwert 52 600 Fran-
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ken für die Behandlung einer multiresistenten Tuberkulose und 8839 Franken für eine nichtmultiresistente Tuberkulose. 7. Es gibt keinen Test, der die Infektionsfreiheit von Asylsuchenden bestätigen könnte. Daher gilt es, Personen mit ansteckenden Krankheiten innert kürzester Frist zu identifizieren, um die Übertragung von Infektionskrankheiten auf die Bevölkerung zu verhindern. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass nicht alle Fälle von Lungentuberkulose bei Einreise entdeckt werden. Unser Gesundheitssystem ist jedoch imstande, die individuelle und öffentliche Ge-
sundheit auch bei späterem Auftreten einer aktiven Tuberkulose-Erkrankung zeitnah und wirksam zu schützen. Bezüglich der Übertragung von Tuberkulose von Asylsuchenden auf die Schweizer Bevölkerung zeigt eine Studie aus dem Jahr 2012, dass dies nur in seltenen Fällen passiert. 8. In der Schweiz wird seit 1948 bei ausländischen Arbeitnehmenden nach Tuberkulose gesucht und seit den 1970er Jahren Tuberkulosefrüherkennungsmassnahmen für Asylsuchende bei der Einreise vorgenommen. Die jeweils gültigen rechtlichen Grundlagen als
auch die darauf aufbauenden Vorgehensweisen wurden dabei jeweils den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und der epidemiologischen Situation angepasst sowie nach Kostengesichtspunkten optimiert. Trotz verschiedener Vorgehensweise ist die Zielsetzung dieser Massnahmen seit Jahrzehnten unverändert und besteht darin, Tuberkulose-Fälle frühestmöglich zu diagnostizieren und eine Behandlung sowie Massnahmen zur Umgebungsabklärung einzuleiten, um Übertragung auf Dritte zu vermeiden.
POSTULAT vom 22.3.2019
Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
Jürg Stahl Nationalrat SVP Kanton Zürich
Der Bundesrat wird beauftragt abzuklären und Bericht darüber zu erstatten, inwiefern und unter welchen Bedingungen Artikel 27 HMG und/oder andere Bestimmungen geändert werden können, um den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu ermöglichen, ohne dabei die Behandlungssicherheit und Qualität im Vergleich mit der Abgabe durch den stationären Fachhandel zu beeinträchtigen.
Begründung
Der Druck seitens der Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft, den Versandhandel von Arzneimitteln zu liberalisieren, hat in den letzten Monaten
zugenommen. Dies zeigt sich auch darin, dass zunehmend bei ausländischen Plattformen mit oft zweifelhafter Kompetenz Produkte aus unsicheren oder gar illegalen Quellen bestellt werden, deren Qualität in keiner Art den hiesigen Anforderungen genügt. Andererseits sind die bestehenden gesetzlichen Einschränkungen des Versandhandels mit Arzneimitteln der Abgabekategorie C/D (Selbstmedikation) gesundheitspolizeilich gut begründet. Sie sollen sicherstellen, dass Abgabekompetenz und Beratung auch beim Bezug über den Versandhandel analog zur Abgabe durch den stationären Fachhandel gewährleistet sind. Der Gesetzgeber hat diese Anforderungen im Rahmen der Revision des HMG bestätigt. Dass trotzdem kurz nach Inkraftsetzung des revidierten HMG in den Kommissionen und im Parlament Vorstösse eingereicht worden sind, welche in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der postulierten Thematik stehen, zeigt, wie wichtig eine gesamtheitliche Betrachtung und koordiniertes Vorgehen sind.
Das Postulat beauftragt den Bundesrat eine vertiefte Betrachtung dieser Situation vorzunehmen (Gesamtschau). Dabei sollen Fragen zu den Auswirkungen des Versandhandels auf den stationären Fachhandel (Apotheken und Drogerien), auf die Versorgung der Bevölkerung sowie auf die Patientensicherheit, die Beratungsqualität und die direkten und indirekten Kosten für das Gesundheitswesen berücksichtigt werden. Ebenfalls soll hervorgehen, ob fürVersandhandel mit Arzneimitteln aus Sicht des Bundesrates zukünftig generell neue Parameter definiert werden müssten (keine Inländerbenachteiligung und gleich lange Spiesse für alle zugelassenen Marktteilnehmenden).
Der Bundesrat beantragt die Annahme des Postulates.
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