Transkript
FOKUS PHARMAKOTHERAPIE
Allopurinol und Febuxostat im Vergleich
Kardiovaskuläres Risiko unter Gichtbehandlung vergleichbar
Hyperurikämie und Gicht sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert. Die beiden Xanthin-Oxidase-Hemmer Allopurinol und Febuxostat sind die Grundpfeiler der uratsenkenden Therapie – zwei neueren bevölkerungsbasierten Kohortenstudien zufolge scheint das kardiovaskuläre Risiko der Betroffenen darunter vergleichbar.
Circulation/Rheumatology
Zur Frage, inwieweit Gichtpatienten ihr kardiovaskuläres Risiko durch die Einnahme von Xanthin-Oxidase-Hemmern mindern können, ist die Literatur inkonsistent. Es gab sogar die Sorge, dass mit der Einnahme von Febuxostat ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko einhergehen könnte. Denn obwohl dies die Harnsäure in den beiden Phase-III-Studien APEX und FACT effektiver senken konnte, war die Anzahl der schweren kardiovaskulären Ereignisse numerisch erhöht. In der daraufhin durchgeführten CARES-Studie, die die kardiovaskuläre Sicherheit von Allopurinol und Febuxostat bei Gichtpatienten mit bekannten kardiovaskulären Komorbiditäten verglich, erwies sich Febuxostat als nicht unterlegen hinsichtlich unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse, aber es zeigte sich ein grösseres Risiko für kardiovaskuläre respektive Gesamtmortaliät.
Weitere Untersuchungen für mehr Klarheit
In Anbetracht der limitierten Evidenz und der hohen Prävalenz von kardiovaskulären Erkrankungen bei Gichtpatienten untersuchten Zhang et al. das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen unter Allopurinol sowie Febuxostat nun in einer grossen Datenbasis aus dem US-amerikanischen Medicare-Pool (1). Im Rahmen einer Ko-
hortenstudie analysierten sie Datensätze der Jahre 2008 bis 2013 von Gichtpatienten ≥ 65 Jahren, bei denen eine Therapie mit Allopurinol (n = 74 808) oder Febuxostat (n = 24 963) initiiert wurde. Als primärer zusammengesetzter Endpunkt wurde eine Hospitalisation wegen Myokardinfarkt oder Schlaganfall definiert. Als sekundäre individuelle Endpunkte galten eine Hospitalisation wegen Myokardinfarkt oder Schlaganfall, eine koronare Revaskularisation, eine neue oder wiederauftretende Herzinsuffizienz sowie die Gesamtmortalität. Das mediane Alter lag bei 76 Jahren, 52 Prozent der Patienten waren männlich und 12 Prozent hatten bereits zu Beginn eine kardiovaskuläre Erkrankung. Für den primären Endpunkt lag die Inzidenzrate pro 100 Personenjahre bei 3,43 respektive 3,36 (Febuxostat respektive Allopurinol; Hazard-Ratio [HR]: 1,01; 95%Konfidenzintervall [KI]: 0,94–1,08). Das Risiko für das Auftreten eines der unter dem sekundären Endpunkt subsummierten Ereignisse war in beiden Gruppen vergleichbar – mit Ausnahme eines leicht verminderten Risikos einer Exazerbation der Herzinsuffizienz bei Patienten, die mit Febuxostat begannen (HR: 0,94; 95%-KI: 0,91–0,99). Im Vergleich zu Allopurinol betrug die HR für die mit der Langzeiteinnahme (länger als 3 Jahre) verbundene Gesamtmortalität unter Febuxostat 1,25 (95%-KI: 0,56–2,80).
Fazit der Autoren
Alles in allem gab es in einer Kohorte von fast 100 000 älteren Medicare-Patienten, die ihre Gichtbehandlung entweder mit Allopurinol oder Febuxostat begannen, keinen Unterschied hinsichtlich des Risikos für Myokardinfarkt, Schlaganfall, eine neu eintretende Herzinsuffizienz, die Notwendigkeit einer koronaren Revaskularisierung oder der Gesamtmortalität. Allerdings schien es einen (nicht signifikanten) Trend zur Zunahme der Gesamtmortalität bei Patienten zu geben, die Febuxostat länger als drei Jahre einnahmen. Hingegen
war das Risiko einer Exazerbation der Herzinsuffizienz unter Febuxostat etwas geringer. Subgruppen und Sensitivitätsanalysen zeigten konsistente Ergebnisse.
Vergleichbares Risiko auch in koreanischer Studie
Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine kürzlich publizierte koreanische Untersuchung (2). In der populationsbasierten Studie mit knapp 50 000 asiatischen Patienten lag das mittlere Alter bei 59,1 Jahren und der Anteil der Männer war mit 78,4 Prozent deutlich höher als in der amerikanischen Untersuchung. Die Inzidenzrate pro 100 Personenjahre für den kombinierten primären Endpunkt, der zusammengesetzt war aus Myokardinfarkt, Schlaganfall respektive transiente ischämische Attacke oder koronare Revaskularisation lag bei 1,89 für die Patienten, die mit Allopurinol begonnen hatten (n = 39640) und bei 1,8 für diejenigen, die initial Febuxostat erhielten (n = 9910). Die korrespondierende HR lag bei 1,09 (95%-KI: 0,9–1,32). Als sekundäre Endpunkte galten alle individuellen Ereignisse des kombinierten ersten Endpunktes sowie die Gesamtmortalität; diesbezüglich wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt, auch nicht betreffend Gesamtmortalität. Auch in der Subgruppe mit hohem kardiovaskulärem Risiko fiel das Ergebnis ähnlich aus. Mü L
Referenzen: 1. Zhang MA et al.: Assessment of cardiovascular risk
in older patients with gout initiating febuxostat versus allopurinol Circulation. 2018; 138: 1116–1126. 2. Kang EH et al.: Comparative cardiovascular risk of allopurinol versus febuxostat in patients with gout: a nation-wide cohort study. Rheumatology 2019; doi: 10.1093/rheumatology/kez189.
Interessenlage: Ad 1. Die Studie erhielt keine spezifische Unterstützung, drei der Autoren erhielten finanzielle Unterstützung des National Institute of Health. Drei der Autoren erhielten Forschungsstipendien, die das Brigham and Women’s Hospital von verschiedenen Firmen erhalten hatte, die anderen Autoren gaben keine Interessenkonflikte an. Ad 2: Die Autoren um Kang et al. haben keine Interessenkonflikte deklariert, die Studie wurde vom Seoul National University Bundang Hospital unterstützt.
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ARS MEDICI 17 | 2019