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STUDIE REFERIERT
SGLT-2-Hemmer und GLP-1-RA bei Typ-2-Diabetes
Kardiovaskuläre und renale Effekte im Vergleich
Eine neue Metaanalyse grosser Studien mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) und Gliflozinen (SGLT-2-Hemmer) bestätigte positive kardiovaskuläre Effekte für beide Substanzklassen. Die SGLT-2Hemmer hatten bezüglich renaler Protektion die Nase vorn, und sie verminderten auch das Risiko von Spitaleinweisungen wegen Herzinsuffizienz.
Circulation
Sowohl GLP-1-RA als auch SGLT-2Hemmer reduzierten das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE: Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulär bedingter Tod), und zwar in gleichem Mass. Mit SGLT-2-Hemmern sank das relative MACE-Risiko um 11 Prozent (Hazard Ratio [HR]: 0,89; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,83– 0,96; p = 0,001) beziehungsweise 12 Prozent mit GLP-1-RA (HR: 0,88; 95%-KI: 0,84–0,94; p < 0,001). Allerdings profitierten davon nur Patienten mit manifester kardiovaskulärer Atherosklerose. Betrachtete man nur diese Patienten, verminderten beide Substanzklassen das relative MACERisiko um 14 Prozent, wobei sich innerhalb der GLP-1-RA ein Trend zugunsten der humanen GLP-1-Analoga Tabelle: Einzelstudien der Metaanalyse Substanz/ Markenname Studie Follow-up (median) GLP-1-RA Albiglutid* (Eperzan®) Exenatid (Byetta®) Liraglutid (Victoza®) Lixisenatid (Lyxumia®) Semaglutid (Ozempic®) HARMONY EXSCEL LEADER ELIXA SUSTAIN-6 1,6 Jahre 3,2 Jahre 3,8 Jahre 2,1 Jahre 2,1 Jahre SGLT-2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance®) Canagliflozin (Invokana®) Dapagliflozin (Forxiga®) EMPA-REG OUTCOME CANVAS Program DECLARETIMI 58 3,1 Jahre 2,4 Jahre 4,2 Jahre *Nicht auf SL-Schweiz, in der Schweiz nicht im Handel. abzeichnete, der jedoch statistisch nicht signifikant war. Annährend gleich senkten beide Substanzklassen das Herzinfarktrisiko sowie das Risiko, an einer kardiovaskulären Ursache zu sterben. Ein geringeres Schlaganfallrisiko zeigte sich hingegen nur bei den GLP-1-RA. Was bedeutet das in absoluten Zahlen? s Mit GLP-1-RA starben von 1000 Typ-2-Diabetikern pro Jahr 1 bis 4 Patienten weniger an einer kardiovaskulären Ursache. s Mit SGLT-2-Hemmer starben von 1000 Typ-2-Diabetikern pro Jahr 1 bis 8 Patienten weniger an einer kardiovaskulären Ursache. Für die absolute Risikominderung bezüglich Herzinfarkten ergibt sich folgendes Bild: s Mit GLP-1-RA hatten von 1000 Typ- 2-Diabetikern pro Jahr 1 bis 9 Patienten weniger einen Herzinfarkt. s Mit SGLT-2-Hemmern hatten von 1000 Typ-2-Diabetikern pro Jahr 1 bis 2 Patienten weniger einen Herzinfarkt. Herzinsuffizienz In 7 der 8 Studien wurde auch das Hospitalisationsrisiko bezüglich der Herzinsuffizienz erfasst. Die Metaanalyse ergab, dass GLP-1-RA auf dieses Risiko keinen Einfluss hatten, wohl aber die SGLT-2-Hemmer. Bei Patienten mit Gliflozinen war das Risiko für die Einweisung ins Spital wegen Herzinsuffizienz um relative 31 Prozent vermindert (HR: 0,69; 95%-KI: 0,61–0,79; p < 0,001). Nierenschutz Der Parameter «Verschlechterung der Nierenfunktion» war in der Metaanalyse breit gefasst. Dazu zählten sowohl die Makroalbuminurie also auch die Verschlechterung der glomerulären Filtrationsrate (eGRF), Nierenversagen oder renal bedingte Todesfälle. Für die GLP-1-RA ergab die Metaanalyse eine relative Verminderung des Nierenrisikos um 18 Prozent; besser schnitten die SGLT-2-Hemmer mit 38 Prozent ab. Darüber hinaus beruhte die Risikoreduktion der GLP-1-RA vor allem auf dem verminderten Auftreten von Makroalbuminurien. Die Albuminurie gelte zwar als Risikofaktor, sie sei jedoch ein Surrogatmarker, der unter Umständen bei Patienten mit reduzierter eGFR fehlen könne, so die Studienautoren. Darum sei die eGFR der wichtigere Parameter. Wenn man die Makroalbuminurie nicht in die Statistik einbezog, war ein Nierenschutz durch GLP-1-RA nicht mehr statistisch signifikant. Fazit GLP-1-RA und SGLT-2-Hemmer ver- mindern das MACE-Risiko bei Patien- ten mit manifester kardiovaskulärer Ar- therosklerose bereits in einem relativ kurzen Follow-up-Zeitraum von 2 bis 4 Jahren. Beim Therapieentscheid zwi- schen GLP-1-RA und SGLT-2-Hem- mern ist die individuelle Relevanz von Herzinsuffizienz und Nierenprotektion zu bedenken. RBO s Quelle: Zelniker TA et al.: Comparison of the effects of glucagon-like peptide receptor agonists and sodium-glucose cotransporter 2 inhibitors for prevention of major adverse cardiovascular and renal outcomes in type 2 diabetes mellitus. Circulation 2019; 139: 2022–2031. Interessenlage: Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der LemannStiftung, Harvard/Brigham unterstützt. Von den 15 Autoren gaben 2 an, dass keine potenziellen Interessenkonflikte bestehen; die anderen Autoren deklarierten Studiensponsoring und Honorare von verschiedenen Firmen im Diabetesbereich. 478 ARS MEDICI 13 | 2019