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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
(Foto: canstockphoto.ch/Leaf)
Geriatrie
Hohe Lebensqualität trotz chronischer Erkrankungen
Gesundheitsprobleme und chronische Krankheiten im Alter führen in der Schweiz nicht zwangsläufig zu einer geringeren Lebensqualität. Das zeigt eine aktuelle Studie, die im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit durchgeführt wurde. Die Studie zeigt aber auch, dass soziale Ungleichheit die Chance auf ein gesundes Altern beeinflusst. Rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung ist 55 Jahre oder älter. Eine Mehrheit der älteren Bevölkerung der Schweiz stuft ihre Lebensqualität als gut bis ausgezeichnet ein. Sogar in der Gruppe der 83- bis 89-Jährigen sind immer noch rund zwei Drittel der Ansicht, dass ihre Gesundheit gut bis ausgezeichnet sei. Im Hinblick auf die Einschätzung der subjektiven Gesundheit treten Unterschiede nach Geschlecht zutage: Frauen nehmen mit zunehmendem Alter ihre allgemeine Gesundheit im Vergleich zu Männern in denselben Altersgruppen als schlechter wahr. So erachten in der Altersgruppe der 83- bis 89-Jährigen 68 Prozent der Männer ihre Gesundheit als gut bis ausgezeichnet, während es bei den Frauen nur 63 Prozent sind. Ab einem Alter von 55 Jahren hat etwa jeder Zweite mindestens eine chronische Krankheit, ab 75 Jahren betrifft dies zwei Drittel der Personen. Die häufigsten chronischen Erkrankungen sind Erkrankungen des Bewegungsapparates, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes. Frauen und Männer sind davon unterschiedlich betroffen. So leiden Frauen häufiger als Männer an Erkrankungen des Bewegungsapparates und an Depressionen, Männer hingegen eher an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes. Rund 60 Prozent der chronisch Kranken bezeichnen ihre Gesundheit trotzdem als gut oder sehr gut. Das ist ein Hinweis darauf, dass
auch andere Faktoren das Gefühl, gesund zu sein, stark beeinflussen. Die Chance, den Lebensabend gesund und mit hoher Lebensqualität verbringen zu können, hängt nicht nur von individuellen körperlichen Voraussetzungen ab, sondern auch von materiellen und sozialen Ressourcen. Personen mit tiefem Bildungsniveau, tiefem Einkommen oder mit Migrationshintergrund weisen ein höheres Risiko für diverse chronische Erkrankungen auf, sie pflegen einen weniger gesunden Lebensstil, und sie haben eine geringere Lebensqualität als der Durchschnitt. Alleinlebende schätzen ihre Gesundheit systematisch schlechter ein, haben häufiger Schmerzen und berichten von einer tieferen Lebensqualität als Personen, die mit jemandem zusammenleben. Bei den Alleinlebenden mit einer chronischen Erkrankung zeigten sich auch stärkere Einschränkungen in der Alltagsautonomie und eine tiefere Lebensqualität als bei chronisch Kranken generell. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit von der Zürcher Hochschule für AngewandteWissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne und dem Schweizer Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften (FORS) erstellt. Sie basiert auf den Daten von rund 4600 Befragten, die im Rahmen des «Survey on Health, Aging and Retirement (SHARE)» erhoben wurden. SHARE ist eine Langzeitbefragung von Menschen über 50 Jahren in 27 europäischen Ländern und in Israel.
ZHAW/RBO L
Pressemitteilung der ZHAW vom 18. Juni 2019 Link zum SHARE-Projekt in der Schweiz: https://www.unil.ch/share/home.html
Rückspiegel
Vor 10 Jahren
Krebsrisiko wegen Analoginsulin?
Am 26. Juni 2009 werden in der Zeitschrift «Diabetologia» fünf Studien zum Krebsrisiko beim Gebrauch von Insulin Glargin publiziert. Vier davon beruhen auf Registerdaten, bei der fünften handelt es sich um die nachträgliche Auswertung einer prospektiven Studie mit ursprünglich anderer Fragestellung. Die Resultate sind widersprüchlich. Während in zwei Registerstudien eine Erhöhung des Risikos festgestellt wird, finden sich in den drei anderen Studien hierfür keine Belege. Wie ihre internationalen Kollegen raten auch die Schweizer Endokrinologen von einer Änderung der Insulintherapien ab und fordern weitere prospektive, randomisierte Studien. Drei Jahre später werden die Resultate von drei grossen Kohortenstudien vorgestellt: In keiner der Studien wird ein erhöhtes Krebsrisiko unter Insulin Glargin nachgewiesen.
Vor 50 Jahren
Lebertransplantation
Die erste erfolgreiche Lebertransplantation in Europa wird an der Chirurgischen Universitätsklinik in Bonn durchgeführt.
Vor 100 Jahren
Wie viel Bewegung?
In der Bevölkerung, aber auch in Ärztekreisen, ist die Ansicht weitverbreitet, dass körperliche Aktivität bei Atherosklerose und Herzerkrankungen nicht indiziert sei, denn Bewegung erhöhe den Blutdruck, und das könne für die Kranken nicht gesund sein. Erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass angemessene Bewegung für jeden gesund ist, während allzu viel Ruhe eher schadet.
RBO L
ARS MEDICI 13 | 2019