Transkript
FORTBILDUNG
Neue Leitlinien, neue Medikamente
Pneumologie-Update 2019
2018 war in vielerlei Hinsicht ein interessantes Jahr für die Pneumologie: Erfolgversprechende neue Medikamente, insbesondere für das schwere Asthma und für das fortgeschrittene Bronchialkarzinom, wurden zugelassen. Und für die Volkskrankheiten Asthma und COPD, aber auch für das Lungenkarzinom wurden nun praktisch auf einen Schlag im deutschsprachigen Raum die aktualisierten Leitlinien vorgestellt, die zum Teil weitgehende Veränderungen der Vorgehensweise erkennen lassen.
Almuth Pforte
Das Leitmotiv, das in vielen der aktuell erschienenen Arbeiten erkennbar ist, befasst sich mit der genauen Charakterisierung von Patientenkollektiven und deren Subpopulationen. Die «Phänotypisierung» von klinischen, genetischen und immunologischen Auffälligkeiten ermöglichte eine Klassifizierung von Krankheitsmerkmalen, die eine wichtige Voraussetzung eines individualisierten Therapieansatzes darstellt. Dieser hat jetzt sowohl bei der Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen als auch beim Bronchialkarzinom bei einer Reihe von Problemen zu einem Strategiewechsel geführt. Auf diese Aspekte konzentriert sich der folgende Artikel.
Asthma bronchiale
Asthma bronchiale ist eine heterogene chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege. Atemnot, häufig auch anfallsweise, ist neben Husten und thorakaler Enge das führende Symptom. Typisch ist eine ausgeprägte Fluktuation des Beschwerdebilds. Unverzichtbar für die Diagnostik sind eine Lungenfunktionsprüfung und ein Allergietest. Zur Charakterisierung des Asthmaphänotyps rückt die Untersuchung von Biomarkern wie FeNO (Stickstoffmonoxid im Exhalat) und
MERKSÄTZE
Die präzise Erfassung vieler Details im Rahmen von Phänotypisierungen erlaubt eine individualisierte Therapie für eine ganze Reihe komplexer inflammatorischer und onkologischer Erkrankungen.
Die meisten Patienten mit leichtem Asthma können mit einer Basistherapie (ICS + SABA bzw. LABA) adäquat und nebenwirkungsarm behandelt werden. Bei schwerem eosinophilem Asthma haben sich gezielt gegen IL-5 gerichtete Therapiekonzepte etabliert.
Für COPD-Patienten mit geringem Exazerbationsrisiko wird eine langfristige LABA- oder/und LAMA-Therapie als ausreichend empfohlen. Bei höherem Exazerbationsrisiko ist eine zeitlich begrenzte Eskalation (ICS/LABA-Kombination oder Triple-Therapie mit ICS/LABA/LAMA) indiziert.
Moderne «targeted therapies» mit Immun-Checkpoint-Modulatoren haben die Überlebenszeit beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom deutlich verlängert.
Periostin sowie von Entzündungsmediatoren wie Interleukin(IL-)4, IL-5 und IL-13 in den Fokus. Die Erfassung der Eosinophilie im Blutbild kann inzwischen als etabliert betrachtet werden (1).
Erfassung der Asthmakontrolle Aufgrund der grossen Variabilität der Beschwerden ist eine Stadieneinteilung des Asthmas praktisch nicht möglich. Wichtig für den klinischen Alltag ist hingegen eine Erfassung der aktuellen Beschwerdeintensität, die durch die Begriffe «kontrolliert», «teilweise kontrolliert» und «unkontrolliert» charakterisiert wird. Für die Zuordnung zu diesen sehr unterschiedlichen Präsentationsformen der Erkrankung werden Angaben des Patienten – und nach Möglichkeit die Beantwortung eines standardisierten Asthmafragebogens – herangezogen (Tabelle 1).
Leichtes Asthma: Dauer- oder Bedarfstherapie? Im klinischen Alltag beschäftigen uns am meisten die leichten Asthmaformen. Die Diskussion über die ideale Behandlung – eine Dauertherapie mit inhalativen Kortikosteroiden oder die bedarfsorientierte Anwendung kurz wirksamer Beta-2-Sympathomimetika (SABA) – ist durch aktuelle Studienergebnisse um eine weitere Option reicher geworden. Ein Grossteil der Asthmapatienten kann mit einer Basistherapie, bestehend aus einem inhalativen Kortikosteroid (ICS) und einem SABA beziehungsweise einem lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetikum (LABA), adäquat und nebenwirkungsarm behandelt werden. Allerdings haben Patienten, bei denen ein leichtes persistierendes Asthma bekannt ist, nicht selten Bedenken gegenüber einer wie auch immer gearteten Kortisontherapie. Entsprechend entscheiden sie sich durchaus auch ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt für Therapiepausen, oft begleitet von beziehungsweise beendet durch eine deutliche Zunahme der asthmatischen Beschwerden. In den plazebokontrollierten Studien Sygma-1 und Sygma-2 wurde dieses Vorgehen auf den Prüfstein gestellt. Hier konnte für nahezu 4000 Patienten mit Asthma Grad 2 gezeigt werden, dass eine rein bedarfsorientierte Behandlung mit ICS/LABA gegenüber einer Langzeittherapie mit ICS im Hinblick auf die Entwicklung von schweren Asthmaanfällen keinen Unterschied erkennen liess, dass die Asthmakontrolle aber erwartungsgemäss unter Dauertherapie mit Budesonid besser war.
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Tabelle 1:
Asthma – klinische Einteilung anhand der Symptomkontrolle
Symptomkontrolle des Asthmas
Hatte der Patient in den letzten 4 Wochen: häufiger als 2-mal/Woche tagsüber Asthmasymptome? nächtliches Erwachen wegen Asthma? mehr als 2-mal/Woche wegen Symptomen Bedarf an Reliever-Medikation? (die Anwendung eines Relivers vor körperlicher Aktivität wird hier nicht berücksichtigt) irgendwelche Einschränkungen bei Aktivitäten wegen des Asthmas?
Ja n Nein n Ja n Nein n Ja n Nein n
Ja n Nein n
kontrolliert teilweise kontrolliert unkontrolliert
keines davon
1–2 davon
3–4 davon
From the Global Strategy for Asthma Management and Prevention, Global Initiative for Asthma (GINA) 2015. Available from: http://www.ginasthma.org/. Last access Nov 2015.
Aufgrund der Studienlage ergibt sich zumindest ein vertretbarer Ansatz, die Asthmatherapie bei nur leichter Symptomatik auch individuell zu gestalten (2, 3).
Schwer behandelbares Asthma Bei 20 bis 25 Prozent der Erkrankten lässt sich allerdings auch unter hoch dosierter ICS/LABA-Therapie keine ausreichende Krankheitskontrolle erreichen. Ein besonderes Augenmerk wird in den aktuellen Leitlinien darauf gelegt, Patienten mit mangelnder Therapieadhärenz oder fehlerhafter Inhalationstechnik zu identifizieren, bevor eine Intensivierung der medikamentösen Therapie empfohlen wird. Grosse Sorgfalt kommt auch dem Ausschluss komplexer Differenzialdiagnosen zu. Dazu gehören die «vocal cord dysfunction», die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), das Mikroaspirationssyndrom und die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA; früher: Churg-Strauss-Syndrom). Die Kriterien für das schwere Asthma wurden in den Leitlinien konkretisiert. Dazu gehören das Fehlen einer Kontrolle der Erkrankung unter hoch dosierter ICS-Anwendung und einem weiteren Medikament (LABA, lang wirksames Anticholinergikum [LAMA], Leukotrienantagonist oder auch Theophyllin) sowie orale Kortikosteroide > 6 Monate/Jahr und gehäufte Exazerbationen. Um auch diese Patienten adäquat behandeln zu können, muss ihr Asthmaphänotyp, soweit das bis heute möglich ist, ermittelt werden. Dazu gehört die gezielte Erfassung von Krankheitsbeginn (late onset) sowie von typischen Begleiterkrankungen wie Rhinosinusitis oder Nasenpolypen. Einen hohen Stellenwert hat in diesem Kontext der Nachweis einer erhöhten Anzahl von eosinophilen Granulozyten im Blut und/oder im Sputum. Eine Eosinophilie geht im Rahmen eines Asthmas oft mit gehäuften Exazerbationen sowie einer dauerhaft verschlechterten Lungenfunktion und anhaltende Symptomatik einher. Aktuelle Behandlungskonzepte, die gezielt gegen das Zytokin IL-5 gerichtet sind, haben sich bei Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma erfolgreich etablieren können. Dazu gehörten bisher die monoklonalen Antikörper Mepolizumab und Reslizumab. Anfang 2018 wurde ausserdem der Anti-IL-5-Rezeptor-Antikörper Benralizumab für diese Indikation zugelassen, aufgrund der Ergebnisse aus den entspre-
chenden Zulassungsstudien SIROCCO und CALIMA (4). Für diese drei Antikörper konnten überzeugende Effekte in Form einer Abnahme der Exazerbationsrate, einer besseren Asthmakontrolle, einer Stabilisierung der Lungenfunktion und der Möglichkeit einer Dosisreduktion für systemische Kortikosteroide gezeigt werden. In einem indirekten Vergleich der Studienergebnisse zeigen sich allerdings Hinweise auf gewisse Unterschiede im Wirkungsprofil dieser Substanzen (5). Eine abschliessende Bewertung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Hervorzuheben ist, dass in den 2018 veröffentlichten Asthmaleitlinien die Anwendung einer Anti-IL-5-Therapie beim schweren eosinophilen Asthma noch vor einer systemischen Kortikosteroidanwendung in der Stufe 5 empfohlen wird. Neben dem bereits seit Jahren etablierten Anti-IgE-(Immunglobulin-E-)Antikörper Omalizumab für schwere Formen des allergischen Asthmas stehen nun Biologika auch für das schwere eosinophile Asthma zur Verfügung (Tabelle 2). Für einen weiteren Antikörper, Dupilumab, der sowohl gegen IL-4 als auch gegen IL-13 gerichtet ist und der somit ebenfalls die Aktivierung von Eosinophilen inhibiert, wurde in einer Reihe von Studien ein deutlicher Nutzen nicht nur bei Patienten mit eosinophilem Asthma, sondern auch bei der atopischen Dermatitis nachgewiesen.
COPD
Auch für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wurde 2018 die aktualisierte Sk2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) und der Atemwegsliga vorgestellt. Gegenüber den Empfehlungen der GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease), zuletzt 2017 aktualisiert, bezieht die deutsche Leitlinie neben der Spirometrie mit Messung der Einsekundenkapazität (FEV1) die Bodyplethysmografie und die Diffusionskapazität in die funktionsanalytische Diagnostik insbesondere zur Abgrenzung zum Asthma bronchiale mit ein, ebenso die Blutgasanalyse und die Pulsoxymetrie. Zur Beurteilung der Lungenfunktion soll für die Diagnose einer COPD der Quotient FEV1/VC (Vitalkapazität) unterhalb der LLN (lower limit of normal) liegen, der bei über 50-Jährigen bereits bei 70 Prozent des Sollwerts (vs. 80 % bei GOLD) anzunehmen ist.
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Tabelle 2:
Stufentherapie des Asthma bronchiale (SK-Leitlinie 2018)
Stufe 1 Dauertherapie Niedrig dosiertes ICS
Reservemedikation
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Für alle Stadien: Asthmaschulung, Prävention, Bewegungstherapie «step up/step down»
Bei Bedarf SABA, ab Stufe 3 SABA oder niedrig dosiertes ICS/Formoterol
Dauertherapie
i.d.R. eine Option auswählen eine oder mehrere Optionen
Niedrig dosiertes ICS ICS niedrig dosiert plus LABA ICS mittel bis hoch dosiert
Leukotrienantagonist
ICS mittel bis hoch dosiert ICS niedrig dosiert plus Leukotrienantagonist
Leukotrienantagonist Tiotropium
Theophyllin
Theophyllin
Stufe 5
eine oder mehrere Optionen ICS hoch dosiert plus LABA Tiotropium Anti-IgE-Therapie Anti-IL-5-Therapie und/oder niedrigste effektive Dosis oraler Kortikosteroide Theophyllin
SK2-Leitlinie 2018 der DGP und der Deutschen Atemwegsliga
Neben der Graduierung nach GOLD I–IV anhand der Funktionseinschränkung richtet sich ein besonderes Augenmerk auf die Selbsteinschätzung des Patienten hinsichtlich seiner Symptomatik auf der Basis des CAT-(COPD Assessment Test-) Scores. Als weiteres wichtiges Kriterium wird das Exazerbationsrisiko bewertet (6): L Gruppe A: wenig Symptome
keine Exazerbationen (CAT-Score < 10) L Gruppe B: höhergradige Symptome
geringes Exazerbationsrisiko (CAT-Score > 10), max. 1 ambulant behandelte Exazerbation L Gruppe C: wenig Symptome hohes Exazerbationsrisiko (CAT-Score < 10), mehrere ambulant behandelte Exazerbationen oder 1 stationär behandelt L Gruppe D: höhergradige Symptome häufige Exazerbationen (CAT-Score > 10). Auf dieser Einteilung basierend gibt es nun die klare Empfehlung, dass für den Grossteil unserer Patienten (Gruppe A und B) eine langfristige Basistherapie in Form von LABA oder/und LAMA ausreichend ist. Für die Gruppen C und D ist eine – allerdings in der Regel zeitlich begrenzte – Eskalation sinnvoll. Insbesondere bei häufigen Exazerbationen ist die inhalative Kortikosteroidtherapie in Form einer ICS/ LABA-Kombination oder einer Triple-Therapie mit ICS/ LABA/LAMA indiziert (7). Sollten neben einer deutlich eingeschränkten Lungenfunktion (FEV1 < 50 %) auch Zeichen einer chronischen Bronchitis bestehen, ist als Add-on-Therapie die Gabe des Leukotrienantagonisten Roflumilast sinnvoll (Tabelle 3). Dieser Therapiealgorithmus versucht einer Problematik gerecht zu werden, die durch eine Reihe von Studien intensiv beleuchtet wurde. Auf der einen Seite ist der Vorteil für Patienten mit häufigen Exazerbationen unbestritten, dass unter ICS-Therapie das Risiko für weitere Exazerbationen signifikant reduziert wird. Demgegenüber ist das Pneumonierisiko unter Dauertherapie mit ICS erhöht. Nach Möglichkeit sollte deshalb bei Stabilisierung der klinischen Situation immer ein
Verzicht auf das ICS erwogen werden. Dass ein solches Vorgehen in der Regel gut toleriert wird, konnte in diesem Jahr durch die SUNSET-Studie bestätigt werden (8). Ein besonderes Augenmerk legen auch die aktualisierten Leitlinien auf die nicht medikamentöse Therapie der COPD mit den Säulen: L Raucherentwöhnung L Arbeitsplatzhygiene L Patientenschulung, Ernährungsberatung L körperliches Training, Physiotherapie L Schutzimpfungen L Rehabilitation L Langzeit-O2-Therapie und nicht invasive Beatmung.
COPD und Begleiterkrankungen Aufgrund des gemeinsamen Risikoprofils sind COPD und kardiovaskuläre Erkrankungen häufig vergesellschaftet. In den Leitlinien wird explizit empfohlen, bei Erstdiagnose einer COPD proaktiv nach Begleiterkrankungen wie koronarer Herzkrankheit (KHK), Hypertonie, Herzinsuffizienz und höhergradigen Rhythmusstörungen zu suchen. Eine konsequente Diagnostik und Therapie von Funktionsstörungen beider Organsysteme ist Voraussetzung für die langfristige Stabilisierung der kardiopulmonalen Funktion. Exemplarisch hat die 2018 publizierte CLAIM-Studie den positiven Effekt einer antiobstruktiven Therapie mit Indacaterol/Glycopyrronium auf die kardiale Funktion nachweisen können. Sie konnte zeigen, dass es durch die konsequente Anwendung einer COPD-Standardtherapie nicht ausschliesslich zu einer Besserung der Lungenfunktion, sondern auch zu einer signifikanten Zunahme des Herzschlagvolumens kam (9).
Bronchialkarzinom
Mit grossen Schritten hat sich in den letzten Jahren eine Revolution in der Therapie des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms vollzogen, insbesondere in seiner prognostisch ungünstigen fortgeschrittenen Form. Nachdem jahrzehntelang
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Tabelle 3:
Medikamentöse Dauertherapie der COPD – Stufenschema
Leitlinie COPD 2018 Deutsche Gesellschaft für Pneumologie, Deutsche Atemwegsliga und Österreichische Gesellschaft für Pneumologie
Symptome – Ausmass der Lungenfunktionseinschränkung berücksichtigen
Medikamentöse Therapie
wenig (z.B. CAT < 10) GOLD-Gruppe A
• keine • SABA und/oder SAMA • LABA oder LAMA
viel (z.B. CAT ≥ 10) GOLD-Gruppe B
• LABA oder LAMA • LABA + LAMA
Exazerbationen > 1 oder Exazerbation mit Hospitalisierung GOLD-Gruppen C und D
nicht vorbehandelt
LAMA oder LAMA + LABA
vorbehandelt
LAMA
+
LABA
Eskalation/Wechsel
↑↓ ↑↓
LABA + ICS → LAMA + LABA + ICS
± Roflumilast (Phänotyp chronische Bronchitis)
CAT: COPD Assessment Test; FEV1: Einsekundenkapazität; GOLD: Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Diseases; ICS: inhalative Kortikosteroide; LABA: lang wirksames β2-Sympathomimetikum; LAMA: lang wirksames Anticholinergikum; SABA: kurz wirksames β2-Sympathomimetikum; SAMA: kurz wirksames Anticholinergikum
Vogelmeier C et al.: Pneumologie 2018; 72: 253
die mittlere Überlebenszeit unter einer konventionellen Chemotherapie bei 12 bis 18 Monaten lag, kann sie heute durch die Möglichkeit einer «targeted therapy» 30 Monate und mehr betragen. Einen wichtigen Beitrag für die ebenfalls sehr erfolgreiche Immuntherapie haben die grundlegenden Arbeiten von zwei Wissenschaftlern geleistet, die 2018 mit der Verleihung des Nobelpreises für Medizin geehrt wurden. Der Amerikaner James P. Allison und der Japaner Tasuku Hanjo haben mit der Erforschung der Regulation der antitumoralen Immunität am Beispiel von CTLA-4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated antigen 4) und PD-1 (programmed cell death protein 1) den Weg für die therapeutische Nutzung dieses Prinzips geebnet. Die sogenannten Checkpoint-Modulatoren richten sich nicht gegen die Tumorzellen selbst, sondern mobilisieren und stärken das körpereigene Immunsystem in seiner Tumorabwehr. Auch für das Bronchialkarzinom wurde 2018 eine aktualisierte S3-Leitlinie veröffentlicht, bei der die individualisierte Therapie im Vordergrund steht. Insbesondere bei Vorliegen einer therapierbaren Treibermutation wie EGFR, ALK oder ROS1 – was leider nur bei einem relativ kleinen Teil der Patienten der Fall ist – haben zahlreiche Therapiestudien der vergangenen Jahre für die «targeted therapy» eine beeindruckende Lebensverlängerung im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie bei guter Lebensqualität und akzeptablem Nebenwirkungsprofil zeigen können. Somit ergibt sich für Patienten mit entsprechender Mutation die Indikation für ein tumorspezifisches Vorgehen nun bereits im Rahmen der First-Line-Therapie. Ebenfalls erfolgreich hat sich beim Bronchialkarzinom mit immunhistochemisch nachweisbarer PD-L1-(programmed cell death ligand 1-)Expression die Therapie mit Immun-
Checkpoint-Modulatoren in der First-Line-Therapie gezeigt. Zusätzliche Daten sprechen dafür, dass auch ohne nachgewiesene PD-L1-Expression eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren ein Erfolg versprechendes Vorgehen ist. In diesem Jahr wurde für den Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab in Kombination mit Pemetrexed und einer platinhaltigen Substanz die Zulassung für die First-Line-Therapie des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms unabhängig von der PDL1-Expression des Tumors erteilt.
Ausblick
Die Ziele für das Jahr 2019 wurden hoch gesteckt. Die prä-
zise Erfassung vieler Details im Rahmen von Phänotypisie-
rungen erlaubt inzwischen eine individualisierte Therapie für
eine ganze Reihe komplexer inflammatorischer und onkolo-
gischer Erkrankungen. Im Fokus bleiben sollte allerdings
auch weiterhin der Blick auf den systemischen Charakter
chronischer Erkrankungen. Auch bleibt abzuwarten, wie die
Ergebnisse einer längerfristigen Therapie aussehen werden
und mit welchen Nebenwirkungen umzugehen ist.
L
Prof. Dr. med. Almuth Pforte Klinik für Pneumologie Internistisches Klinikum München Süd D-81379 München
Interessenlage: Die Autorin hat keine Interessenkonflikte deklariert.
Dieser Artikel erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 40/2018. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin.
Literatur unter www.arsmedici.ch
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Literatur: 1. Buhl R et al.: S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit
Asthma. Pneumologie 2017; 71: 849–919. 2. O’Byrne PM et al.: Inhaled combined budesonide-formoterol as needed
in mild asthma. N Engl J Med 2018; 378: 1865–1876. 3. Bateman ED et al.: As needed budesonide-formoterol versus main-
tenance budesonide in mild asthma. N Engl J Med 2018; 378: 1877–1887. 4. Fitzgerald JM et al.: Predictors of enhanced response with benralizumab
for patients with severe asthma. Lancet Respir Med 2018; 6: 51–64. 5. Busse W et al.: Anti-IL5 treatments in patients with severe asthma by
blood eosinophil thresholds: indirect treatment comparison. J Allergy Clin Immunol 2019; 143: 190–200.e20. 6. Vogelmeier C et al.: S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD). Pneumologie 2018; 72: 253–308. 7. Papi A et al.: Extrafine inhaled triple therapy versus dual bronchodilator therapy in chronic obstructive pulmonary disease (TRIBUTE): a doubleblind, parallel group, randomised controlled trial. Lancet 2018; 391: 1076–1084. 8. Chapman KR et al.: Long-term triple therapy de-escalation to indacaterol/glycopyrronium in patients with COPD (SUNSET): a randomised, double-blind, triple-dummy clinical trial. Am J Respir Crit Care Med 2018; 198: 329–339. 9. Hohlfeld JM et al.: Effect of lung deflation with indacaterol plus glycopyrronium in patients with hyperinflation and COPD (CLAIM): a doubleblind, randomised, crossover, placebo-controlled, single-center trial. Lancet Respir Med 2018; 6: 368–378. 10. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms, Langversion 1.0, 2018, AWMF-Registernummer: 020/007OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Lungenkarzinom. 98.0.html (Zugriff am: 24.4.2019).
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