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STUDIE REFERIERT
Sport für Ältere
Training ist kardiovaskulär präventiv wirksam und schützt auch vor Stürzen
Regelmässige körperliche Aktivität ist im Alter besonders wichtig. Dass die positiven präventiven Effekte nachweisbar sind und nicht mit einem erhöhten Verletzungs- oder Hospitalisationsrisiko einhergehen, zeigt eine grosse Metaanalyse randomisierter, kontrollierter Studien.
JAMA Internal Medicine
Körperliches Training ist für ältere Erwachsene von besonderer Bedeutung, da es dokumentierte günstige Auswirkungen auf Muskeln, Knochen, Herz und Gefässe hat und möglicherweise auch beim Erhalt der kognitiven Funktionen hilft. Viele Studien war allerdings nur von kurzer Dauer (< 1 Jahr). Die vorliegende systematische Übersicht und Metaanalyse hat demgegenüber den Einfluss von langfristigen Trainingsinterventionen auf praktisch wichtige Endpunkte wie Mortalität, Krankenhauseinweisungen sowie Entwicklungen hin zu Stürzen und Knochenbrüchen untersucht (1). Kombination von Ausdauer-, Kraft- und Balancetraining Ausgewählt wurden randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) mit einer Interventionslänge von einem Jahr oder länger bei Personen ab 60 Jahren. Die Suche erbrachte 46 Studien mit 22 709 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, von denen 40 RCT (n = 21 868) Eingang in die Metaanalyse fanden. Die meisten Interventionen bestanden aus einer Kombination von aerobem Ausdauer-, Kraft- und Balancetraining, im Mittel dreimal pro Woche mit einer durchschnittlichen Dauer von 50 Minuten und mittlerer Intensität. Die Vergleichsgruppen waren oft aktive Kontrollen. Das körperliche Training senkte das Sturzrisiko signifikant (20 RCT, n =4420; Risk Ratio [RR]: 0,88; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,79–0,98). Das galt auch für das Risiko von Stürzen mit Verletzung (9 RCT, n = 4481; RR: 0,74, 95%KI: 0,62–0,88). Zudem bestand ein Trend zur Reduktion von Frakturen (19 RCT, n = 8410; RR: 0,84; 95%-KI: 0,71–1,00; p = 0,05). Das Training verminderte jedoch die Risiken für wiederholte Stürze (13 RCT, n = 3060), Hospitalisationen (12 RCT, n = 5639) und Mortalität (29 RCT, n = 11 441) nicht signifikant. Sensitivitätsanalysen ergaben ähnliche Ergebnisse, ausser bei der Fixed-EffectsMetaanalyse für das Frakturrisiko, die eine signifikante Wirkung bei Trainingspersonen zeigte (RR: 0,84; 95%-KI: 0,70–1,00; p = 0,47). Metaregressionsanalysen zu Mortalität und Stürzen weisen darauf hin, dass 2- bis 3-mal pro Woche Training die optimale Frequenz darstellt. Ein Viertel weniger Sturzverletzungen In der Diskussion heben die Autoren hervor, dass ihre Metaanalyse die bis anhin umfassendste Evidenz zum Risiko von Stürzen mit Verletzung unter langfristigem körperlichem Training bietet. Sie zeigt in Sensitivitäts- und Subgruppenanalysen konsistent eine Reduktion dieses Risikos um etwa 26 Prozent. Training scheint gemäss dieser Studie auch vor Frakturen zu schützen. Zwar war das primäre Ergebnis statistisch nicht signifikant, das Fehlen von Heterogenität zwischen den RCT und von Asymmetrie (Effekt kleiner Studien, Publikationsbias) zusammen mit dem positiven Fixed-EffectsResultat deutet aber doch in die Richtung, dass ein Langzeittraining auch das Frakturrisiko vermindern könnte. 2- bis 3-mal pro Woche optimal Metaregressionsanalysen ergaben, dass ein Training hoher Intensität ebenso sicher ist wie ein Training mittlerer Intensität. Eine Trainingsfrequenz von 2- bis 3-mal war mit einer Mortalitätssenkung assoziiert, bei mehr als 3 Trainingssitzungen pro Woche stieg jedoch das Sturzrisiko an. Dies führt zu der Auffassung, dass eine Frequenz von 2bis 3-mal wöchentlich am besten ist, während eine geringere Trainingshäufigkeit wahrscheinlich weniger effektiv ist und eine höhere zu mehr Nebenwirkungen führt. Ein begleitender Kommentar hebt zunächst den beobachteten Nutzen eines langfristigen Trainingsprogramms bei älteren Personen hervor (2). Aus den Daten lässt sich errechnen, dass zur Verhütung eines Sturzes oder zur Verhütung einer sturzbedingten Verletzung 20 bis 27 Personen ein Langzeittraining absolvieren müssen. Die Langzeitintervention in RCT war auch mit einer Reduktion der Frakturhäufigkeit von 16 Prozent assoziiert, vermutlich kein Zufallsresultat. Zur Verhütung einer Fraktur müssten 100 Personen ein Trainingsprogramm absolvieren. Wichtig ist ferner die Beobachtung, dass die Studienteilnehmer im Langzeittrainingsprogramm keine Erhöhung des Hospitalisations- und Mortalitätsrisikos erfuhren. Dies entkräftet die seinerzeit mit Beobachtungen in der LIFE-Studie (3) aufgekommene Befürchtung, dass intensiveres Training bei älteren Menschen zu häufigeren unerwünschten Wirkungen (z.B. stationären Krankenhausaufnahmen) führen könnte. HB s Quellen: 1. De Souto Barreto P et al.: Association of long- term exercise training with risk of falls, fractures, hospitalizations, and mortality in older adults: a systematic review and meta-analysis. JAMA Intern Med 2019; 179(3): 394–405. 2. Kraemer RR, Landefeld CS: Exercise programs in older adults – a prescription for fall reduction. JAMA Intern Med 2019; 179(3): 405–406. 3. Pahor M et al.: LIFE study investigators: Effect of structured physical activity on prevention of major mobility disability in older adults. JAMA 2014; 311(23): 2387–2396. Interessenlage: Die Autoren der referierten Studie deklarieren Forschungsgelder und Beratertätigkeiten für verschiedene Pharmafirmen. Der Kommentator CS Landefeld ist Mitglied der US Preventive Services Task Force. 240 ARS MEDICI 7 | 2019